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Arbeitsplatz, Arbeitsablauf und Arbeitsumgebung

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Zu den Aufgaben des Betriebsrats zählt es auch bei der Gestaltung von Arbeitsplätzen, Arbeitsabläufen sowie der Arbeitsumgebung kompetent mitzuwirken und mitzubestimmen. Diese soll sich nicht nur an Gesichtspunkten der Wirtschaftlichkeit orientieren, sondern auch die Arbeitnehmer und ihre Bedürfnisse, ihr Leistungsvermögen sowie ihre psychische Belastbarkeit berücksichtigen. Darüber hinaus sollen die Beschäftigten auch vor einer Verletzung ihrer Grundrechte (Schutz der Menschenwürde, freie Entfaltung der Persönlichkeit sowie körperliche Unversehrtheit) geschützt werden.

In diesem Artikel erfahren Sie mehr zu den Mitbestimmungsrechten des BR.

Personen planen ihre Arbeitsumgebung

Begriff der Arbeitsumgebung

Die Beteiligungsrechte des Betriebsrats nach § 90 BetrVG stehen im Zusammenhang mit den §§ 87 Abs. 1 Nr. 7, 88 Abs. 1 und 89 BetrVG.

Die Vorschriften des § 90 BetrVG regeln die Beteiligung des Betriebsrats bei der Planung künftiger Änderungen und Neubauten.

Rechtzeitig heißt:

während des Planungsstadiums, so dass der Betriebsrat in der Lage ist zu prüfen, ob und ggf. wie er tätig werden muss bzw. kann, und Vorschläge des Betriebsrats Berücksichtigung finden können.

Umfassend heißt:

der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat unaufgefordert - und falls während der Planung Änderungen eintreten mehrmals - Unterlagen, wie z.B. Pläne und Beschreibungen, vorzulegen oder zu überlassen und diese eingehend zu erläutern.

Im Rahmen der Planung ist zu prüfen, wie zukünftige Veränderungen von Arbeitsplätzen, Arbeitsablauf und Arbeitsumgebung menschengerecht gestaltet werden können. Es sind alle Gesichtspunkte zu erörtern, die sich aus den geplanten Maßnahmen hinsichtlich der zu erwartenden Beanspruchungen und Belastungen der Arbeitnehmer ergeben.

Belastung*

Als Belastung (Gesamtbelastung) bezeichnet man die Gesamtheit der Bedingungen, die bei der Arbeit auf den Menschen einwirken.

Beanspruchung**

Unter Beanspruchung wird die Gesamtheit aller Auswirkungen von Belastungen beim Menschen in Abhängigkeit von seinen persönlichen Arbeitsvoraussetzungen verstanden.

(*/** Quelle: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin in Dortmund)

Unterrichtung und Beratung

§ 90 Abs. 1 BetrVG/ Beratungsrecht bei Verwaltung, technischen Anlagen, Arbeitsverfahren

Nr. 1 umfasst die Planung insbesondere im Fabrikations- und Verwaltungsbereich. Sonstige betriebliche Räume sind Sozialräume wie z.B. Waschräume usw. Reine Renovierungsarbeiten ohne Veränderung des Zwecks oder der Bausubstanz fallen nicht unter diese Regelung.

Nr. 2 umfasst die Planung von technischen Anlagen in den unter Nr. 1 genannten Räumen. Der Begriff der technischen Anlagen erfasst Maschinen, Geräte und Hilfsmittel, die unmittelbar oder mittelbar dem Arbeitsablauf dienen, ihn ermöglichen oder erleichtern sollen, wie z.B. EDV - beachte Bildschirmarbeitsverordnung.

Nr. 3 bezieht sich auf die Arten der Arbeitsverfahren und deren Änderungen, z.B. vorwiegend körperliche oder nicht körperliche Arbeit wie Steuern oder Überwachen. Unter Arbeitsabläufen ist das organisatorische, räumliche und zeitliche Gestalten des Arbeitsprozesses im Zusammenwirken von Mensch und Betriebsmittel zu verstehen, z.B. Fließband-, Gruppen- oder Einzelarbeit.

Nr. 4 bezieht sich auf die Ausgestaltung der einzelnen Arbeitsplätze, insbesondere die räumliche Anordnung und die Arbeitsumgebung des Arbeitsplatzes.

Die Beachtung der gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse ist ein Bestandteil des § 90 BetrVG.

Definition der gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse:

Arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse umfassen alle technischen, organisatorischen und finanziellen Aspekte, die bei geplanten Maßnahmen und deren voraussichtlichen Folgen für die Beschäftigten zu berücksichtigen sind. Ziele dieser sind:

  • Die Systematik der Analyse, Ordnung und Gestaltung der technischen, organisatorischen und sozialen Bedingungen von Arbeitsprozessen mit dem Ziel, dass die arbeitenden Menschen in produktiven und effizienten Arbeitsprozessen
  • schädigungslose, ausführbare, erträgliche und beeinträchtigungsfreie Arbeitsbedingungen vorfinden,
  • Standards sozialer Angemessenheit nach Arbeitsinhalt, Arbeitsaufgabe, Arbeitsumgebung sowie Entlohnung und Kooperation erfüllt sehen,
  • Handlungsspielräume entfalten, Fähigkeiten erwerben und in Kooperation mit anderen ihre Persönlichkeit erhalten und entwickeln können.

(Quelle: Luczak/Volpert - Arbeitswissenschaft, 1987, Seite 59)

Korrigierendens Mitbestimmungsrecht

Werden Beschäftigte durch Maßnahmen im Hinblick auf die Änderung der Arbeitsabläufe oder der Arbeitsumgebung, die den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung von Arbeitsplätzen offensichtlich widersprechen, in besonderer Weise belastet, hat der Betriebsrat ein korrigierendes Mitbestimmungsrecht. Dies ist dann der Fall, wenn beispielsweise Faktoren wie Lärm, Licht oder Monotonie der zu verrichtenden Arbeit das zumutbare Maß der Beanspruchung übersteigen. Hier kann der Betriebsrat nach § 91 Abs. 1 BetrVG vom Arbeitgeber verlangen, dass angemessene Maßnahmen zur Abwendung, Milderung oder zum Ausgleich durchgeführt werden. Beispiele hierfür sind:

  • Rückgängigmachen der Änderung
  • Erholungszeiten entsprechend der Belastung bzw. Verkürzung des Einsatzes
  • Zusatzurlaub
  • Einrichtung von Ruheräumen

Die Voraussetzung für das korrigierende Mitbestimmungsrecht ist, dass die besonderen Belastungen nicht mit den gesetzlichen Mitteln des Arbeitsschutzes vermindert bzw. abgewehrt werden können. In diesem Zug hat der Betriebsrat auch ein erzwingbares Initiativrecht. Kann mit dem Arbeitgeber keine Übereinkunft erzielt werden, entscheidet der Spreuch der Einigungsstelle (§ 91 Abs. 2 und 3 BetrVG).

Praxis-Tipp

§ 90 BetrVG beinhaltet ein umfassendes Unterrichtungs- und Beratungsrecht, kein Mitbestimmungsrecht. Allerdings hat der Betriebsrat im Rahmen der §§ 80 und 89 BetrVG das Recht, Arbeitsschutzvorschriften und ihre Durchführung zu überwachen.

Ein Mitbestimmungstatbestand nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG kann sich dann ergeben, wenn Maßnahmen des Arbeitgebers vom gesetzlichen oder öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutz nicht erfasst werden. Im Rahmen seiner Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG oder im Rahmen des § 88 BetrVG, freiwillige Betriebsvereinbarungen, können Regelungen getroffen werden, die fehlende Vorschriften ersetzen oder bestehende Vorschriften zugunsten der Arbeitnehmer verbessern.

Der Arbeitgeber hat betroffene Arbeitnehmer über die Planung von arbeitsbereichsbezogenen Maßnahmen zu unterrichten. Reichen die beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten des Beschäftigten zur Erfüllung seiner Aufgaben nach einer geplanten Änderung seiner Tätigkeiten nicht mehr aus, hat der Arbeitgeber darüber hinaus zu erörtern, wie diese im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten den künftigen Anforderungen angepasst werden können. Nach § 81 Abs. 4 BetrVG kann der Arbeitnehmer hierbei auch ein Betriebsratsmitglied hinzuziehen.

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