Erstellt am 14.05.2006 um 18:44 Uhr von Kölner
@Marc
Interessant finde ich ja immer die Motivation hinter einer solchen Frage.
Aber machen wir es vom Gesetz her erst einmal den Sachverhalt deutlich. Der BR tagt nicht öffentlich (§ 30 BetrVG). Ein Protokoll/die Sitzungsniederschrift ist eine Privaturkunde und ebenfalls nicht öffentlich zugänglich zu machen (§ 34 BetrVG).
Und was kann das dann nur für das Abstimmungsverhalten, Redebeiträge usw. einzelner BRM's heissen?
§ 23 Abs. 1 BetrVG kann wirken - wenn der BR (als Gremium) sich nur einmal öfters entscheiden würde diesen Paragrafen auch zu nutzen!
Erstellt am 14.05.2006 um 18:51 Uhr von Sonja
Es gibt verschiedenen Verschwiegenheitspflichten für Betriebsratsmitglieder
1. vereinbarte, d.h. vom Betriebsrat beschlossene Pflichten zur Verschwiegenheit (ist umstritten, ob das z.B. mit einer Geschäftsordnung geht)
2. gesetzlich geregelte Pflichten zur Verschwiegenheit.
Dazu gehören:
- Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse ( BetrVG § 79)
- Personalangelegenheiten ( BetrVG §§ 99 Abs. 1 Satz 3 und 102 Abs. 2 Satz 5)
- Beiziehung eines Betriebsratsmitglieds bei Arbeitnehmerbeschwerden (BetrVG §§ 82 Abs. 2 und 83 Abs. 1)
Wirtschaftsausschuß ( BetrVG § 107 Abs. 3 Satz 4)
Die Pflicht zur Verschwiegenheit gilt grundsätzlich nur gegenüber Dritten, nicht gegenüber anderen Betriebsatsmitgliedern. Ausnahme: §§ 82 Abs. 2 und 83 Abs. 1 BetrVG (Arbeitnehmerbeschwerden).
§ 23 Abs. 1 BetrVG ist die einzige Sanktionsvorschrift, wenn sie gegen ihre Pflichten als Betriebsratsmitglied verstoßen sollten. Folge: Das Arbeitsgericht kann ihnen ihr Betriebsratsmandat aberkennen, wenn ein Antrag der Belegschaft (25%), des Arbeitgebers, einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft oder des Betriebsrats vorliegt und sie ihre gesetzlichen Pflichten als Betriebsratsmitglied grob verletzt haben.
Viel wichtiger ist: Der Arbeitgeber hat keinerlei juristische Sanktionsmöglichkeiten, wenn sie im Betriebsrat an Entscheidungen mitgewirkt haben, die ihm nicht gefallen!
Erstellt am 14.05.2006 um 20:42 Uhr von Marc
Liebe Sonja, lieber Kölner,
ich bedanke mich für euere Antworten (auch wenn ich nicht den Hintergrund meiner Frage preisgegeben habe ;-) )
Wenn ich nach Durchsicht der Paragraphen richtig liege, beziehen sich die Verschwiegenheitspflichten in den §§ 99/1, 102/2, 82/2 und 83/1 BetrVG auf persönliche Verhältnisse usw. des Arbeitnehmers.
§ 30 BetrVG sagt meiner Meinung nach nur aus, dass die Sitzungen des BR nicht öffentlich sind. - Es kann also niemand kommen und sagen, dass er an der Sitzung teilnehmen möchte, wenn er nicht im BR ist.
Wie kann ich aber daraus eine Verschwiegenheit über den Inhalt der Sitzung im Nachhinein ableiten?
§ 34 regelt die Notwendigkeiten bei Sitzungsniederschriften. Wer bekommt was, wer kann welche Unterlagen einsehen. Aber auch daraus kann ich noch keine Verschwiegenheitspflicht über Inhalt einer BR-Sitzung ableiten.
Wie kann ein Gremium verhindern, dass ein BR oder ein Ersatzmitglied immer wieder Sitzungsinhalte, Beiträge und Meinungen seiner BR-Kollegen oder schlimmer, die Taktik des Gremiums bei wichtigen Verhandlungen im Voraus an Dritte, z. Bsp. den Ag weitergibt.
Das die einzelnen BR-Mitglieder vor Sanktionen des AG´s wg. ihrer BR-Tätigkeit geschützt sind, ist gut und schön, hilft in solchen Situationen aber dem Gremium bei der Erfüllung seiner Aufgabe nicht weiter. Das der Mund gehalten wird und man sich auf seine BR-Kollegen verlassen kann, ist mindestens genauso wichtig.
Gruß Marc
Erstellt am 14.05.2006 um 20:51 Uhr von Kölner
@Marc
Da ist sie doch, die Motivation!
Und jetzt empfehle ich Dir die Kommentierungen zu den ganzen Paragraphen, sowie die Rechtsprechung....weil alles andere würde den Rahmen sprengen!
Erstellt am 14.05.2006 um 21:20 Uhr von Sonja
@Marc
Jetzt kennst Du die Paragraphen. Was Hilft das im Einzelfall? Nichts!
Mein Tipp: Spreche das Thema offen auf der BR-Sitzung an, wenn der betroffene dabei ist. Du wirst sehen, das verfehlt die Wirkung nicht.
Erstellt am 15.05.2006 um 07:29 Uhr von bernd
Hallo Marc,
im Basiskommentar zum BetrVG von Gnade steht zum §79 in der Rn3, dass es keine generelle Pflicht zum Stillschweigen über BR-Sitzungen gibt, aber, eine entsprechende Verschwiegenheitspflicht gegenüber dem AG kann sich aus der Natur der Sache ergeben, z.B bei vertraulichen oder internen Überlegungen hinsichtlich eines Vorgehens des BR gegenüber dem AG. Der Kommentar nennt dazu folgende Quellen: BAG vom 5.9.67, AP Nr. 8 zu § 37 BetrVG; LAG München, DB 78, 894.
Erstellt am 15.05.2006 um 07:59 Uhr von Fayence
"ich bedanke mich für euere Antworten (auch wenn ich nicht den Hintergrund meiner Frage preisgegeben habe ;-) )"
Marc,
wenn ich solche Kommentare lesen, krieg ich die Krise. Salamitaktik? Wir nähern uns scheibchenweise der Antwort, die in Deinem Sinne ist?
Was hältst Du denn von einer Rechtsberatung? Ein RA unterliegt der Schweigepflicht und kann Dir auch noch eine juristisch gesicherte Auskunft angedeihen lassen!
Erstellt am 15.05.2006 um 13:49 Uhr von Fayence
Nachtrag, da dieses Thema wohl mehr oder weniger uns Alle betriftt.
Däubler 10. Aufl., §30, RN 14
Da sich für die BR-Mitglieder Solidaritätspflichten ergeben, ist es nicht zulässig, dass überstimmte BR-Mitglieder eine solche Tatsache und ihre Ansicht zu der anstehenden Frage dem AG mitteilen. Ferner haben die BR-Mitglieder darauf zu achten, dass die Funktionsfähigkeit des BR nicht durch unangebrachte Indiskretion beeinträchtigt wird. Bei schwerwiegenden Verstössen kann gemäß §23 Abs. 1 ein Ausschluss aus dem BR oder eine Bestrafung nach §119 Abs. 1 Nr. 2 in Betracht kommen.