Erstellt am 26.01.2012 um 08:35 Uhr von gironimo
Das geht nun tatsächlich nicht.
Wenn sich jemand krank fühlt, muß er sich Arbeitsunfähig melden (im allgemeinen Sprachgebrauch: Krank melden). Wenn er dann am nächsten Tag wieder fit ist, geht er wieder arbeiten.
Aber zu sagen - ja - ich bin ein wenig matt und mache mal einen Tag frei.... - nein.
Erstellt am 26.01.2012 um 09:25 Uhr von wölfchen
. . . die sogen. "Karenztage" gibts nicht nur im öffentlichen Dienst, sondern sie basieren auf dem EntgFortzG und da speziell auf dem § 5, in dem steht, dass man erst bei einer längeren Erkrankung ab 3 Tagen eine Bescheinigung über die AU vorgelegt werden muss. Allerdings ist auch gleich mit enthalten, dass der AG auch berechtigt ist, eine solche Bescheinigung früher zu verlangen.
Davon unberührt ist die Pflicht zur unverzüglichen Meldung der AU und unverzüglich heißt - ohne schuldhaftes Verzögern.
In diesem speziellen Fall heißt das im Ernstfall: Unkenntnis schützt vor Strafe nicht und sollte der Chef eine Abmahnung aussprechen, kann man sich diese nur hinter den Spiegel stecken, Besserung geloben und künftig den gleichen Fehler vermeiden . . .
Erstellt am 26.01.2012 um 10:25 Uhr von Aidan
Mein Lieblingsthema! :-)
Nach umfangreichen Recherchen und Diskussionen komme ich zu folgendem Standpunkt:
Anzeigepflicht:
Unstrittig ist die Pflicht des Arbeitnehmers, den Arbeitgeber unverzüglich zu informieren (Anrufen (lassen), EMail, etc), egal Hauptsache es kommt beim AG an. "Unverzüglich" wird in der Rechtssprechung als "ohne schuldhaftes Zögern" interpretiert. Darüber kann man jetzt wieder prima philosophieren was das nun wieder bedeuten könnte. Wird diese Pflicht nicht erfüllt, verliert der AN den Entgeltanspruch für den nicht gemeldeten Zeitraum und riskiert evtl auch eine Abmahnung wegen unentschuldigem Fernbleiben, also wie früher in der Schule. :-)
Nachweispflicht:
Im § 5 Abs 1 EntgFG steht, Krankenschein vorlegen, wenn Erkrankung länger als drei Tage dauert, also quasi ab dem vierten Tag, btw es sind Kalendertage gemeint (Fr bis Mo = vier Tage). Desweiteren steht im selben §, dass der AG die AU auch vorher verlangen darf. Das wird von manchen AG gern misverstanden und die Herrschaften stellen sich hin und fordern das einfach mal so wie es ihnen im Moment passt. Tatsächlich ist dieses Verlangen bereits beidseitig verbindlich geltend gemacht, meistens in Form einer Klausel im Arbeitvertrag oder einem Tarifvertrag (üblicherweise im Manteltarifvertrag) falls der AG tarifgebunden ist oder in anderweitigen (schriftlichen) rechtswirksamen Vereinbarungen, zum Beispiel geht auch eine Betriebsvereinbarung, was aber teilweise je nach Inhalt und Einschränkungen umstritten ist. Gibt es mehrere Rechtsquellen, gilt das Günstigkeitsprinzip.
Eine mündliche Ablehnung der bestehenden Regelungen oder einseitige schriftliche Willenserklärungen zu diesem Thema sind unwirksam, egal von welcher Seite es kommt.
Guck also mal in deinen Arbeitsvertrag oder im jeweiligen Manteltarif. Was da steht gilt. Auch für deinen AG. Obs ihm nun passt oder nicht.
Erstellt am 26.01.2012 um 13:53 Uhr von Ohneahnung
@ Aidan
Und wenn im Arbeitsvertrag steht nach einem Tag und im MTV nach 3 Tagen - welche Regelung gilt dann? Tarifvertrag ist anwendbar.
Erstellt am 26.01.2012 um 14:00 Uhr von petrus
dann käme es drauf an, ob der MTV eine Öffnungsklausel enthielte. Wenn nicht, wäre die Bestimmung im AV unzulässig.
Erstellt am 26.01.2012 um 14:14 Uhr von Aidan
@Ohneahnung
Dann gilt das Günstigkeitsprinzip, in deinem Beispiel nach 3 Tagen.
@petrus
"Öffnungsklauseln" kenne ich nur in Verbindung mit Krisenüberwindung, dass man unter definierten Bedinungen auch unter Tarif bleiben darf. Du meinst bestimmt tarifliche Klauseln wie zum Beispiel "... es sei denn im AV ist etwas anderes festgelegt" oder "... eine BV kann hiervon abweichen" oder dergleichen.
So eine Klausel im AV wäre aber nicht unzulässig (derartiges darf ja durchaus vereinbart werden), sondern in diesem Fall lediglich unwirksam, denn der Tarif überlagert den AV an dieser Stelle dadurch, dass die tarifliche Regelung für den AN eine Verbesserung darstellt (das erwähnte Günstigkeitsprinzip). Voraussetzung ist allerdings, dass du entweder Gewerkschaftmitglied bist oder im AV der Tarif für dich für gültig erklärt wurde (damit du nicht extra Gewerkschaftmitglied wirst und vielleicht mal streiken willst).
Erstellt am 26.01.2012 um 15:11 Uhr von Lernender
@Rumpen
was verstehst du unter Karenztagen.
Ist die Kollegin einfach nicht zum Dienst erschienen, oder hat sie mitgeteilt das es ihr nicht gut geht.
Habt ihr einen BR.
Wenn ja, frag mal nach ob es Regelungen zu diesem Thema gibt.
Denn falls du BR bist, MB greift in meinen Augen nach 87 1/1
Erstellt am 27.01.2012 um 11:24 Uhr von petrus
@aiden
> Du meinst bestimmt tarifliche Klauseln wie zum Beispiel "... es sei denn im AV ist etwas
> anderes festgelegt" oder "... eine BV kann hiervon abweichen" oder dergleichen.
Genau. Und genau das nennt man Öffnungsklausel - sagt zumindest Wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%96ffnungsklausel#.C3.96ffnungsklauseln_im_Tarifvertrag)
Ansonsten sagt Dir der Begriff "Normenpyramide" was?
Das Günstigkeitsprinzip greift dann, wenn es bei gleichrangigem Recht zu "Kollisionen" kommt (z.B. einander ausschließende Regeln in zwei gleichermaßen gültigen BV, widersprüchliche Klauseln im AV), oder aber, wenn das "niederrangige Recht", z.B. Arbeitsvertrag oder BV, den ArbN in einem Punkt besserstellen, als das "höherrangige Recht" (also der Tarifvertrag) _und_ das Günstigkeitsprinzip vom höherrangigen Recht zugelassen ist.
Andersherum gilt eine Bestimmung, weil sie höherrangigem Recht entspringt, nicht weil sie notwendigerweise günstiger ist.
Das der TV anwendbar ist, hatte der Fragesteller ja ausdrücklich erwähnt.
Dass ohne "Gestattung abweichender Abmachungen im Tarifvertrag" (=Öffnungsklausel) eine den ArbN schlechterstellende Klausel im AV schlicht und ergreifend _unzulässig_ ist (und nicht etwa "vom TV überlagert" wird), steht übrigens so im §4(3) TVG; das Günstigkeitsprinzip für AV bezüglich TV ebenso.