Lieber @Kölner
Mitnichten philosophiere ich hier ins Blaue. Es gehört dann schon eher in die Abteilung „Rechtswissenschaft“ eingeordnet. Nicht dass ich mich jetzt als ein Rechtswissenschaftler bezeichnen möchte, aber, dass eine oder andere kann, oftmals auch nur so gesehen und dann entsprechend interpretiert und eingeordnet werden. So auch hier.
Mir war durchaus klar, dass hier wieder der eine oder andere Einwand kommen würde. Zumal es sich hier um eine kleine Gesetzeslücke handelt.
Leider ist diese Frage in der von dir so geschätzten minimalistischen Art nicht zu erklären.
Diese hat zwar den Vorteil, nicht Gefahr zu laufen, sich ev. den Kritiken anderer stellen zu müssen, gleichzeitig aber den Nachteil, vieles unbeantwortet zu lassen.
Gottseidank gibt es neben mir, auch noch andere, die sich dennoch dieser Gefahr unterwerfen und mehr von sich geben als nur: „links, rechts, gut, schlecht und oben oder unten“, ohne dieses auch näher zu begründen.
Da wir hier aber nicht in einem Steno-Kurs, sondern in einem BR-Forum, in dem Rechtsfragen besprochen und Meinungen oder Ansichten von sich gegeben werden sind, ziehe ich es vor einwenig ausführlicher auf ein Thema einzugehen, auch auf die Gefahr hin gelegentlich Widersprüche oder gar Kritik ertragen zu müssen. Wenn ich dieses nicht könnte oder wollte, hätte ich hier auch nichts verloren.
Ich versuche daher, meine Sichtweise einmal auf meine Art näher zu erklären.
Erst mal etwas Grundsätzliches:
Einen Stellvertreter, wie von @Streberin angegeben, gibt es bei einem 1er-BR nicht. Es ist hier immer ein Ersatzmitglied. Wurde wohl nur falsch tituliert.
Im Falle des Ein-Personen-Betriebsrats ist im BetrVG (§ 22) im Grunde keine Neuwahl vorgesehen, wenn kein Ersatzmitglied mehr vorhanden ist. Das bedeutet nun nicht zwangsläufig, dass sie ausgeschlossen oder nicht notwendig ist. Sie kann sich immer dann ergeben, wenn durch längere Verhinderungen Betriebsratslose Zeiträume entstehen und dadurch Beteiligungsrechte, auf die aus gutem Grunde nicht verzichtet werden soll, und besonders Pflichten, die nicht vernachlässigt oder gar ganz unterlassen werden dürfen, nicht mehr wahrgenommen werden können (stellvertretend für weitere sei hier nur der § 80 BetrVG aufgeführt).
Selbst wichtige Beteiligungsrechte nach den §§ 99, 106, 111 BetrVG, die eigentlich einem 1er-BR nicht zustehen, können unter gewissen Voraussetzungen hier zum tragen kommen.
Hier sollte man sich auch einmal die Frage stellen, was passiert, wenn der BR verhindert ist, da die nächsten drei Monate krank und bettlägerig, und diverse Handlungen nach § 102 BetrVG anliegen?
Sind Kündigungen, da keine Anhörung stattfinden konnte, ungültig? Oder wurde durch Schweigen, da nicht anhörungsfähig, die Zustimmung erteilt?
Ein Grundsatz des BetrVG lautet, das, wenn ein BR besteht, es zu keinen Betriebsratslosen Zeiten kommen soll. Was hier aber letztlich der Fall wäre.
Neben den neu aufgenommenen §§ 21a und 21b, wahrt auch die Vorschrift des § 22 BetrVG das Prinzip der durchgängigen Interessenvertretung. Diese Norm will lediglich sicherstellen, dass eine Belegschaft nach wie vor durch einen Betriebsrat vertreten bleibt, auch wenn dessen Amt aufgrund einer wesentlichen Änderung der Belegschaftsstärke, eines Absinkens der Zahl der Betriebsratsmitglieder unter die gesetzliche Zahl oder eines Rücktritts des Betriebsrats vorzeitig endet oder er hierdurch handlungsunfähig wird. Es handelt sich um eine Ausnahmeregelung, die ihrerseits auf dem Grundgedanken einer betriebsbezogenen Kontinuität betriebsverfassungsrechtlicher Interessenvertretung beruht.
Auch die gesetzlichen Bestimmungen vor 2001 über das Übergangsmandat aus den Jahren 1990 bis 1994 lassen die Vorstellung des Gesetzgebers erkennen, dass betriebsratslose Zeiten infolge betrieblicher Umstrukturierungen grundsätzlich zu vermeiden sind, wenn die betroffenen Arbeitnehmer danach nicht mehr betriebsverfassungsrechtlich vertreten werden.
Entsprechende Kommentierungen zu diesem Thema finden sich auch bei:
(Däubler/Kittner/Klebe BetrVG 7. Aufl. § 21 Rn. 68 a ff;
ErfK-Eisemann § 21 Rn. 8;
Fitting/Kaiser/Heither/Engels BetrVG 19. Aufl. § 21 Rn. 43 ff. ;
GK-Wiese/Kreutz BetrVG 6. Aufl. § 21 Rn. 81 bei Einzelrechtsnachfolge;
Bachner NZA 1999, 1241, 1245;
Däubler RdA 1995, 136;
Engels FS Wlotzke S 279, 284;
Frohner PersR 1995, 99, 104;
Klar NZA 1997, 470, 472)
Diesen in verschiedenen betriebsverfassungsrechtlichen Bestimmungen normierten Grundsatz folgt auch das BAG bezogen auf die Regelungen im Betriebsverfassungsgesetz.
Herzlichen Dank auch für die mir unterstellte „unendliche Weisheit. Allerdings hättest Du dir im letzten Satz die unterschwellige Betonung auf „selbst“ schenken können………die gehört eher in die eigene Schublade.
Ich hoffe, hiermit deinem fürsorglichen Wunsch entsprochen zu haben.
Mfg Riedo
Nachtrag:
Abgesehen davon, dass solche Themen auch einmal genauer durchleuchtet gehören, ist der von @gironimo vorgebrachte Vorschlag, hier wirklich der sinnvollste.