allterMann, ich denke nicht dass man behaupten kann, dass der Anwalt "sicherlich irrt". Der Rechtsstandpunkt des Anwaltes ist ein Standpunkt den man in analoger Anwendung des § 193 BGB durchaus einnehmen kann und der auch, denke ich, gute Chancen hat vor Gericht zu bestehen.
Man kann aber eben auch mit Fug und Recht den anderen Standpunkt vertreten und auf verständnisvolle Richter hoffen. Höchstrichterlich entschieden scheint das noch nicht zu sein. Insofern bleibe ich bei meinem "wird vermutlich unterschiedlich beurteilt", weiter möchte ich mich da nur ungern aus dem Fenster lehnen.
Zitat (Jakarta):
"Anhörungsfristen der §§ 99, 102 BetrVG sowie sonstige von Fristen abhängige Entscheidungen, dazu gehört aber auch die Zweiwochenfrist des AG bei einer fristlosen Kündigung, laufen daher nicht und werden entgegen meiner ursprünglichen etwas halbherzigen Angabe, durch eine Betriebsruhe unterbrochen.
(...)
Ergo: Liegt der Beginn einer Anhörung vor den Betriebsferien, verlängert sich eine Anhörungs- und Handlungsfrist um die Tage des Betriebsurlaubs."
Dann hätte der Gesetzgeber die Frist wohl in Form von Werktagen angegeben. Aber es ist so, dass der BR z.B. im Falle einer Anhörung zu einer außerordentlichen Kündigung die ihm am Gründonnerstag kurz vor Toresschluss zugeht nicht nur bis Ostersonntag Zeit hat, sondern ihm der § 193 BGB bis Osterdienstag Zeit einräumt, aber auch nicht länger.
Mit der Frage der Fristverlängerung um die verurlaubten Tage hat sich übrigens schon einmal das LAG Schleswig Holstein beschäftigt: 1 TaBV 15 c/01
"Die Wochenfrist hat sich nicht um die Tage der sogenannten Betriebsruhe ... verlängert. Bei der Wochenfrist des § 99 BetrVG handelt es sich um eine Ausschlussfrist (Stege/ Weinsbach, BetrVG, 8. Aufl., Rdnr. 91 zu §§ 99 - 101). (...) Vereinbarte Betriebsferien oder sonstige Verhinderungen des Betriebsrats führen nicht zu einem Ruhen der Frist (so aber wohl Fitting/Auffahrth, BetrVG, 20. Aufl. 2000, Rdnr. 4 a zu § 102 und Däubler/ Kittner/Klebe, BetrVG, 7. Aufl., Rndr. 157 zu § 99, die sich in Bezug auf die Betriebsferien wiederum auf Fitting/Auffahrth berufen). Die Wochenfrist bedeutet eine Begrenzung der betriebsverfassungsrechtlichen Kollektivmacht, die also dem Betriebsrat im Interesse des oder der betroffenen Arbeitnehmer Grenzen setzt (so zutreffend LAG Berlin in DB 1987, 234). Lediglich wegen höherer Gewalt wird der Lauf der Wochenfrist für die Dauer der Verhinderung gehemmt (Schlochauer in Heß/Schlochauer/Glaubitz, Kommentar zum Betriebsverfassungsgesetz, 5. Aufl., Rdnr. 107 zu § 99 BetrVG). Auch Richardi (Betriebsverfassungsgesetz, 7. Aufl., 1998, Rdnrn. 246 f. zu § 99) weist darauf hin, dass es sich bei der Frist des § 99 um eine Ausschlussfrist handele und die Bindung an die Wochenfrist eine Begrenzung der betriebsverfassungsrechtlichen Kollektivmacht darstelle. Ein Fall höherer Gewalt liegt in der Vereinbarung von Betriebsferien nicht vor. Für derartige Fälle bleibt es dem Betriebsrat unbenommen, im Vorwege mit dem Arbeitgeber wegen möglicher Fristläufe nach dem Betriebsverfassungsgesetz Betriebsvereinbarungen zu schließen. Im Übrigen ist es Sache des Betriebsrats, ist er, wie hier, ordnungsgemäß und rechtzeitig unterrichtet, sich entsprechend zu organisieren.
Auch bei Betriebsunterbrechungen wie Betriebsferien oder sogenannten Brückentagen zwischen den Festtagen sind betriebliche Entscheidungsabläufe unausweichlich. Dass letztlich die Beschlussunfähigkeit eines Betriebsrats für die Dauer der Äußerungsfristen des § 102 Abs. 2 BetrVG nicht zu einem Ruhen des Fristlaufes bzw. einer Verlängerung der Anhörungsfristen führt, folgt auch aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 18. August 1982 - 7 AZR 437/80 - in AP-Nr. 24 zu § 102 BetrVG 1972. Dort ist ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dann, wenn ein Betriebsrat für die Dauer der Äußerungsfristen des § 102 Abs. 2 BetrVG beschlussunfähig ist, der Rest des Betriebsrat in entsprechender Anwendung des § 22 BetrVG
die Mitbestimmungsrechte des § 102 Abs. 2 BetrVG wahrnimmt. Damit hat das Bundesarbeitsgericht deutlich gemacht, dass der Ablauf der Frist nicht durch Beschlussunfähigkeit des Betriebsrats gehindert wird. "
Wenn sich Alteisen jetzt den Rat seines Anwaltes zu Herzen nimm, wird er möglicherweise einige Zeit später einen sehr erbosten Anruf des gekündigten Arbeitnehmer bekommen. Warum denn der Betriebsrat zu blöd gewesen ist, seine Stellungnahme fristgerecht abzugeben? Denn dem Gericht hat der Anwalt des Arbeitgebers (unter anderem) lapidar mitgeteilt, dass der Widerspruch des Betriebsrates unbeachtlich,weil verfristet ist.
Nicht dass der Anwalt sich dessen sicher wäre, aber er versteht es, Unsicherheit bei der Gegenseite zusäen...