Hallo derorion,
hier die RN 81 zu den § 3 BetrVG:
"Zu den eher traditionellen Sachverhalten, die von dieser Alternative der Nr. 3 erfasst sein können, gehört die Bildung eines BR für zwei oder mehr Betriebe bzw. Betriebsteile verschiedener UN, die miteinander kooperieren. Insoweit schließt der Tatbestand die von Abs. 1 Nr. 1 hinterlassene Lücke, weil dort nur mehrere Betriebe desselben UN zusammengefasst werden können und der gemB mehrerer UN gerade nicht durch TV nach Nr. 1 hergestellt werden kann (vgl. Rn. 27). Nr. 3 lässt dagegen den gemeinsamen BR für Betriebe verschiedener UN zu (verneint nach altem aber grundsätzlich bejaht nach neuem Recht durch BAG 10. 11. 04, EzA § 3 BetrVG 2001 Nr. 1 für sog. »Standortbetriebsräte« verschiedener UN am selben Ort; ebenso ErfK-Eisemann/Koch, Rn. 6; Fitting, Rn. 49). Auch nach neuem Recht ist es aber unzulässig, die Etablierung tariflicher »Standort-BR« vom zusätzlich erforderlichen Zustimmungsvotum der AN abhängig zu machen: dadurch würde der TV unwirksam (BAG 10. 11. 04, a. a. O.; vgl. auch Rn. 172). Weil diese Art der Zusammenfassung nur durch TV erlaubt ist, können sich die Betriebsparteien nicht im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs auf die unternehmensübergreifende Bildung betriebsratsfähiger Organisationseinheiten nach dieser Vorschrift verständigen (vgl. LAG Hamm 29. 3. 06 – 13 TaBV 26/06). Geschieht dies dennoch, kann in einem solchen Vergleich u. U. aber ein sog. Tatsachenvergleich gesehen werden, der die Feststellung eines echten oder vermuteten gemB (§ 1 Abs. 1 Satz 2, § 1 Abs. 2) zum Inhalt hat. Die Gestaltungsmöglichkeit nach Nr. 3 kann damit helfen, trotz unternehmensrechtlicher Umstrukturierungen (UN-Spaltung) eine bewährte Struktur der AN-Vertretung dauerhaft zu bewahren (vgl. auch Däubler, AuR 01, 285 [288]), selbst wenn die Voraussetzungen eines gemB nicht vorliegen bzw. das sich auf maximal 12 Monate belaufende Übergangsmandat gem. § 21 a keine genügende Kontinuität ermöglicht. Dies ist vor allem dort zu bedenken, wo die Rspr. des BAG die Annahme eines gemB mit dem Hinweis darauf versagt, dass die Zusammenarbeit rechtlich selbstständiger UN auf der Basis von Organverträgen nicht genüge (vgl. § 1 Rn. 75 b; BAG 29. 4. 99, NZA 99, 932 [933] m. w. N. und wiederum BAG 18. 10. 00, DB 01, 1729 [1731]). Soweit – wie auch sonst erforderlich – die »Dienlichkeit« zu bejahen ist, wird man auf Grundlage des Abs. 1 Nr. 3 auch die tarifliche Zusammenfassung von Betrieben verschiedener UN innerhalb von Regionen und nicht nur am räumlich begrenzten Standort für zulässig halten müssen, die nach Abs. 1 Nr. 1 gerade nicht möglich ist (ebenso Sobotta, S. 104 f.). Ein bedeutsamer Anwendungsbereich eröffnet sich für Nr. 3 bei UN der Energieversorgung, die auf Grund von §§ 7 ff. EnwG (BGBl. 2005, Teil I S. 1970 ff.) zur gesellschaftsrechtlichen Abtrennung ihres Netzbetriebs verpflichtet sind und damit häufig nicht mehr die Voraussetzungen des gemB erfüllen werden (zu gesellschaftsrechtl. Aspekten dieses »legal-unbundling« Säcker, DB 04, 691 ff.; zu arbeitsrechtlichen Folgen Seitz/Werner, BB 05, 1961 ff.). Nunmehr ließe sich auch – wie schon in Frankreich mit den dortigen »délégués du site« (dazu Gamillscheg, FS Molitor, S. 133 [147]) – eine AN-Vertretung für räumlich eng zusammengefasste Ansammlungen von Kleinbetrieben auf Flughäfen, Bahnhöfen, in Ladenstraßen, Einkaufsparks, aber auch in Bürohäusern oder Technologiezentren einrichten (vgl. Däubler, Das Arbeitsrecht 1, Rn. 753 v: Leipziger Hauptbahnhof). Voraussetzung bleibt aber auch dann eine Zusammenarbeit dieser verschiedenen UN (vgl. Rn. 80). Sofern bei Franchising-Systemen (dazu § 5 Rn. 66; Vor § 54 Rn. 90; Kulms, S. 113) nicht ohnehin bereits eine KBR-Struktur errichtet werden kann (§ 5 Rn. 70 m. w. N.), ließe sich daran denken, für die (meist kleinen) Betriebe der Franchisepartner eine einheitliche Interessenvertretung nach Abs. 1 Nr. 3 zu errichten. Bedenkenswert erscheint der Vorschlag, die Norm auch zur Herstellung betriebsverfassungsgleicher Einrichtungen in Betrieben mit deutschen AN im Ausland zu nutzen (Gamillscheg, Kollektives Arbeitsrecht, Bd. II, S. 226) oder Anwendbarkeitszweifel bei betriebsverfassungsrechtlichen Sachverhalten mit Auslandsberührung auszuräumen."