Erstellt am 08.02.2013 um 12:25 Uhr von rkoch
> Wann und inwieweit ist eine Kündigung aufgrund eines gewissen Krankenstandes zulässig
Das ist nicht einfach zu beantworten. Im Grunde wird heute noch angenommen, dass eine krankheitsbedingte Kündigung im Normalfall immer unwirksam ist.
Mittlerweile haben sich einige Grundsätze herauskristallisiert, unter denen eine solche denkbar wäre:
1. negative Gesundheitprognose:
Eine krankheitsbedingte Kündigung kann zulässig sein, wenn nachweislich (was dem AG i.d.R. bereits schwerfällt) der AN voraussichtlich niemals mehr seinen Arbeitspflichten nachkommen werden kann.
2. außergewöhnliche Belastung:
Bei sehr häufigen Kurzerkrankungen aus immer wieder anderen Gründen - und damit immer wiederkehrender Entgeltfortzahlungspflicht - kann nach einigen Jahren (erneut einer Prognose eines dauerhaften Zustands!) für den AG eine unzumutbare Belastung des Vertragsverhältnisses entstehen. Maßstab sind min. 12 Wochen LFz im Jahr.
In allen anderen Fällen sind krankheitsbedingte Kündigungen von wenig Erfolg gekrönt. Aber natürlich kann der AG IMMER kündigen - und so lange der AN sich nicht wehrt, dann auch erfolgreich. Insbesondere sind Fälle einheitlicher Erkrankungen, bei denen nicht mehr als 6 Wochen LFz im Jahr anfallen vom Fall 2 ausgenommen und die längerfristige Abwesenheit vom Arbeitsplatz ist auch kein Grund, hat der AG z.B. mit Leiharbeit und befr. Arbeitsverhältnissen die Möglichkeit das zu kompensieren (hier kann man mal das Lieblingsthema der AG GEGEN diese einsetzen).
> von uns als BR zu akzeptieren ?
NIE! Ein BR muss niemals eine Kündigung "akzeptieren". Er hat grundsätzlich die Pflicht jeden Fall auf die Möglichkeit der Fortsezung des Arbeitsverhältnisses nach §102 zu prüfen und entsprechend zu handeln. Umgekehrt kann der BR die Kündigung im Zweifelsfalle eh nicht verhindern (Ausnahme BRM).
Erstellt am 08.02.2013 um 13:55 Uhr von Lexipedia
@ rkoch
Ich dachte eine negative Gesundheitsprognose von zwei Jahren würde reichen?
Vielleicht sollte der BR mal ein BEM anregen?
Erstellt am 08.02.2013 um 14:06 Uhr von rkoch
> Ich dachte eine negative Gesundheitsprognose von zwei Jahren würde reichen?
Umgekehrt: Ein mindestens zwei Jahre andauernder Zustand legt eine negative Gesundheitsprognose nahe..., nach einem Jahr gibt es i.d.R. noch kein Indiz für diese.... AuAnders als über den Zeitfaktor kann der AG eine solche ja nicht vermuten, beweisen eh nicht. Insofern sind solche Kündigungen in den Bereich Verdachtskündigung einzuordnen. Ob der Verdacht des AG dann begründet ist, zeigt sich im KSchP. Ausnahme: die Krankheit ist offensichtlich derart, dass zu vermuten ist, dass der AN seinen Vertrag nicht mehr erfüllen kann, klassisches Beispiel: Arthrose in den Händen/Handgelenken ist u.U. unheilbar und führt oft dazu, dass der AN deswegen AU ist bzw. die Einschränkungen überhand nehmen. Da reichen die Indizien schon wesentlich eher...
Ach ja: BEM... Eine solche Kündigung ist allgemein nur dann zulässig, wenn der AG sich bemüht hat eine betriebliche Ursache auszuschließen oder abzuschaffen (ultima Ratio - die Kündigung muss das letzte verfügbare Mittel sein). Insofern ist ein durchgeführtes BEM heute eigentlich eine Grundvoraussetzung damit eine solche Kündigung überhaupt angedacht werden kann.
Erstellt am 08.02.2013 um 14:13 Uhr von blackjack
Sollte man nicht zuerst prüfen, warum es zu einem erhöhten Krankenstand kommt?
Hier wäre doch mal der ASA gefragt.
Erstellt am 08.02.2013 um 15:18 Uhr von gironimo
Genau auf den Punkt, den blackjack hier abzielt, wollte ich auch gerade hinweisen.
Der BR sollte den AG davon überzeugen, dass durch Angst und Panikmache das Problem nicht behoben wird. Nicht die Symptome behandeln sondern die Ursachen. Darum sollte zunächst einmal hinterfragt werden, warum der Krankenstand so hoch ist.
Erstellt am 08.02.2013 um 15:39 Uhr von BRMetall
Die dem AG zumutbaren Krankenfehlzeiten ruchten sich nach dem Betrieb, also der Frage wirtschaftlich zumutbar. Bei Kleinbetrieben kann diese wesentlich kürzer sein als bei Großbetrieben. Nun nach der neuen Rechtslage betreffend Unverfallbarkeit des gesetzl. Urlaubes, ist ehe alles wieder anders. Denn dadurch entstehen dem AG andere wirtschaftlichen Folgen, Rückstellungen für diese Ansprüche.
Erstellt am 09.02.2013 um 11:24 Uhr von Kölner
@BRMetall
Nur am Rande und zur Korrektur:
Der Urlaubsanspruch eines AN im Krankenstand verfällt nach 15 Monaten.