BAG, Beschluß vom 26.10.1994 - 7 ABR 15/94 -
Fachliteratur für die Betriebsvertretung
Fundstellen: AP Nr. 43 zu § 40 BetrVG 1972; EzA Nr. 72 zu § 40 BetrVG 1972; NZA 1995, 386-387; BB 1995, 464-465; DB 1995, 581-581
Leitsatz:
Das auf der gesetzlichen Aufgabenstellung beruhende Informationsbedürfnis des Betriebsrats verlangt, daß sich die ihm von dem Arbeitgeber zur Verfügung zu stellenden Kommentare jeweils auf dem neuesten Stand befinden und bei einem Wechsel der Auflage auch neu beschafft werden; dabei steht dem Betriebsrat ein Wahlrecht darüber zu, ob er an dem bisherigen Kommentar festhält oder ob ihm ein anderer für seine Bedürfnisse geeigneter erscheint.
Aus dem Sachverhalt:
A. Die Beteiligten streiten um die Verpflichtung der Arbeitgeberin, dem Betriebsrat einen bestimmten weiteren Kommentar zum Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) zur Verfügung zu stellen.
Die Arbeitgeberin betreibt ein Selbstbedienungs-Warenhaus und ein Möbelhaus. In diesem Betrieb sind ca. 550 Arbeitnehmer beschäftigt. Der dort gebildete Betriebsrat besteht aus neun Mitgliedern. Ein Betriebsratsmitglied ist freigestellt.
Mit Schreiben vom 2. Juni 1992 verlangte der Betriebsrat von der Arbeitgeberin u.a., daß ihm die Kommentare zum BetrVG von Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither in der 17. Auflage und von Däubler/Kittner/Klebe/Schneider in der 3. Auflage zur Verfügung gestellt werden. Im Oktober 1992 erhielt der Betriebsrat nach mehrfacher Anmahnung den Kommentar von Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither. Der darüber hinaus von ihm geforderte weitere Kommentar zum BetrVG wurde ihm zunächst mit der Begründung verweigert, dieses Werk vertrete häufig Außenseiterpositionen.
In dem daraufhin eingeleiteten Beschlußverfahren hat der Betriebsrat vorgetragen, der von ihm gewünschte weitere Kommentar enthalte eine ausführlichere Würdigung der Rechtsprechung. Zur sachgerechten Wahrnehmung seiner Aufgaben gehöre eine umfassende Kenntnis des Betriebsverfassungsrechts und der hierzu ergangenen Rechtsprechung. Auch müsse ihm eine gewisse Vergleichsmöglichkeit eingeräumt werden. ...
Die Arbeitgeberin ... hält die Überlassung eines Kommentars zum BetrVG für ausreichend; ein weiterer sei zur sachgerechten Aufgabenerfüllung nicht erforderlich. Bei Bedarf könne der Betriebsrat auch auf den bei der örtlichen Hausleitung befindlichen Kommentar ergänzend zurückgreifen. Die Auswahl desjenigen Exemplares, über das der Betriebsrat allein verfügen könne, stelle sie ihm nunmehr anheim.
Kernaussagen des Beschlusses:
B. Die auf Grund der Zulassung durch das Landesarbeitsgericht statthafte (§ 92 Abs. 1 ArbGG) und im übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Der angefochtene Beschluß des Landesarbeitsgerichts ist rechtlich nicht zu beanstanden.
1. Nach § 40 Abs. 2 BetrVG hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat für die laufende Geschäftsführung sachliche Mittel in erforderlichem Umfang zur Verfügung zu stellen. Dazu gehören nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und der einhelligen Meinung in der Literatur nicht nur arbeitsrechtliche Gesetzestexte, sondern auch arbeits- und betriebsverfassungsrechtliche Kommentare sowie sonstige Fachliteratur, die geeignet sind, dem Betriebsrat die für seine Tätigkeit notwendigen Informationen zu vermitteln (BAGE 42, 259 = AP Nr. 20 zu § 40 BetrVG 1972; BAG Beschluß vom 29. November 1989 - 7 ABR 42/89 - AP Nr. 32 zu § 40 BetrVG 1972; Wiese, GK-BetrVG, 5. Aufl., § 40 Rz 110; Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG, 17. Aufl., § 40 Rz 42 ff.; Blanke, Däubler/Kittner/Klebe/Schneider, BetrVG, 4 Aufl., § 40 Rz 82 ff.; Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, 4. Aufl., § 40 Rz 87 ff.). Seinen Aufgaben kann der Betriebsrat nur gerecht werden, wenn er die ihm durch Gesetz zugewiesenen Handlungsspielräume kennt und die sich daraus ergebenden Problemstellungen einer sachgerechten Lösung zuführt. Dazu bedarf er einer laufenden aktuellen Unterrichtung über die mit seinen Aufgaben zusammenhängenden arbeits- und sozialrechtlichen Entwicklungen in Rechtsprechung und Gesetzgebung (BAG Beschluß vom 29. November 1989, aaO, zu II 2 a der Gründe). Dieses Informationsbedürfnis verlangt, daß sich die von dem Arbeitgeber zur Verfügung zu stellenden Kommentare auf dem jeweils neuesten Stand befinden und bei einem Wechsel der Auflage auch neu beschafft werden. Dabei steht dem Betriebsrat ein Wahlrecht darüber zu, ob er an dem bisherigen Kommentar festhalten möchte oder ob ihm ein anderer für seine Bedürfnisse geeigneter erscheint.