Neue Rechtslage: Widerruf von gewährtem Urlaub nur mit Zustimmung des Mitarbeiters
Nur in Ausnahmefällen hat der Arbeitgeber eine Chance, einen Mitarbeiter, dessen Urlaubsantrag einmal bewilligt ist, am Antritt des Urlaubs zu hindern. Nach dem Gesetz muss der Arbeitgeber vielmehr grundsätzlich dem Urlaubswunsch des Mitarbeiters folgen, auch wenn Ihm der Zeitpunkt nicht unbedingt passt. Nur wenn dringende betriebliche Gründe gegen den Urlaub des Arbeitnehmers sprechen, besteht die Möglichkeit, den Antrag abzulehnen oder gewährten Urlaub zu streichen. Die Anforderungen, welche die Arbeitsgerichte an einen solche Ablehnung stellen, sind aber hoch. Eine vorübergehend hohe Auftragslage, Spitzenzeiten in bestimmten Saisonbetrieben oder Notfälle können es dem Arbeitgeber erlauben, den Urlaubsantrag mit einem Kopfschütteln zu beantworten oder den bereits gewährten Urlaub zu widerrufen. Haben andere Mitarbeiter, die beispielsweise wegen schulpflichtiger Kinder an die Sommerferien gebunden sind, für den gleichen Zeitraum einen Urlaubsantrag gestellt, kann der AG einen Single natürlich auch auf einen anderen Zeitraum vertrösten und seinen Urlaubswunsch ablehnen.
Selbst dringende betriebliche Gründen reichen nicht zum Widerruf des Urlaubs
Will der AG einen Mitarbeiter aus dem Urlaub zurückrufen, geht das nach einer neuen Gerichtsentscheidung nur im Einvernehmen mit dem betreffenden Arbeitnehmer. Weigert sich der Mitarbeiter, kann der AG ihm im Nachhinein nicht die Fortzahlung seiner Vergütung für die Zeit des Urlaubs streichen. Das hat kürzlich das Arbeitsgericht Ulm entschieden.
In dem besagten Fall hatte der Betreiber eines Altenheims einem Krankenpfleger zunächst für den Zeitraum vom 14. bis 21. September Urlaub gewährt, diesen aber nachträglich aus dringenden betrieblichen Gründen widerrufen. Der Grund: Auf der Station, auf welcher der Krankenpfleger normalerweise seinen Dienst versah, war es zu vermehrten Ausfällen wegen Krankheit gekommen, so dass der in Urlaub befindliche Mitarbeiter unbedingt einen Kollegen vertreten sollte, um die Pflege weiterhin aufrechterhalten zu können. Der Mitarbeiter weigerte sich aber, seinen wohlverdienten Urlaub abzubrechen und gab seinem Arbeitgeber einen Korb. Der zahlte daraufhin die Vergütung für den Urlaubszeitraum nicht aus.
Einseitiger Widerruf führt nicht zur automatischen Wiederherstellung der Arbeitspflicht
Auf die Klage des Krankenpflegers entschied das Arbeitsgericht Ulm, dass der Arbeitgeber das Gehalt für die Zeit des Urlaubs zahlen müsse. Der einseitige Widerruf durch den Arbeitgeber habe nicht zur Rücknahme des einmal zugesagten Urlaubs geführt. Wer als Arbeitgeber aus dringenden betrieblichen Gründen einen Urlaubsanspruch ablehne, handele noch nach dem Gesetz. Anders sei die Situation, so die Ulmer Richter weiter, aber in dem Fall, in dem der Mitarbeiter seinen Urlaubs bereits vom Arbeitgeber bewilligt habe.
Ein einseitige Erklärung des Arbeitgebers führe dann nicht mehr zur Lösung von einem einmal getätigten Urlaubsversprechen. Selbst wenn unter besonderen Umständen die Lage eintrete, in der ein Arbeitgeber bewilligten Urlaub nach § 313 BGB wegen Wegfall der Geschäftsgrundlage widerrufe, würde dies nicht zu einer Lösung vom einmal versprochenen Urlaub führen. Hierzu müsse der Arbeitgeber nach neuem Recht eine einvernehmliche Absprache mit dem Mitarbeiter treffen, aus der sich eindeutig ergebe, dass die bereits erfolgte Urlaubsgewährung wieder rückgängig gemacht werden solle. Komme es nicht zu einer solchen Vereinbarung, führe der einseitige Widerruf des Urlaubs durch den Arbeitgeber nicht zu einer automatischen Wiederherstellung der vertraglichen Arbeitspflicht des Arbeitnehmers. Keine Frage: Willder Arbeitgeber nach der neuen Rechtslage einem Mitarbeiter gewährten Urlaub streichen, muss er sich also mit ihm einigen. Und das kann Ihm natürlich den einen oder anderen €uro kosten.
Arbeitsgericht Ulm, Urteil vom 24.06.2004, Aktenzeichen: 1 Ca 118/03