Erstellt am 04.06.2015 um 09:24 Uhr von uller
Wenn der MA in 1. Instanz gewonnen hat, ist er weder aus dem Betrieb noch aus dem BR ausgeschieden. Er hat doch dann auch ein Weiterbeschäftigungsanspruch zumindest bis die 2. Instanz entschieden hat.
Erstellt am 04.06.2015 um 11:09 Uhr von Phleb
Der Weiterbeschäftigungsanspruch greift ab 01.06.2015, jedoch sind hier die Anwälte der Firma und der des Mitarbeiters anderer Meinung (wie soll´s auch anders sein) und es kommt nun auf uns drauf an, wie wir die Entscheidung treffen und wen wir nunmehr zu Beschlussfassungen laden. Hier kann die Geschäftsführung uns ja keine Vorschriften machen, es wurde jedoch von dem Mitarbeiter mitgeteilt, dass er ein "Prozessarbeitsverhältnis" unterzeichnen sollte, worin die Tätigkeit im Betriebsrat ausgeschlossen wird, was der Mitarbeiter auf Anraten seines Anwaltes nicht unterzeichnete. Kommentare oder Rechtssprechungen liegen uns zu einem solchen Sachverhalt leider nicht vor.
Erstellt am 04.06.2015 um 12:20 Uhr von Melissa
Er ist weiterhin Betriebsratsmitglied und muss auch geladen werden.
LAG Köln Beschl. v. 27.07.2011, Az.: 9 TaBVGa 2/11
Recht eines gekündigten Betriebsratsmitglieds auf Teilnahme an Betriebsratssitzungen nach erstinstanzlichem Obsiegen im Kündigungsrechtsstreit.
Auch sehr interessant bezüglich der hier bestehenden Grundsätze mit Verweisen auf andere bereits hierzu getroffene Entscheidungen. BAG Urteil vom 25.6.2014, 7 AZR 847/12
Erstellt am 04.06.2015 um 13:58 Uhr von Hoppel
@ Melissa
"Er ist weiterhin Betriebsratsmitglied und muss auch geladen werden."
Diese pauschale Aussage stimmt so NICHT und da weicht auch das LAG Köln nicht von der bisherigen Rechtsprechung ab!!
"Leitsätze: Ein gekündigtes Betriebsratsmitglied bleibt auch nach erstinstanzlichem Obsiegen im Kündigungsrechtsstreit weiter an der Amtsausübung verhindert und hat deshalb kein Recht auf Ladung und Teilnahme an Betriebsratssitzungen. "
Entscheidend ist, dass in erster Instanz ein WeiterbeschäftigungsANSPRUCH beschieden wurde!
Siehe Leitsatz 2: "Etwas anderes gilt, wenn das erstinstanzliche Gericht einen Anspruch des Betriebsratsmitglieds auf vorläufige Weiterbeschäftigung bereits während der Dauer des Kündigungsrechtsstreits zuerkannt hat (Anschluss an LAG München, Beschluss vom 27. Januar 2011 - 3 TaBVGa 20/10 -)."
Hierbei handelt es sich aber um eine Ausnahmeregel, die in letztgenannter Münchener Entscheidung schön aufgedröselt wird.
Unerheblich ist jedoch, dass es hier um eine Entfristungsklage und nicht um einen Kündigungsschutzprozess geht.
@ Phleb
"Der Weiterbeschäftigungsanspruch greift ab 01.06.2015, jedoch sind hier die Anwälte der Firma und der des Mitarbeiters anderer Meinung (wie soll´s auch anders sein) "
Wenn Euer AG erstinstanzlich zu einer Weiterbeschäftigung verurteilt worden ist, kann die Weiterbeschäftigung erzwungen werden, ggf. auch per einstweiliger Verfügung. Oder in welchem Punkt sind sich die Anwälte nicht einig?
"und es kommt nun auf uns drauf an, wie wir die Entscheidung treffen und wen wir nunmehr zu Beschlussfassungen laden. Hier kann die Geschäftsführung uns ja keine Vorschriften machen,"
Das kann der AG nicht, aber er kann ihm unangenehme Beschlüsse gerichtlich anfechten lassen und zwar unter dem Stichwort "Ladungsmangel"!
"es wurde jedoch von dem Mitarbeiter mitgeteilt, dass er ein "Prozessarbeitsverhältnis" unterzeichnen sollte, worin die Tätigkeit im Betriebsrat ausgeschlossen wird, was der Mitarbeiter auf Anraten seines Anwaltes nicht unterzeichnete. "
Ist der Kollege jetzt seit 1.6. wieder bei Euch tätig oder nicht??
Falls ja, sollte er geladen werden. Da hätte ich als BR keine Bedenken, das auch zu tun. Es gibt genügend Rechtsprechung, die Euch diesbezüglich den Rücken stärkt (s.o.).
Bezogen auf die Gültigkeit von Beschlüssen wird man Euch aber keinen Strick daraus drehen können, wenn ihr auf die Ladung des Kollegen verzichtet bzw. von einer Verhinderung ausgeht und statt dessen ein Ersatzmitglied geladen wird. Wie steht denn überhaupt der Kollege dazu?
Erstellt am 04.06.2015 um 16:07 Uhr von Melissa
Sorry Hoppel,
aber ich kann hier beim besten Willen keinen inhaltlichen Unterschied zwischen dem Urteil des LAG Köln und dem des LAG München erkennen.
Auch wenn sie unterschiedliche Leitsätze anführen, treffen sie inhaltlich doch eine fast gleichlautende Aussage.
Du solltest aber besser nicht beigehen, Leitsätze jetzt selbst so umzugestalten, dass ihnen eine genau gegenteilige Aussage inne ist. Was, wenn man den ganzen (Originalen) Leitsatz sieht, so auch nicht der Fall ist.
Ich will jetzt nicht ins gleich Horn blasen und behaupten, dass das von Dir hier ins pauschale abgeänderte so nicht stimmt. Möchte aber zumindest darauf hinweisen, dass ich einen derartigen Umgang mit Leitsätzen, als nicht korrekt empfinde und Du dieses auch überhaupt nicht nötig hast.
Auch ist der beim LAG München im 3. Leitsatz aufgeführte Weiterbeschäftigungsanspruch keine Ausnahmeregelung, sondern eine Wirksamkeitsvoraussetzung. Die im Übrigen in beiden LAG-Urteilen auch so eingeordnet wird.
Und da hier ja eine Weiterbeschäftigung vorliegt, dürfte dieser ja auch hier gegeben sein. Warum sonst sollte ein AG diesen Weiterbeschäftigen müssen.
Erstellt am 04.06.2015 um 16:39 Uhr von Hoppel
@ Melissa
"Du solltest aber besser nicht beigehen, Leitsätze jetzt selbst so umzugestalten, dass ihnen eine genau gegenteilige Aussage inne ist. Was, wenn man den ganzen (Originalen) Leitsatz sieht, so auch nicht der Fall ist."
Hüstl ... bislang bin ich davon ausgegangen, dass man einen Leitsatz oder wie in diesem Fall LeitSÄTZE zitieren kann und diese dem Original entsprechen, wenn man sich der Rechtsprechungsdatenbank der Justiz NRW bedient ...
Auch glaube ich, dass ich durch "" die Leitsätze ausreichend deutlich von meiner Anmerkung dazu unterschieden bzw. kenntlich gemacht habe.
Und was das Münchener Urteil betrifft, habe ich mich auf überhaupt KEINEN Leitsatz bezogen. Auch betrifft die von mir angesprochene "Ausnahmeregelung" nicht den Weiterbeschäftigungsanspruch, sondern knüpft an den zweiten Leitsatz des LAG Köln an.
Und der beschreibt nunmal die Ausnahme, wann ein in einem Kü´schutzprozess befindliches BRM NICHT an der Amtsausübung gehindert ist.
Ich bin eigentlich davon ausgegangen, dass das klar ersichtlich ist. Aber so kann man sich halt irren ... ist ja auch verdammt viel Sommer.
Will sagen, ich bleibe bei meiner zuvor getätigten Meinung.
Erstellt am 04.06.2015 um 16:59 Uhr von Melissa
Sorry, ich entschuldige mich hiermit!
Du hast ihn inhaltlich nicht verändert, sondern nur das Wichtigste weggelassen. Was aber gleich schlimm ist, da es dadurch eine ganz andere Aussage tätigt.
Hier wird dann auch ersichtlich, dass auch mir das Urteil des LAG München hätte bekannt sein müssen; und ich fahrlässig handeln würde, hätte ich dieses nicht mit einbezogen.
Aber egal, letztlich kann ja jeder der Lesen kann, sich hier sein eigenes Bildchen machen.
Du darfst auch gern bei deiner Meinung bleiben, so weit entfernt von meiner ist sie ja auch nicht.
Fortsetzung des teilweise unterschlagenen Leitsatzes:
"Etwas anderes gilt, wenn das erstinstanzliche Gericht einen Anspruch des Betriebsratsmitglieds auf vorläufige Weiterbeschäftigung bereits während der Dauer des Kündigungsrechtsstreits zuerkannt hat (Anschluss an LAG München, Beschluss vom 27. Januar 2011 - 3 TaBVGa 20/10 -)."
Erstellt am 05.06.2015 um 07:10 Uhr von Phleb
Der Weiterbeschäftigungsanspruch wurde durchgesetzt und insofern ist der Mitarbeiter auch wieder tätig seit dem 01.06.15. Gerichtlich wurde die Teilnahme im Betriebsrat jedoch noch nicht durchgesetzt, was ihr aber wohl auch möglich ist bzw. längst möglich gewesen wäre.
In den grundsätzlichen Aussagen finden wir aber das Ähnliche Ziel, sprich der Mitarbeiter ist wieder im Betriebsrat und das Ersatzmitglied ist nunmehr ausgeschieden.
Was ja auch einen wichtigen Grund in der Sache ist, ist die Sache der Entfristungsklage und der damit verbundenen, damals nicht notwendig werdenden Zustimmung von uns als Betriebsrat. So deute ich die auch die uns vorliegenden Rechtssprechungen.
In der kommenden Woche werden wir an einer Schulung in Göttingen teilnehmen und mal gucken, was da Seitens des Dozenten für eine Meinung uns übermittelt wird und wie wir weiter damit umgehen und entscheiden/ handeln werden.
@Hoppel:
Der Mitarbeiter möchte natürlich auch wieder in den Betriebsrat und da weiter tätig sein. Das noch zu deiner Frage.
Erstellt am 05.06.2015 um 17:54 Uhr von Hartmut
Auch ich würde mich der Meinung anschließen wollen, dass der Kollege wieder in BR-Amt und -Würden ist.
Denn wäre es anders, dann gäbe es eine ganz einfache Methode, ein unliebsames BR-Mitglied loszuwerden: 1. AO Kündigung, 2. BRM geht vor Gericht + gewinnt, 3. BRM kehrt zurück als MA, aber nicht länger als BRM, 4. MA wird nach Ablauf des nachwirkenden Kü'schutzes 'leider' betriebsbedingt entlassen.
Gar so einfach soll es ja nun doch nicht sein, nicht wahr. :)
Erstellt am 07.06.2015 um 19:58 Uhr von Hoppel
@ Melissa
"Fortsetzung des teilweise unterschlagenen Leitsatzes: ..."
Räusper ... da war wohl Deine Brille ganz arg beschlagen! ;-)
Die Leitsätze sind von mir vollständig zitiert worden. Man müsste nur mal richtig lesen. ;-)))
@ phleb
Wie bereits geschrieben, sehe ich keinen Hinderungsgrund, dass der Kollege als BRM tätig wird.
Erstellt am 08.06.2015 um 11:35 Uhr von Melissa
Ja, Du hast recht!
War wohl gerade mein Escorialtag, oder ich hatte wirklich eine Brille auf, obwohl ich diese normalerweise „noch“ nicht benötige.
Was sagt uns das?
Auch eine Melissa hat nicht die Weisheit gepachtet und ist stark abhängig von einer ungetrübten Sehkraft.