Erstellt am 22.05.2006 um 21:52 Uhr von Z.Ickig
"1 Frage: Ist dieses Bienenstich Urteil jetzt Gesetz? Muß nicht jeder Fall für sich und aktuell betrachtet werden vorallem wenn dadurch kaum ein Schaden für den AG entstanden ist?"
1. Antwort:
Das Bienenstich-Urteil ist kein Gesetz.
Ein Gesetz ist aber der § 242 StGB (Strafgesetzbuch).
Da heißt es:
§ 242
Diebstahl
(1) Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
Natürlich muß jeder Fall für sich und aktuell betrachtet werden. Ob dabei ein wirtschaftlicher Schaden oder "kaum ein Schaden" für den Arbeitgeber entsteht, ist aber nicht entscheidend, denn das Strafgesetz stellt nicht auf den Wert der gestohlenen Gegenstände ab. Demnach ist es auch eine Straftat, wenn an sich wertlose Sachen (z.B. Briefe, Fotos oder Müll) gestohlen werden.
"2 Frage: Sind wir als neuer BR dem AG gegenüber verpflichtet, nur weil der "alte" BRV dieses Schreiben an die Mitarbeiter mit unterschrieben hat, uns daran zu halten?
Das Schreiben des Arbeitgebers wäre auch ohne Unterschrift des Betriebsrates verbindlich und wirksam. In Eigentumsangelegenheiten gibt es keine Mitbestimmung des BR
Erstellt am 22.05.2006 um 22:06 Uhr von K.Etzer
In beiden o.g. Fällen wäre für mich eine Abmahnung ausreichend gewesen.
@ Fasi: Aha? Eine Abmahnung wäre ausreichend gewesen?
Stell dir doch mal folgende Situation vor:
Du gibst bei dir zu Hause eine Party.
Der gesamte BR ist eingeladen.
Auch der Arbeitgeber ist eingeladen.
Und der örtlich zuständige Gewerkschaftsekretär ist eingeladen.
Gegen Mitternacht verabschiedet sich dein Chef, der Arbeitgeber.
Als er dich infolge von ca. 2,52 Promille BAK herzlich umarmt und dir zum Abschied noch ins Ohr flüstert, wie sehr er doch mit dir zufrieden ist, fällt dir eine harte Ausbeulung in seiner Jackentasche auf.
Das erregt deinen Argwohn.
Also greifst da einfach da rein.
Und stellst fest:
der Sauhund hat aus eurem Badezimmer eine Pulle Eau de Cologne 4711 ( a pros pos: Hallo Kölner !!!!)
mitgehen lassen.
Was ist nun mit dem "Vertrauensverhältnis" zwischen dir und deinem Chef?
Ist das eventuell zerrüttet?
Mahnst du ihn bloß ab?
Oder was tust du?
Erstellt am 22.05.2006 um 22:11 Uhr von Kölner
@K.Etzer
4711 ist ein Sauzeug.
Erstellt am 22.05.2006 um 22:17 Uhr von Z.Ickig
*ächz
Schon wieder Harmonie!
(TOSCA ist viel schlimmer)
Erstellt am 22.05.2006 um 22:20 Uhr von Kölner
TOSCA ist auch (leider) aus Köln.
Erstellt am 22.05.2006 um 22:49 Uhr von FASI 1962
Hallo K.Etzer, Z.Ickig und Kölner,
so ein Zeug habe ich nicht im Badezimmer. Ich gebe zu, ja, ich hätte Probleme damit. Nun nimmt genannter Chef aber nicht 4711 oder TOSCA mit sondern ein Handtuch weil er so verschwitzt vom Tanzen ist (natürlich mit der Absicht dieses gewaschen zurück zu geben ). Die Eigentumsverhältnisse sind mir schon klar, das angekratzte Vertrauen wäre aber zu heilen.
Erstellt am 22.05.2006 um 22:51 Uhr von Ramses II
Noch schlimmer: TOSCA ist meine Schwägerin!
Erstellt am 22.05.2006 um 22:55 Uhr von Fayence
Du Ärmster! Was sagen da bloß Deine Geruchsnerven??
Erstellt am 22.05.2006 um 23:06 Uhr von Ramses II
Erstellt am 23.05.2006 um 05:19 Uhr von Z.Ickig
@ FASI: "Die Eigentumsverhältnisse sind mir schon klar, das angekratzte Vertrauen wäre aber zu heilen."
Was diesen Punkt betrifft, ist die Rechtsprechung vollkommen anderer Auffassung.
Lies dir doch mal das hier durch:
Pressemitteilung Nr. 83/03
Fristlose Kündigung - Diebstahl "geringwertiger" Sachen
Die Klägerin ist seit 1990 in dem Warenhaus der Beklagten als Verkäuferin tätig. Am 11. Januar 2002 war sie mit Aufräumarbeiten in der Spirituosenabteilung beschäftigt. Noch vor der Öffnung des Betriebs brachte sie eine Tragetasche mit 62 Minifläschchen Alkoholika und zwei angebrochenen Rollen Küchenpapier in die Telefonzentrale des Betriebs. Dabei handelte es sich um abgeschriebene Waren. Die von einer anderen Arbeitnehmerin informierte Teamleiterin untersuchte die Tasche gemeinsam mit dem Betriebsratsvorsitzenden, wartete jedoch das weitere Verhalten der Klägerin ab. Als diese zum Schichtende den Betrieb mit der gefüllten Tasche verlassen wollte, wurde sie mit dem Vorwurf des Diebstahls konfrontiert. Nach Anhörung des Betriebsrats kündigte die Beklagte der Klägerin fristlos.
Die Klägerin hält die Kündigung für unwirksam. Die Flaschen und das Küchenpapier seien zur Entsorgung vorgesehen gewesen. Wegen eines bevorstehenden Betriebsleiterwechsels habe sie den Verkaufsbereich in einen tadellosen Zustand versetzen wollen. Ihr sei damals nicht bewußt gewesen, daß sie zur Mitnahme abgeschriebener Ware um Erlaubnis hätte nachsuchen müssen. Die Beklagte macht geltend, unverkäufliche Ware werde, wenn sie noch brauchbar oder genußfähig sei, gemeinnützigen karitativen Einrichtungen zur Verfügung gestellt oder für Betriebsfeste verwendet. Das Küchenpapier hätte noch für weitere Reinigungsarbeiten im Betrieb verwendet werden können. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Die Revision der Beklagten führte zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.
Die Verletzung des Eigentums oder Vermögens des Arbeitgebers ist nicht nur - wie vom Landesarbeitsgericht angenommen - "unter Umständen", sondern stets als wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung an sich geeignet. Erst die Würdigung, ob dem Arbeitgeber deshalb die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist bzw. der vertragsgemäßen Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile unzumutbar ist, kann zur Feststellung der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung führen. Die Entscheidung, zu welchem Zweck abgeschriebene Ware noch verwendet werden kann, ist Sache des Betriebsinhabers. Selbst wenn er grundsätzlich bereit ist, derartige Waren an die Betriebsangehörigen zu verschenken, handeln diese grob vertragswidrig, wenn sie sie ohne Genehmigung einfach wegnehmen. Ein Arbeitnehmer in einem Warenhausbetrieb muß normalerweise davon ausgehen, daß er mit einem (versuchten) Diebstahl oder einer Unterschlagung auch geringwertiger Sachen im Betrieb seines Arbeitgebers seinen Arbeitsplatz aufs Spiel setzt.
Eine Abmahnung ist bei derartigen Pflichtverstößen regelmäßig nicht erforderlich.
Die Sache ist an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen worden, damit eine diese Grundsätze berücksichtigende Interessenabwägung nachgeholt werden kann.
BAG, Urteil vom 11. Dezember 2003 - 2 AZR 36/03 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 13. März 2002 - 14 Sa 1731/01 -
Erstellt am 23.05.2006 um 10:21 Uhr von Heinz
oh man oh man!
fest steht doch, wenn es sich um Eigentum des Arbeitgebers oder sonst irgendeiner Person handelt, ist es nicht mein Eigentum! An fremdem Eigentum darf ich mich nicht vergreifen. Wenn ich es trotzdem haben möchte, kann ich es klauen! ( blöde Lösung). Ich kann aber auch fragen: " Kann ich das haben?" Dafür haben wir alle Stimmbänder eingebaut bekommen. Braucht die andere Person das Ding nicht, kann sie es mir schenken. ( hat mein AG schon mit mir gemacht, obwohl wir nicht immer harmonisch miteinander umgehen). Ich verstehe überhaupt das Problem nicht!
Erstellt am 23.05.2006 um 18:40 Uhr von s.f.h.
Ich habe da zwei Fälle im Kopf, wo es um genau solche Dinge mit geringem Wert ging, bei denen die Kündigungen unwirksam waren.
In dem einen Fall ging es um eine Zigarre, die ein Mitarbeiter aus der (Besucher-) Zigarrenkiste auf dem Tisch des AG gemopst hatte und beim anderen Fall ging es um einen Briefumschlag im Wert von ein paar Pfennig.
Das ist zwar schon lange her, ich kann mir aber schon vorstellen, das es durchaus auch heute noch Situationen gibt, wo sich die Gerichte entsprechend entscheiden würden.
Erstellt am 23.05.2006 um 20:39 Uhr von Z.Ickig
Wenn das BAG sagt, die Verletzung von Eigentumsrechten ist STETS ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung, dann meint es das auch.
Fertich, Ende , aus!
Vielleicht stammen die Entscheidungen, die du meinst, von einem einfachen Arbeitsgericht und wurden in nächster Instanz wieder aufgehoben bzw. zurückverwiesen.
Erstellt am 23.05.2006 um 20:51 Uhr von Fayence
@ Z.Ickig
Nicht ärgern! Bereits die Fragestellung ist rein hypothetischer Natur!
"Wenn uns nun eine Anhörung zur Kündigung wegen Diebstahl ( im letzten 1/2 Jahr 2 Stück ) vorgelegt wird, ..."
Erstellt am 23.05.2006 um 21:08 Uhr von Z.Ickig
Wo du recht hast, hast du recht!
Das war ja bloß rein hypothetisch.
Bestimmt klaut da niemand niemals nimmer nicht mehr.
(weil er ja sofort fristlos rausfliegen würde)
*grins
Erstellt am 23.05.2006 um 22:25 Uhr von s.f.h.
Hallo Z.Ickig
Ist durchaus möglich, dass es untere Gerichtsinstanzen waren. Über dieses Thema liesse sich aber dennoch vortrefflich streiten, weil es mit Sicherheit noch genügend Sondersituationen gibt, die ein anderes Bild zeichnen würden.
Man denke z.B. an einen Mitarbeiter, der Überstunden macht und als letzter das Büro verlässt. Da es spät ist, kann er keine Briefumschläge mehr kaufen, er muß aber noch unbedingt einen Brief einwerfen. Leider ist auch keiner mehr da, den er fragen kann. Nur das Überwachungssystem läuft schon/noch...
Würden auch hier vorbehaltlos die Eigentumsrechte und daraus resultierende Kündigungsgründe des ArbGeb gelten? Ein Wert von wenigen Cent, der in einer durch Firmeninteressen entstandene Notsituation entwendet wurde. Ein Grund für eine ausserordentlichen Kündigung?
Aber egal, gehört vielleicht auch nicht hierhin. Mir fallen eben immer sofort so Situationen ein, wenn es um Eindeutigkeiten geht. :~)
Erstellt am 23.05.2006 um 22:43 Uhr von Ramses II
s.f.h.,
den von Dir im Beitrag 30234 benannten Zigarrenfall kenne ich nicht, dazu kann ich nichts sagen.
Was den Briefumschlagfall angeht ist es zwar richtig dass die Kündigung letztendlich "gekippt" wurde, aber nur deshalb weil der Arbeitgeber nicht nachweisen konnte dass es sich um einen gestohlenen "neuwertigen" Umschlag handelte und nicht um einen den der AN erlaubtermaßen aus einem Altpapiercontainer entnommen hatte.
Dann war da meiner Erinnerung nach noch etwas mit einer Briefmarke bei der auch nicht nachgewiesen werden konnte dass es sich um eine neue Briefmarke aus dem Bestand des Arbeitgebers gehandelt hat und nicht um eine "recycelte" Briefmarke die auf dem Postweg nicht abgestempelt worden war.
Das Gericht hatte in diesem Falle keinen Zweifel daran gelassen dass auch der Diebstahl dieser geringwertigen Güter an und für sich für eine außerordentliche Kündigung ausreichend gewesen wäre.
Ebenfalls unpassend wäre hier das "Fraport"-Urteil, bei welchem man ja auch nicht folgern darf, dass der Diebstahl aus Koffern von Flugpassagieren nicht ausreichend für eine Kündigung ist.
Dein Beispiel mit dem AN der Überstunden macht und spät das Büro verlässt und nun in seiner Verzweiflung ... passt ja auch überhaupt nicht. Was soll das denn für eine "Notsituation" sein?
Warum hat denn der Arbeitnehmer nicht zuvor den Arbeitgeber darauf aufmerksam gemacht dass er noch zur Post muss einen Umschlag kaufen?
Erstellt am 23.05.2006 um 23:06 Uhr von s.f.h.
Hallo Ramses II
Wie gesagt, darüber lässt sich vortrefflich streiten. Ich habe hier noch nicht mal nach der u.U. in Frage kommenden Kündigung an sich gefragt, sondern ausdrücklich nach der ausserordentlichen.
Ich könnte jetzt natürlich die Geschichte weiterspinnen, um z.B. zu zeigen, warum er seinen ArbGeb nicht fragen konnte. Vielleicht noch garniert mit dem Hinweis, das sein Überstundeneinsatz einen wichtigen Auftrag gesichert hat...
Aber das wäre müssig. Der Briefumschlagfall, den du da so schön dargestellt hast, ist ein Beispiel aus der Realität, das ich besser nicht konstruieren könnte. Es ging mir ja um nichts anderes als genau solche Sonderfälle, die dann eben doch anders entschieden werden. ;~)
Erstellt am 23.05.2006 um 23:52 Uhr von ISAAK
...--Briefumschlaganfall---...