Hallo Inulsch,
bevor ich in die Juristerei umgestiegen bin, habe ich mal einen richtigen Beruf (Schreiner) gelernt und war auch mal für vier Jahre bei einer namhaften Baumarktkette aus dem Südwestfälischen tätig (natürlich in der Abteilung Holz und Bauelemente), die einen geradezu irreführenden Namen trägt, der genauso klingt, wie ein Höhenzug im Ruhrpott ;-) .
Ich weiß also, was Ihr da vorhabt und ich weiß auch nur zu genau, was für einen Gegenwind Ihr da zu erwarten habt. Wir haben das damals auch mal versucht - um das Ergebnis vorweg zu nehmen: wir haben es nicht geschafft. Es hat schnell eine Mitarbeiterversammlung von der Geschäftsführung einberufen gegeben, in der eine Kiste Bier ausgegeben wurde und auf "wir sind doch alle eine Familie und brauchen keinen BR" gemacht wurde. Das hat bei vielen leider gezogen und die, die bei der Stange geblieben sind, wurden ganz schnell in Nachbarfilialen versetzt. Ich selber als Initiator ganz weit weg. Im Ergebnis hat mich das damals da meinen Job gekostet, nicht zuletzt weil die Gegenseite auch taktisch besser aufgestellt war, als wir - das muss man ihnen lassen. Für mein persönliches Leben haben die mir damit sogar einen Gefallen getan - wäre es damals anders verlaufen, wäre ich wahrscheinlich heute nicht Anwalt. Ich glaube, wenn ihnen das klar wäre, würden die sich auch heute noch - 13 Jahre später - darüber ärgern *gg*
Leider allerdings hat diese HELLWEG-Filiale (jetzt hab ich es ja doch gesagt *hautsichaufdieFinger*) bis heute keinen BR ... und soweit ich weiß, auch sonst keine in dem Unternehmen ...
Was Ihr da vorhabt, ist ein hartes Brot und ich kann Euch eigentlich nur dazu gratulieren und ziehe gleichzeitig meinen Hut ganz tief auf den Boden für Euren Mut!
Ihr werdet nicht nur gegen den Arbeitgeber ankämpfen müssen, sondern auch "gegen" 30 verängstigte und beeinflusste Kollegen (wenn Ihr die Sache allerdings ordentlich durchzieht, werdet Ihr die Kollegen recht schnell auf Eure Seite kriegen). Glückwunsch auch dazu, dass Ihr schon 4 potentielle Kandidaten habt!
Ihr werdet allerdings nicht nur Gegenwind kriegen, sondern Gegensturm. Ihr werdet auch keinen Kampf führen, sondern Krieg. Sorry, wenn ich das hier so hart darstelle - aber ich will Euch auch keine Illusionen machen, sondern auf das vorbereiten, was Euch erwartet. Der Einzelhandel ist im Allgemeinen schon eine brutale Branche, was das angeht und die Baumarktbranche allemal.
Worauf solltet Ihr jetzt also achten:
1. Seht zu, dass Ihr Kontakt zur Gewerkschaft sucht! Wenn auch nur einer der Kollegen gewerkschaftlioch organisiert ist, dann ist die Gewerkschaft im Betrieb vertreten und kann die Wahl für Euch einleiten. Wenn keiner organisiert ist, dann tretet ein! An dieser Stelle sei allerdings auch gesagt, dass die Gewerkschaft vor Ort immer so gut ist, wie der zuständige Sekretär - ich hoffe einfach, dass da bei Euch ein guter ist ;-)
2. Sucht Euch auch schon als Wahlvorstand bzw. als initiierende Kollegen einen Anwalt, der Euch dauerhaft begleitet - Ihr werdet ihn brauchen! In dem Augenblich, in dem es einen Wahlvorstand gibt, muss der Arbeitgeber ihn bezahlen (die Einzelheiten sind natürlich komplizierter - aber ein Anwalt, der Euch selber eine Rechnung stellt, ist kein guter!). Ihr werdet allerdings ganz bitterböse einen brauchen, weil Ihr euch höchstwahrscheinlich von Anfang an viel bei Gericht und möglicherweise auch bei der Staatsanwaltschaft mit dem Arbeitgeber treffen werdet.
3. Denkt daran, dass fast alles, was der Arbeitgeber gegen die Wahl als solche unternimmt (und das wird einiges sein), strafbar ist! Die Behinderung der Betriebsratswahl ist strafbar (§ 119 BetrVG) und wurde bislang in den wenigen Fällen, in denen es wirklich mal zum Prozess kam, empfindlich geahndet (in der Regel sowas bei 150 Tagessätzen - das sind immerhin fünf Nettogehälter!)
4. Zieht die Sache durch! Es wird mehr als nur hart aber im Ergebnis könnt Ihr nur gewinnen!
Ich wünsche Euch das Beste!
Stühler-Walter, Rechtsanwalt