Tarifvertrag - unmittelbare Wirkung - Günstigkeitsprinzip
BAG 4 AZR 489/19 vom 13. Mai 2020
Die Tarifvertragsparteien können Ansprüche aus den zwischen ihnen vereinbarten tariflichen Inhaltsnormen nicht davon abhängig machen, das die tarifgebundenen Arbeitsvertragsparteien eine vertragliche Bezugnahme auf die für den Arbeitgeber jeweils gültigen Tarifverträge vereinbaren. Eine solche "arbeitsvertragliche Nachvollziehung" von Tarifverträgen als Anspruchsvoraussetzung umgeht die gesetzlich angeordnete unmittelbare Wirkung der Rechtsnormen eines Tarifvertrags nach § 4 Abs. 1 TVG sowie das in § 4 Abs. 3 TVG verankerte Günstigkeitsprinzip und ist daher unwirksam.
Partizipationsstreiks
ArbG 4 Ga 7529/19 vom 27. Juni 2019
Das ArbG Berlin hat der Gewerkschaft ver.di für einen begrenzten Zeitraum die Durchführung von Partizipationsstreiks in den Karstadt-Warenhäusern untersagt.
Bevorzugung von Gewerkschaftsmitgliedern
BVerfG 1 BvR 1278/16 vom 14. Nov. 2018
Die Verfassungsbeschwerde betrifft differenzierende Bestimmungen in einem Sozialtarifvertrag hier wegen Überbrückungs- und Abfindungsleistungen. Der Beschwerdeführer ist, da er keiner Gewerkschaft angehörte, allein arbeitsvertraglich und durch einen Sozialplan begünstigt worden.
Tarifzuständigkeit - Antragsbefugnis
BAG 1 ABR 13/14 vom 26. Jan. 2016
Die Beteiligten streiten über die Tarifzuständigkeiten von Mitgliedsgewerkschaften des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) für mehrere mit dem Bundesverband Zeitarbeit Personal-Dienstleistungen e.V. (BZA) geschlossene Tarifverträge.
Anrechnung von Tariflohnerhöhungen auf übertarifliche Zulagen - Mitbestimmung des Betriebsrats
BAG 1 AZR 998/94 vom 27. Juni 1995
Beim Mitbestimmungstatbestand des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG richtet sich die Abgrenzung von Einzelfallgestaltungen zu kollektiven Tatbeständen danach, ob es um Strukturformen des Entgelts einschließlich ihrer näheren Vollzugsform geht oder nicht. Die Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer kann dabei als Indiz herangezogen werden.
Anrechnung von Tariferhöhung auf übertarifliche Zulagen
BAG 1 ABR 41/94 vom 14. Feb. 1995
Sieht ein Tarifvertrag eine Tariferhöhung in zwei Stufen vor und verrechnet der Arbeitgeber nur die zweite, nicht aber die erste Tariferhöhung mit übertariflichen Zulagen, so hängt das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats davon ab, ob die beiden unterschiedlichen Reaktionen des Arbeitgebers Teile eines einheitlichen Regelungskonzeptes bilden und eine Veränderung der Verteilungsgrundsätze bewirken.
Anrechnung einer Tariflohnerhöhung auf übertarifliche Zulagen - Mitbestimmung des Betriebsrats
BAG 1 AZR 565/94 vom 14. Feb. 1995
Will ein Arbeitgeber übertarifliche Zulagen, die er in unterschiedlicher Höhe gewährt, voll auf eine neugeschaffene tarifliche Zulage anrechnen, so hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs 1 Nr 10 BetrVG, wenn trotz der vollen Anrechnung noch ein Regelungsspielraum verbleibt. Das ist ausnahmsweise dann anzunehmen, wenn gleichzeitig mit der Einführung der neuen Tarifzulage auch die Tarifgehälter linear erhöht werden und der Arbeitgeber nicht nur die Tarifgehälter entsprechend anhebt, sondern auch - ohne Rechtspflicht - seine übertariflichen Zulagen.
Anrechnung einer Tariferhöhung auf übertarifliche Zulagen in zweistufigem Verfahren
BAG 1 ABR 19/94 vom 17. Jan. 1995
Beruhen die volle Anrechnung einer Tariferhöhung auf übertarifliche Zulagen und die wenig später erklärte Zusage einer neuen übertariflichen Leistung auf einer einheitlichen Konzeption des Arbeitgebers, so liegt hierin eine insgesamt mitbestimmungspflichtige Änderung der Entlohnungsgrundsätze.
Tariferhöhung, übertarifliches Gehalt und Mitbestimmung
BAG 1 AZR 870/93 vom 27. Sep. 1994
Schafft ein Arbeitgeber zur übertariflichen Vergütung von Angestellten oberhalb der höchsten Tarifgruppe weitere Gehaltsgruppen, innerhalb deren zwar ein Spielraum für individuelle Gehaltsabsprachen bleibt, deren Untergrenzen aber in einem bestimmten Verhältnis zueinander sowie zur höchsten Tarifgruppe stehen, so handelt es sich dabei um eine Regelung der betrieblichen Lohngestaltung, deren Änderung der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegt, soweit nicht leitende Angestellte betroffen sind.
Anrechnung einer Tariflohnerhöhung auf übertarifliche Zulagen - Auslegung einer Betriebsvereinbarung
BAG 1 ABR 52/93 vom 20. Apr. 1994
Nach der Entscheidung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 3. Dezember 1991 unterliegt die Anrechnung einer Tariflohnerhöhung auf übertarifliche Zulagen gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG nur dann und insoweit der Mitbestimmung, als sich die Verteilungsgrundsätze ändern und darüber hinaus für eine anderweitige Anrechnung bzw. Kürzung ein Regelungsspielraum verbleibt. Mitbestimmungsfrei ist hingegen die vollständige und gleichmäßige Anrechnung auf alle Zulagen.
Mitbestimmung des Betriebsrats bei Anrechnung von Tariflohnerhöhungen auf übertarifliche Zulagen - tarifliche Alterssicherung und Gleichbehandlung
BAG 1 AZR 582/92 vom 23. März 1993
Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bei der Anrechnung von Tariflohnerhöhungen auf übertarifliche Zulagen erstreckt sich nur auf kollektive Tatbestände. Wird die Tariflohnerhöhung bei voller Weitergabe an alle anderen Arbeitnehmer nur gegenüber Arbeitnehmern angerechnet, deren jetzige Tätigkeit nicht mehr ihrer durch eine tarifliche Alterssicherung geschützten Eingruppierung entspricht, ist von einem kollektiven Tatbestand auszugehen.
Anrechnung von Tariflohnerhöhung auf Wechselschichtzulage
BAG 1 AZR 520/92 vom 23. März 1993
Die Zulage zur Abgeltung der mit dem Vier-Schicht-Betrieb verbundenen besonderen Belastungen ist tarifbeständig, wenn kein Anrechnungsvorbehalt ausdrücklich vereinbart worden ist.
Anrechnung von Tariflohnerhöhung
BAG 1 AZR 400/92 vom 26. Jan. 1993
Individualrechtlich zulässig ist es, eine Tariflohnerhöhung auf eine freiwillige übertarifliche Zulage anzurechnen, wenn diese nicht tariffest ist.
Mitbestimmung bei Anrechnung von Prämienerhöhungen
BAG 1 AZR 183/92 vom 10. Nov. 1992
Der Betriebsrat hat mitzubestimmen bei der Anrechnung einer in einer Betriebsvereinbarung vereinbarten Prämienlohnerhöhung auf übertarifliche Leistungen. Der Arbeitgeber hat in einer nach § 87 Abs. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtigen Angelegenheit vor einer geplanten Maßnahme an den Betriebsrat heranzutreten. Tut er dies nicht und gibt der Betriebsrat von sich aus keine Stellungnahme zu der vom Arbeitgeber geplanten Maßnahme ab, so kann in dem Verhalten des Betriebsrats keine Zustimmung zu der Maßnahme gesehen werden.
Mitbestimmung des Betriebsrats bei Anrechnung von Tariflohnerhöhungen auf übertarifliche Zulagen sowie bei Anhebung der Gehälter von AT-Angestellten
BAG 1 ABR 17/92 vom 27. Okt. 1992
Ein das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bei der Anrechnung von Tariflohnerhöhungen auf übertarifliche Zulagen begründender kollektiver Tatbestand liegt in der Regel vor, wenn die Anrechnung aus Leistungsgründen erfolgt, wegen der Kürze der Betriebszugehörigkeit bzw. der absehbaren Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder wegen einer zuvor stattgefundenen Gehaltsanhebung. Kein kollektiver Tatbestand ist hingegen anzunehmen, wenn die Anrechnung auf Wunsch eines Arbeitnehmers zur Vermeidung steuerlicher Nachteile vorgenommen wird.
Mitbestimmung des Betriebsrats bei Anrechnung von Tariflohnerhöhungen auf übertarifliche Zulagen
BAG 1 AZR 461/90 vom 22. Sep. 1992
Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bei der Anrechnung von Tariflohnerhöhungen auf übertarifliche Zulagen erstreckt sich nur auf kollektive Tatbestände. Wird die Tariflohnerhöhung gegenüber einem einzelnen Arbeitnehmer mit Rücksicht darauf angerechnet, dass dieser trotz Umsetzung auf einen tariflich niedriger bewerteten Arbeitsplatz unverändert die bisherige Vergütung erhält, handelt es sich dabei in der Regel nicht um einen der Mitbestimmung unterliegenden kollektiven Tatbestand.
Mitbestimmung des Betriebsrats bei Anrechnung von Tariflohnerhöhungen auf übertarifliche Zulagen
BAG 1 AZR 459/90 vom 22. Sep. 1992
Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bei der Anrechnung von Tariflohnerhöhungen auf übertarifliche Zulagen erstreckt sich nur auf kollektive Tatbestände. Wird die Tariflohnerhöhung gegenüber einzelnen Arbeitnehmern aus Leistungsgründen angerechnet, während sie an andere voll weitergegeben wird, ist regelmäßig von einem kollektiven Tatbestand auszugehen, weil die Leistungen der einzelnen Arbeitnehmer notwendigerweise zueinander in ein Verhältnis gesetzt werden müssen.
Mitbestimmung des Betriebsrats bei Anrechnung von Tariflohnerhöhungen auf übertarifliche Zulagen
BAG 1 AZR 460/90 vom 22. Sep. 1992
Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bei der Anrechnung von Tariflohnerhöhungen auf übertarifliche Zulagen erstreckt sich nur auf kollektive Tatbestände. Wird die Tariflohnerhöhung gegenüber einem Teil der Arbeitnehmer angerechnet, weil sie nach Auffassung des Arbeitgebers zu viele Tage infolge Krankheit gefehlt haben, ist regelmäßig von einem kollektiven Tatbestand auszugehen, weil die Leistungen der einzelnen Arbeitnehmer notwendigerweise zueinander in ein Verhältnis gesetzt werden müssen.
Mitbestimmung des Betriebsrats bei Anrechnung einer Tariflohnerhöhung auf eine übertarifliche Zulage
BAG 1 AZR 235/90 vom 22. Sep. 1992
Rechnet der Arbeitgeber die einen einzelnen Arbeitnehmer bei unveränderter Tätigkeit betreffende Tariflohnerhöhung infolge Wechsels der Tarifgruppe (hier nach Erreichen einer bestimmten Zahl von Berufsjahren) ganz oder teilweise auf eine übertarifliche Zulage an, besteht hinsichtlich dieser Anrechnung kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, weil für eine anderweitige Verteilung der Kürzung kein Raum ist.
Anrechnung von Tariflohnerhöhung und Mitbestimmung
BAG 1 AZR 100/88 vom 11. Aug. 1992
Aus der Tatsache, dass eine übertarifliche Zulage über viele Jahre hinweg vorbehaltlos zum Tariflohn gewährt wurde, ergibt sich keine betriebliche Übung und damit auch kein Anspruch auf die Weiterzahlung der Zulage in der bisherigen Höhe (ständige Rechtsprechung).
Mitbestimmung des Betriebsrats bei Anrechnung von Tariflohnerhöhungen auf übertarifliche Zulagen
BAG 1 AZR 279/90 vom 11. Aug. 1992
Der Betriebsrat hat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitzubestimmen, wenn der Arbeitgeber eine Tariflohnerhöhung auf die übertariflichen Zulagen aller Arbeitnehmer angerechnet hat, um das durch die Anrechnung eingesparte Zulagenvolumen künftig nach anderen Grundsätzen zu verteilen.
Mitbestimmung bei Gehaltserhöhung von AT-Angestellten
BAG 1 ABR 72/89 vom 21. Aug. 1990
AT-Angestellte sind Angestellte, die kraft ihrer Tätigkeit nicht mehr unter den persönlichen Geltungsbereich des einschlägigen Tarifvertrags fallen, andererseits aber noch nicht zum Personenkreis des § 5 Abs. 3 BetrVG gehören. Aus diesem Grunde unterliegen die Rechtsverhältnisse der AT-Angestellten grundsätzlich der Mitbestimmung des § 87 Abs. 1 BetrVG.
Anrechnung von Tariflohnerhöhung und Mitbestimmungsrecht
BAG 1 ABR 35/87 vom 13. Feb. 1990
Nach der Entscheidung des Großen Senats vom 3.12.1991 GS 2/90 unterliegen die Anrechnung einer Tariflohnerhöhung auf über-/außertarifliche Zulagen und der Widerruf von über-/außertariflichen Zulagen aus Anlass und bis zur Höhe einer Tariflohnerhöhung dann nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG der Mitbestimmung des Betriebsrats, wenn sich dadurch die Verteilungsgrundsätze ändern und darüber hinaus für eine anderweitige Anrechnung bzw. Kürzung ein Regelungsspielraum verbleibt. Dies gilt unabhängig davon, ob die Anrechnung durch gestaltende Erklärung erfolgt oder sich automatisch vollzieht.
Anrechnung einer Tariflohnerhöhung - Gleichbehandlung
BAG 5 AZR 334/87 vom 11. Mai 1988
Bei der Anrechnung einer Tariflohnerhöhung ist der Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten. Danach ist es dem Arbeitgeber verwehrt, in seinem Betrieb einzelne oder Gruppen von Arbeitnehmern ohne sachlichen Grund bei betriebseinheitlichen Regelungen zu benachteiligen.
Mitbestimmung bei übertariflichen Zulagen
BAG 1 ABR 57/86 vom 24. Nov. 1987
Der Betriebsrat hat mitzubestimmen, wenn der Arbeitgeber eine Tariflohnerhöhung in unterschiedlicher Weise auf die im Betrieb gezahlten übertariflichen Zulagen anrechnet.
Mitbestimmung bei übertariflichen Zulagen
BAG 1 ABR 51/85 vom 13. Jan. 1987
Der Betriebsrat hat nicht mitzubestimmen, wenn der Arbeitgeber die finanzielle Belastung durch freiwillige übertarifliche Zuschläge insgesamt kürzen will. Er hat nach § 87 Abs 1 Nr 10 BetrVG mitzubestimmen darüber, wie das gekürzte Zulagenvolumen auf die von der Kürzung betroffenen Arbeitnehmer verteilt werden soll.
Widerrufliche Zulagen
BAG 5 AZR 570/78 vom 17. Dez. 1980
Der Betriebsrat hat nach BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10 mitzubestimmen, wenn der Arbeitgeber allgemeine Richtlinien erläßt, nach denen bei einer größeren Zahl von Mitarbeitern "jederzeit widerrufliche Zulagen" widerrufen werden sollen.