Was ist „erforderlich“ nach § 37 Abs. 6 BetrVG?
von Prof. Dr. Wolfgang Däubler
Welche Seminare darf ein Betriebsratsmitglied besuchen? In Zeiten der Sparsamkeit kann man nicht damit rechnen, dass der Arbeitgeber großzügig beide Augen zudrückt, wenn man sich für eine „Einführung in die Betriebswirtschaft“ oder einen Kurs über „Gesprächs- und Verhandlungsführung“ anmelden will. Vielmehr wird aller Voraussicht nach in die juristische Literatur geschaut und nur dann grünes Licht gegeben, wenn eine einigermaßen gesicherte Rechtsprechung vorhanden ist.
„Teilnahme ist Pflicht“
Doch vorneweg ist eine scheinbar ganz banale Frage zu klären: Soll der Betriebsrat überhaupt einzelne seiner Mitglieder „auf Schulung“ schicken? Wird es nicht Kollegen geben, die –vielleicht vom Arbeitgeber heimlich ermuntert – im Betrieb kolportieren, der Betriebsrat mache sich ein schönes Leben und das auch noch an der Ostseeküste oder in Garmisch? Dem ist eindeutig entgegenzuhalten: Der Seminarbesuch ist nach einheitlicher Auffassung eine Amtspflicht des einzelnen Betriebsratsmitglieds.
Wer sich als „bildungsabstinent“ erweist, verletzt seine Pflichten aus dem Betriebsratsamt in gleicher Weise, wie wenn er ohne ausreichenden Grund nicht an Sitzungen teilnehmen würde. Eine dauernde Weigerung, sich fortbilden zu lassen, oder der wiederholte „Ausstieg“ aus einem Seminar stellen eine schwere Pflichtverletzung im Sinne des § 23 Abs. 1 BetrVG dar, die zum Ausschluss aus dem Betriebsrat führen kann.
Sicher: Dumme Reden lassen sich nie verhindern, aber notfalls kann man angesichts dieser Rechtslage den „Meckerern“ in der Betriebsversammlung dasNötige sagen.
Selbststudium und Erkundigung bei anderen als Alternative?
Wenig erfahrene oder schlecht beratene Arbeitgeber lehnen die Seminarteilnahme bis weilen mit dem Argument ab, man könne sich das fragliche Wissen auch im Selbststudium aneignen. Sogar in der juristischen Literatur wird mittlerweile aus dem Recht des Betriebsrats auf Zugang zum Internet gefolgert, er könne sich ja nun die neuesten BAG-Entscheidungen selbst aus dem Netz herunterladen und habe deshalb einen geringeren Schulungsbedarf.
Die zutreffenden Gegenargumente finden sich in der Rechtsprechung. Von einem juristisch nicht vorgebildeten Menschen sei nicht zu erwarten, dass er den Text einer Entscheidung erläutere, Zusammenhänge aufzeige und die Umsetzungsmöglichkeiten im Betrieb erkenne. Weiter verweist das BAG darauf, dass sogar ein erfolgreiches Selbststudium sehr viel mehr Zeit als die Vermittlung durch einen Experten erfordern würde. Unterstützend kann man daran erinnern, dass selbst bei Fachanwälten für Arbeitsrecht ein jährliches Stundenkontingent für die Teilnahme an Fortbildungsmaßnahmen vorgeschrieben ist, weil man offensichtlich nicht darauf vertraut, dass das Selbststudium wirklich stattfindet und den notwendigen Erkenntnisgewinn bringt. Vergleichbar einhellig wird das weitere Argument abgelehnt, die Erforderlichkeit entfalle dann, wenn das notwendige Wissen bei einem Betriebsratskollegen vorhanden sei.
Zu Recht wird betont, jedes Betriebsratsmitglied nehme sein Amt in eigener Verantwortung wahr und müsse deshalb auch über die nötigen eigenen Kenntnisse verfügen. Den bereits Informierten könne auch nicht automatisch die notwendige pädagogische Befähigung unterstellt werden, die man brauchen würde, um das in einem Seminar Gelernte an andere weiterzugeben. Selbst wenn die Wissensvermittlung effektiv versucht würde, wäre der dadurch entstehende Zeitaufwand erheblich höher in einem Seminar. Der „Tipp“, den ein anderer von einer Veranstaltung mitgebracht hat, kann den Erwerb von eigenem Wissen daher nicht ersetzen. Auch der (etwas ungewöhnliche) Hinweis des Arbeitgebers, der Gewerkschaftsbeauftragte wisse ja Bescheid, kann nach verbreiteter Auffassung die Erforder-lichkeit desSeminars nicht ausschließen.
Quelle :
„erforderlich“ nach § 37 Abs. 6 BetrVG? - IG Metall @ SAP
www.sapler.igm.de/static/demokratie/37_6_erforderliche_Weiterbildung.pdf
Welche Seminare darf ein Betriebsratsmitglied besuchen? ... gegeben, wenn eine einigermaßen gesicherte ... Eine dauernde Weigerung, ... schwere Pflichtverletzung im Sinne des § 23 ..... zu einer groben Einordnung der Situation des.