Erstellt am 22.05.2007 um 06:43 Uhr von Benny
Hallo Gretchen,
die Begriffe Überstunden & Mehrarbeit.
Die Begriffe „Überstunden“ und „Mehrarbeit“ werden häufig synonym, d.h. gleichbedeutend gebraucht.
In der arbeitsrechtlichen Literatur wird jedoch unterschieden:
• Überstunden (auch als Überarbeit bezeichnet) sind die Arbeitsstunden, die die für das Arbeitsverhältnis normale – regelmäßig in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder in einem Einzelarbeitsvertrag vereinbarte oder betriebsübliche – Arbeitszeit überschreiten;
• Mehrarbeit sind die Arbeitsstunden, die über die gesetzliche Höchstarbeitszeit nach dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG) hinausgehen. Das Arbeitszeitgesetz erlaubt in § 14 die vorübergehende Überschreitung der werktäglichen Höchstarbeitszeit von acht Stunden in Notfällen und in außergewöhnlichen Fällen.
Hinsichtlich der Bedeutung dieses Begriffs ist festzuhalten, dass im Arbeitszeitgesetz Regelungen zur Mehrarbeitsvergütung – wie in der Vorgängervorschrift Arbeitszeitordnung (AZO) bis Juni 1994 maßgebend vorgesehen – nicht mehr existieren und auch die Begriffe „Mehrarbeit“, „Überarbeit“, „Überstunden“ und „Überstundenzuschlag“ nicht verwendet werden.
Überstunden sind die Stunden, die über die vom Arbeitnehmer geschuldete Arbeitszeit hinausgehen. In Ermangelung einer ausdrücklichen Vereinbarung gilt die betriebsübliche Arbeitszeit als geschuldete Arbeitszeit.
Die Erbringung von Überstunden ist nicht auf Vollzeitkräfte beschränkt, auch Teilzeitkräfte und Aushilfen können Überstunden leisten.
Im Rahmen der modernen flexiblen Arbeitszeitgestaltung werden in Unternehmen vielfach Arbeitszeitkontingente, überwiegend bezogen auf ein Jahr, eingerichtet, die während der Laufzeit die Leistung von Arbeitsstunden über der (täglichen, wöchentlichen, monatlichen) Regelarbeitszeit und die Leistung von Arbeitsstunden (bis zu 0 Arbeitsstunden = Arbeitsbefreiung) unter der Regelarbeitszeit ermöglichen. Ob in diesem Fall die arbeitsvertragliche Betrachtung oder die Abrechnung am Jahresende für die Feststellung von Überstunden maßgeblich ist, hängt von der jeweils geltenden vertraglichen Regelung ab.
Ich hoffe das ich helfen konnte
Erstellt am 22.05.2007 um 09:02 Uhr von Gretchen
Hallo Benny,
vielen Dank für Deine ausführliche Antwort.
Es bleibt aber eine Frage offen. Inwieweit hat der BR hier ein Mitspracherecht.
Bei Überstunden muss der BR zustimmen.
Bei Mehrarbeit auch. Wie lange können Notfälle andauern, was sind außergewöhnliche Fälle?
Auf diese Weise kann jeder AG das BetrVG aushebeln mit dem Argument, es handelt sich um einen Notfall.
Die Frage aller Fragen, muss der BR gefragt werden wenn, auch wenn es sich "nur" um vorübergehende Mehrarbeit handelt?
Viele Grüße
Gretchen
Erstellt am 22.05.2007 um 09:13 Uhr von baccus
Hallo Gretchen,
Der Betriebsrat hat nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht bei der
»vorübergehenden Verlängerung (oder Verkürzung, siehe Kurzarbeit) der betriebsüblichen Arbeitszeit«.
Ein Notfall liegt deshalb nur in Extremsituationen vor (z.B. Brand, Explosionsgefahr, Überschwemmung). Die Betriebsparteien können aber eine Verfahrensregelung aufstellen, die den Arbeitgeber unter geregelten Voraussetzungen (nicht pauschal) ermächtigt, in Eil- und Notfällen einseitig Überstunden anzuordnen (BAG v. 17.11.1998, DB 1999, 854).
LG
Erstellt am 22.05.2007 um 09:23 Uhr von Benny
Hallo Gretchen
Der § 87 Abs 1. BetrVGZiffer 3 besagt, dass der Betriebsrat bei der Verlängerung der betrieblichen Arbeitszeit mitzubestimmen hat.
Nach dieser Bestimmung besteht das Mitbestimmungsrecht bei der Einführung von Überstunden, und zwar auch dann, wenn der Arbeitgeber diese nur für einen Arbeitnehmer anordnen will, sofern noch kein kollektiver Bezug vorliegt
Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates entfällt auch dann nicht, wenn die Arbeitnehmer sich auf Wunsch des Arbeitgebers freiwillig zur Überstundenleistung bereit erklären (BAG v. 10.6.86 AP Nr. 18 zu § 87 und BAG v. 11.11.86 AP Nr. 21 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit).
zum Notfall, wie baccus schon sagte
Gruß
Benny
Erstellt am 22.05.2007 um 19:13 Uhr von Gretchen
Liebe Kollegen,
ich möchte mich auf diesem Wege bei Euch herzlich bedanken. Ihr ward mir eine große Hilfe. Dieses Forum ist einfach großartig.
Vielen Dank
LG
Gretchen
Erstellt am 23.05.2007 um 09:27 Uhr von Robin H.
Gretchen,
habt ihr eine Gleitzeitregelung?
Gilt bei euch ein Tarifvertrag?
Wenn ja, steht da schon etwas zu diesem Thema drin?
Damit könnte das Mitbestimmungsrecht in bestimmten Fällen (und das von Dir geschilderte zähle ich dazu) nämlich schon verbraucht sein.