Die Vereinbarkeit von § 34 (3) BetrVG und DSGVO ist der entscheidende Punkt, der uns im Moment vor praktisch unlösbare Probleme stellt.
Wir haben seit diesem Jahr eine arbeitgebernahe Opposition im BR sitzen, die uns bereits wenige Tage nach der Konstituierung gesetzwidriges Verhalten vorwarf, wenn man ihnen nicht sofort und unmittelbar Zugang zu allen Unterlagen des vorherigen Betriebsrates ermöglicht. Mittlerweile wurde auch § 23 BetrVG in den Ring geworfen.
Wir haben uns wissentlich nichts zu Schulden kommen lassen, darum geht es nicht. Interessant ist, dass die praktisch ihre gesamte Energie in diesen Sachverhalt stecken. Ausserdem ein hübscher Nebeneffekt des hier praktizierten Union Bustings, psyschiche Zermürbung, Zersetzung von innen, da der BR sich nur noch mit sich selber beschäftigen kann, statt sich um seine eigentliche Aufgabe, die Arbeitnehmerrechten zu kümmern.
Dennoch enthalten diese Unterlagen natürlich auch Beschwerden von Mitarbeitern, die anonym behandelt werden sollten, wo wir lediglich beratend tätig waren, Beschwerden, die wir gegenüber dem Arbeitgeber anonym geführt haben, ohne diesem zu sagen, woher diese Information stammt. Bei unserem Arbeitgeber ist das zwingend erforderlich. Es geht also auch um Informantenschutz.
Alle diese Mitarbeiter sind natürlich unter Abwägung ihres Risikos, sprich der aktuellen Besetzung des BRs, auf uns zugekommen (es haben schon zahlreiche Arbeitnehmer geäussert, dass sie auf Grund der jetzigen Besetzung, den BR nicht mehr kontaktieren können und werden, das Risiko sei ihnen zu groß und ich halte diese Sorge auch für berechtigt, Whistlblower und Sympathisanten unserer Liste sind persona non grata). Diese müssen meines Erachtens darauf vertrauen können, dass nicht in einer oder mehreren weiteren Amtsperiode z.B. ihr unmittelbarer Vorgesetzter in dem Gremium sitzt und durch Einsichtnahme in die Alt-Unterlagen z.B. Kenntnis von einer Beschwerde bekommt, die gegen ihn geführt wurde. Da nützt mir auch die Verschwiegenheitspflicht eines jeden Betriebsratsmitglieds nichts mehr.
Darüber hinaus haben auch BR-Mitglieder eines alten BR ein Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das heisst auch da sind irgendwann mal personenbezogene Daten zu löschen.
Dazu kommen abgeschlossene personelle Einzelmaßnahmen oder andere abgeschlossene Projekte.
Die am ehesten praktikable Lösung erscheint mir, ein BR entscheidet am Ende seiner Amstperiode, welche Daten zu löschen sind, aber auch das ist ja nicht in fünf Minuten erledigt. Es müssen umfangreiche Daten gesichtet werden, es muss entschieden werden, wer das tut (eine Person, der BA, das gesamte Gremium, einstimmig?), nach welchen Kriterien vorzugehen ist usw. Und selbst dann gibt es das Restrisiko, das ein nachrückendes BR Mitglied in der verbleibenden Antszeit sich auf den Standpunkt stellt, das hätte nie passieren dürfen, denn auch für ihn gelte § 34 BetrVG und diese Kontrollmöglichkeit sei ihm jetzt vereitelt worden.
Diesen Weg sind wir aber nicht gegangen, so dass die Situation jetzt ist, wie sie ist.
Wie soll man das auflösen? Gefahr des Verstosses gegen § 34 BetrVG mit der Gefahr des § 23 BetrVG wenn man nicht alles zur Verfügung stellt?
Oder lieber Verstoß gegen DSGVO wegen der Speicherung von personenbezogenen Fakten für die der Zweck entfallen ist (oder ist § 34 BetrVG der Zweck?, dann dürften aber niemals Daten gelöscht werden, denn § 34 (3) gilt ununterbrochen, so lange wie ein BR existiert und ab dem Moment wo der neue sich konstituiert) und Datenübermittlung an Personen, die diese Daten nicht benötigen (Rechtsschutzbedürfnis nach § 23 entfällt ja, also bräuchte es einen neuen Zweck).
Das Problem an der Auslegung des § 34 (3) ist m.E., dass er zwei Dinge bedienen soll: Die Kontrolle des amtierenden BR (was auch völlig in Ordnung ist). Dieses Rechtsschutzbedürfnis fällt mit einem neuen BR weg, soweit so gut, aber dann greift das Recht auf die Unterlagen des BR zugreifen, die in Moment der Konstituierung in dessen Besitz übergehen. Dies führt zu einer kumulativen Vorratsdatenspeicherung. Das kann es ja auch nicht sein.
An Meinungen, Erfahrungen wäre ich wirklich sehr interessiert..
Schöne Grüße