„Kann der WV die Arbeit dann trotzdem fortsetzen?“
Wenn sich im Betrieb keine weiteren finden, die von einem BR oder Wahlversammlung nachträglich benannt werden können, würde ich das so sehen.
Zumal es hier auch mehr als fraglich sein dürfte, ob eine Wahl einfach abgebrochen werden dürfte, was ja bei einem komplett neuen WV der Fall wäre, wenn ein WV nur unterbesetzt ist. Siehe hierzu das unter Punkt 6 vom BAG aufgeführte.
Weder das BetrVG noch die WO regelt ausdrücklich, ob und unter welchen Voraussetzungen eine eingeleitete Betriebsratswahl abzubrechen ist.
Die Frage, unter welchen Voraussetzungen es einem WV untersagt werden kann, eine von ihm eingeleitete Betriebsratswahl weiter durchzuführen, ist in der Rechtsprechung und Schrifttum auch umstritten. Werden diese Themen doch eher in einem einstweiligen Verfügungsverfahren ausgetragen - welche dann auch so gut wie immer vor einem LAG enden und somit das BAG gar nicht erst erreichen, fehlt es hier an einer höchstrichterlichen Rechtsprechung.
Es fehlt aber nicht an vom BAG auf gesetzliche Grundsätze abstellende Auslegungsentscheidungen.
Da ein AG hier derjenige ist, der die Kosten einer Wahl zu tragen hat, hat er einen Anspruch darauf, dass eine nichtige Betriebsratswahl auch nicht durchgeführt wird.
Ob sie aber wirklich nichtig ist, hängt dann von so einigen Faktoren ab.
Daher gilt es hier ein paar Grundsätze zu beachten:
1. Die bloße Anfechtbarkeit genügt nicht.
2. Würde schon im Fall der voraussichtlich sicheren Anfechtbarkeit der bevorstehenden Wahl ein Abbruch zulassen, würde verhindert, dass zumindest vorläufig ein BR zustande kommt, wie es das BetrVG vorsieht. So das BAG.
3. Ein Unterlassungsanspruch des AG besteht auch nur dann, wenn das Gremium, das als WV auftritt, in dieser Funktion überhaupt nicht oder in nichtiger Weise bestellt wurde.
4. Der gerichtliche Abbruch einer Betriebsratswahl aufgrund von Mängeln des Wahlverfahrens kommt auch nur in Betracht, wenn die Wahl voraussichtlich nichtig wäre.
5. Auch Fehler bei der Bestellung des Wahlvorstands sind nicht so schwerwiegend, dass sie die Nichtigkeit der Betriebsratswahl zur Folge hätten.
6. Auszug aus BAG Beschl. v. 27.07.2011, Az.: 7 ABR 61/10 RN 33 - 39
Das BetrVG will betriebsratslose Zustände möglichst vermeiden (vgl. BAG 31. Mai 2000 - 7 ABR 78/98
Das zeigen nicht nur die gesetzlichen Regelungen des Übergangs- und des Restmandats in §§ 21a und 21b BetrVG sowie der Weiterführung der Geschäfte des Betriebsrats nach § 22 BetrVG. Der Gesetzeszweck kommt auch in § 1 BetrVG zum Ausdruck. Die Bestimmung lässt den Willen des Gesetzgebers erkennen, dass möglichst in jedem betriebsratsfähigen Betrieb ein Betriebsrat besteht. Die Vorschriften, die die Betriebsratswahl regeln, sind daher so auszulegen, dass der Gesetzeszweck, Betriebsräte zu bilden, möglichst erreicht wird (vgl. schon BAG 14. Dezember 1965 - 1 ABR 6/65 - zu 5 a der Gründe, BAGE 18, 41).
Eine Betriebsratswahl ist nur in ganz besonderen Ausnahmefällen nichtig. Voraussetzung dafür ist, dass gegen allgemeine Grundsätze jeder ordnungsgemäßen Wahl in so hohem Maß verstoßen wird, dass auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht mehr besteht. Es muss sich um einen offensichtlichen und besonders groben Verstoß gegen Wahlvorschriften handeln (vgl. für die st. Rspr. BAG 21. Juli 2004 - 7 ABR 57/03 - zu B II 1 b bb (1) der Gründe mwN, AP BetrVG 1972 § 4 Nr. 15 = EzA BetrVG 2001 § 4 Nr. 1).
Somit dürfte die Weiterführung der Wahl mit einem Reduziertem WV, dass kleinere Übel sein.