Erstellt am 15.03.2015 um 07:40 Uhr von Hoppel
BAG, 17.10.1989 - 1 ABR 100/88
Amtlicher Leitsatz:
1. Auf Verstöße des Arbeitnehmers gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten kann der Arbeitgeber mit individualrechtlichen Mitteln, einer Abmahnung, einer Versetzung, einer Kündigung oder einer vereinbarten Vertragsstrafe, reagieren. Hinsichtlich solcher Maßnahmen ist der Betriebsrat nur nach § 99 bzw. § 102 BetrVG zu beteiligen. Dabei ist es unerheblich ob die gerügten Verstöße solche gegen die kollektive betriebliche Ordnung oder solche gegen Anordnungen hinsichtlich des Arbeitsverhaltens sind.
2. Sanktionen für Verstöße des Arbeitnehmers gegen seine vertraglichen Verpflichtungen, die über die individualrechtlichen Möglichkeiten des Arbeitgebers hinausgehen, sind nur als Betriebsbußen möglich.
3. Betriebsbußen können nur aufgrund einer zwischen den Betriebspartnern vereinbarten Betriebsbußenordnung und nur für Verstöße gegen die Regeln über das Ordnungsverhalten verhängt werden.
4. Aus dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats hinsichtlich der Aufstellung einer Betriebsbußenordnung und der Verhängung von Betriebsbußen im Einzelfall folgt - solange eine Betriebsbußenordnung nicht besteht - nicht, daß bei einer vom Arbeitgeber gleichwohl verhängten Betriebsbuße der Betriebsrat mitzubestimmen hat. Die einseitig vom Arbeitgeber verhängte Betriebsbuße ist vielmehr unwirksam.
@ Jodokus
Entweder gibt es bei Euch eine BV "Betriebsbuße" oder nicht.
In letztem Fall solltet ihr dem AG auffordern, diese Maßnahme umgehend zu unterlassen!
Erstellt am 15.03.2015 um 08:32 Uhr von gironimo
Da würde ich als BR der Versetzung kurzerhand die Zustimmung verweigern, weil der AN dadurch (finanzielle) Nachteile erleidet (§ 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG)
Dazu braucht man kein Urteil; die zu erwartenden Gehaltseinbußen sind Fakt.
Erstellt am 15.03.2015 um 09:32 Uhr von Hoppel
@ gironimo
Wir reden hier über eine verhängte Betriebsbuße und ich vermute, dass diese NICHT durch eine BV gedeckt ist!!!
Da sollte man doch von seinem ZWINGENDEN MBR gem. § 87 Abs.1 Nr.1 BetrVG Gebrauch machen und erst gar nicht damit anfangen, sich auf Nebenschauplätze zu begeben, die dem AG noch nicht einmal weh tun werden!
LAG Köln · Urteil vom 29. Juli 2010 · Az. 7 Sa 240/10
1. Die Herausnahme eines Arbeitnehmers aus einer mit Wochenend- und Nachtarbeit verbundenen Wechselschicht bei gleichzeitiger Zuweisung zu einer montags bis freitags gleichbleibenden Tagschicht unterliegt grundsätzlich dem nach billigem Ermessen auszuüben Weisungsrecht des Arbeitgebers.
2. Bei der Ausübung seines Ermessens hat der Arbeitgeber auch die ihm erkennbaren berechtigten Interessen des Arbeitnehmers zu berücksichtigen.
3. Dabei hat er keinesfalls automatisch davon auszugehen, dass sich eine Beibehaltung der Wechselschichttätigkeit für den Arbeitnehmer "günstiger" darstellen würde; denn den dort durch Nacht- und Wochenendzuschlägen begründeten besseren Verdienstmöglichkeiten stehen auf der anderen Seite eine wesentlich geringere gesundheitliche Belastung und wesentlich bessere Möglichkeiten der Freizeitdisposition gegenüber.
4. Die Umsetzung eines Arbeitnehmers von Wechselschicht in Tagschicht oder umgekehrt stellt keine Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs i. S. v. § 95 Abs. 3 BetrVG dar.
Erstellt am 15.03.2015 um 10:04 Uhr von gironimo
>auf eine Tagschichtstelle<
Das klingt zumindest nach einen anderen Arbeitsplatz. Es geht ja (meine Vermutung) nicht allein um den Schichtwechsel.
Selbst wenn es keine Versetzung wäre, würde ich erst einmal den Weg gehen, der Schichtplanung nicht mehr zuzustimmen. Denn Weisungsrecht hin oder her - erst kommt einmal die Mitbestimmung. Und wenn da alles im Grünen Bereich ist, kann der AG auch anweisen.
Was ansonsten Betriebsbußen angeht, bin ich bei Dir Hoppel.
Zu klären wäre ja ohnehin, wie das "angeblichem Fehlverhalten" zu werten wäre.
Erstellt am 15.03.2015 um 10:40 Uhr von Jodokus
Moin, danke schonmal für die antworten.
Das Fehlverhalten soll sich durch Respektlosigkeit gegen den Abteilungsleiter darstellen und das verbreiten von "Scheißhaußsparolen". Die Arbeitsleistung im Aufgabenbereich liegt deutlich über Norm.
Erstellt am 15.03.2015 um 11:01 Uhr von Snooker
Denke das hier zwei verscheidene Sachen vor liegen.
Erst einmal das Fehlverhalten. Respektlosigkeit.....ich würde sagen das der BR hier nach §87 Abs. 1 Nr 1 erst mal mit im Boot sein müsste.
Erst wenn diese Sache geklärt ist unter Einbeziehung des BR, kann man zum nächsten Punkt der vorläufigen Versetzung über gehen.
Ist dem nicht so würde ich als BR den AG auffordern seine Handlungen zu unterlassen, da der BR ansonsten einen Rechtsanwalt beauftragen müsste, einen Antrag auf Unterlassung bei Gericht zu erwirken.