Erstellt am 11.05.2006 um 23:01 Uhr von Klaus
Falsch, Ersatzmitglieder haben erst dann Anspruch auf Seminare, wenn sie nachgerückt sind. Bis dahin dürfen nur die Mitglieder des BR Seminare besuchen. §37 BetrVG spricht ausdrücklich von "Mitgliedern des Betriebsrates", was die Nachrücker ausschließt. Euer AG hat also Recht. Ich würde dem Kollegen daher dringend davon abraten, einfach trotzdem zum Seminar zu fahren.
Viele Grüße
Klaus
Erstellt am 12.05.2006 um 08:14 Uhr von Gevatter
Ich habe jetzt keine Unterlagen zur Hand, aber soweit ich mich erinnern kann, gibt es ein BAG Urteil dazu. (Siehe Kommentierung §25 BetrVG). Natürlich kann nicht jedes Ersatzmitglied an Seminaren teilnehmen, aber dieses Ersatzmitglied rückt recht häufig nach, da die ersten beiden festen Mitglieder und das Ersatzmitglied jeweils in verschiedenen Freizeitgruppen sind und sich auch die jeweilige Jahresurlaubsplanung nicht überschneidet. Sicher können auch Ersatzmitglieder unter bestimmten Voraussetzungen an Seminaren teilnehmen. Das nur feste BR's an Seminaren teilnehmen dürfen, halte ich für falsch.
Erstellt am 12.05.2006 um 09:34 Uhr von Klaus
OK, ich habe dazu noch ein wenig gegoogelt, es gibt tatsächlich ein Urteil des BAG dazu: 19.09.2001 – 7 ABR 32/00.
In Kurzform: eigentlich dürfen nur die Mitglieder des BR zu Seminaren, in besonderen Fällen aber auch Nachrücker.
Ein Auszug aus dem zitierten Urteil:
"Der Betriebsrat kann ein Ersatzmitglied zu einer Schulungsveranstaltung entsenden, wenn dies im Einzelfall zur Gewährleistung der Arbeitsfähigkeit des Betriebsrats erforderlich ist. Die für die Schulung ordentlicher Betriebsratsmitglieder geltenden Grundsätze können auf nur zeitweilig nachrückende Betriebsratsmitglieder nicht uneingeschränkt übertragen werden. Allerdings übt auch ein Ersatzmitglied während der Vertretungszeit sein Amt in eigener Verantwortung aus. Dennoch ist die Erforderlichkeit der Schulung in betriebsverfassungsrechtlichem Grundwissen bei Ersatzmitgliedern anders zu beurteilen als bei ordentlichen, ständig heranzuziehenden Betriebsratsmitgliedern. Sie lässt sich insbesondere nicht generell bejahen. Vielmehr darf der Betriebsrat die Schulung von Ersatzmitgliedern nur unter besonderen Umständen für erforderlich halten. So genügt allein die Erwartung von Vertretungsfällen auf Grund des Urlaubs oder der vorübergehenden Erkrankung ordentlicher Betriebsratsmitglieder zur Rechtfertigung der Schulung von Ersatzmitgliedern nicht. Vielmehr hat der Betriebsrat in diesen Fällen zu prüfen, ob er seine Arbeitsfähigkeit nicht durch andere ihm zumutbare und den Arbeitgeber finanziell weniger belastende Massnahmen gewährleisten kann. So kann es im Einzelfall dem Betriebsrat zumutbar sein, einem vorübergehend nachrückenden Ersatzmitglied etwa erforderliche betriebsverfassungsrechtliche Informationen und Erläuterungen zu den in der Betriebsratssitzung anstehenden Fragen entweder bereits mit der Ladung und der Übersendung der Tagesordnung durch den Betriebsratsvorsitzenden oder in der Sitzung selbst durch die anderen Betriebsratsmitglieder zu geben.
...
Gleichwohl können durch die voraussichtliche, in zumutbarer Weise nicht zu vermeidende Heranziehung von Ersatzmitgliedern für die Arbeit des Betriebsrats Schwierigkeiten und Reibungsverluste entstehen, die so belastend sind, dass der Betriebsrat auch unter Berücksichtigung der hiermit für den Arbeitgeber verbundenen Kostenbelastung eine Schulung von Ersatzmitgliedern für erforderlich halten darf. Bei der vom Betriebsrat insoweit vorzunehmenden Beurteilung kann er die bereits entstandenen Schwierigkeiten berücksichtigen. Von Bedeutung kann aber auch sein, ob ein Ersatzmitglied etwa durch häufige Heranziehung in früheren Amtsperioden bereits über Kenntnisse und Erfahrungen im Betriebsverfassungsrecht verfügt. Vor allem spielen jedoch die zu erwartende Dauer und Häufigkeit der Heranziehung des Ersatzmitglieds eine wesentliche Rolle. Der Betriebsrat hat insoweit eine auf Tatsachen gegründete Prognose anzustellen. Dabei kann der Vergangenheit eine gewisse Indizwirkung zukommen. Von Bedeutung sind aber auch weitere Umstände, wie insbesondere die Betriebsgrösse, die Anzahl der im Betriebsrat vertretenen Gruppen und Listen, das Vorhandensein von Betriebsferien oder der langfristige Ausfall bestimmter Betriebsratsmitglieder."
- BAG 19.9.2001 - 7 ABR 32/00 = DB 2002, 51 -
Viele Grüße
Klaus
Erstellt am 12.05.2006 um 10:59 Uhr von Gevatter
Danke dir für die Mühe Klaus. Da wir nachweisen können, daß das Ersatzmitglied mindestens an jeder 3. Sitzung teilnehmen wird und zudem noch nie an einem Seminar teilgenommen hat, machen wir uns im Sinne des Gesetzes eigentlich keine Sorgen. Unser Personalchef hegt aber gegen dieses Ersatzmitglied einen unbändigen Haß und droht ihm, wenn keine Zeugen in der Nähe sind.