Wenn man hingegen das schon wieder liest sieht es doch auch so finster net aus:
Chefs haben es künftig schwerer, befristete Verträge ihrer Mitarbeiter mehrmals hintereinander zu verlängern. Künftig müssen sie bei sehr langen Kettenbefristungen begründen, warum das Arbeitsverhältnis nicht in eine dauerhafte Stelle umgewandelt wird, entschied das Bundesarbeitsgericht in Erfurt (7 Az.: AZR 443/09).
Langfristige Befristungen unter der Lupe
Demnach kann die fortdauernde Befristung von Beschäftigungsverhältnissen trotz eines triftigen Grundes im Einzelfall unwirksam sein. Zeiträume, ab wann der Missbrauch beginnt, definierten die Bundesarbeitsrichter jedoch zunächst nicht. In Fällen wie der Klägerin, in denen langjährige Befristungen mit vielen Verträgen die gesamte Erwerbsbiografie umfassten, liege ein Missbrauch nahe, erläuterte Gerichtssprecherin Inken Gallner.
Das Bundesarbeitsgericht verwies die Klage jedoch an das Landesarbeitsgericht Köln zurück. Dieses muss jetzt über eine Festanstellung der 34-jährigen Bianca Kücük entscheiden, die mit insgesamt 13 befristeten Verträgen elfeinhalb Jahre lang als Vertretung beim Amtsgericht Köln beschäftigt war.
EuGH: Mehrfachverlängerungen sind zulässig
Im Fall der Justizangestellten hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Januar die Praxis der mehrfachen Verlängerung von befristeten Arbeitsverträgen generell für zulässig erklärt. So können mehrfach befristete Arbeitsverträge wegen Vertretungsbedarf auch dann erlaubt sein, wenn der Arbeitgeber die Vertretung "wiederkehrend oder sogar ständig" benötigt.
Die EU-Richter legten allerdings auch Vorgaben fest. Sie verlangten, dass alle Umstände einschließlich der Zahl und Gesamtdauer der mit demselben Arbeitgeber geschlossenen befristeten Verträgen geprüft werden.
Richter gaben keine klare zeitliche Regelung vor
Kücük war mit dem Erfurter Richterspruch zufrieden. "Es zeigt, dass ich doch noch eine Chance habe, zu gewinnen." Ihr Anwalt, Helge Rust, bedauerte aber, dass die Bundesrichter den Kettenbefristungen keinen klaren zeitlichen Riegel vorschoben. Eine verbindliche Obergrenze wäre eine gangbarer Weg für mehr Rechtssicherheit gewesen, sagte Rust. "Nunmehr müssen sich die Arbeitnehmer weiterhin der richterlichen Tageslaune unterwerfen."
Kücük hatte ihre Ausbildung am Amtsgericht Köln absolviert und erhielt im Anschluss dort auch eine Stelle als Justizangestellte. Von Juli 1996 bis Dezember 2007 wurde sie mit immer neuen befristeten Verträgen als Vertretung für zumeist schwangere Kolleginnen beschäftigt. Dennoch wechselte sie in dieser Zeit nicht ihren Schreibtisch und verrichtete all die Jahre die selbe Arbeit in der Geschäftsstelle des Amtsgerichts.
Landesarbeitsgericht muss Fall endgültig klären
Nach ihrer Kündigung klagte die 34-Jährige durch alle Instanzen auf eine Festanstellung. Das Bundesarbeitsgericht hatte den Fall zunächst dem höchsten EU-Gericht in Luxemburg vorgelegt. Vor dem Landesarbeitsgericht muss das beklagte Land Nordrhein-Westfalen jetzt darlegen, weshalb diese Befristung solange aufrechterhalten werden musste.
DGB-Expertin: Urteil ist "Schritt in die richtige Richtung"
Das Urteil hat nach Einschätzung von Arbeitsrechtlern Breitenwirkung. Arbeitnehmer könnten jetzt nicht mehr uferlos mit der Begründung eines Vertretungsbedarfs befristet beschäftigt werden, sagte DGB-Arbeitsrechtsexpertin Martina Perreng. "Auch wenn noch keine genauen Grenzen abgesteckt wurden, ab wann es sich um einen Missbrauch handelt, ist der Richterspruch ein Schritt in die richtige Richtung."
Aus Sicht der Arbeitgeber wirkt sich das Urteil vor allem auf den öffentlichen Dienst aus. "In der Privatwirtschaft sind wiederholte Befristungen für denselben Arbeitnehmer aufgrund von Vertretungsbedarf unüblich", erklärte ein Sprecher der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände. Er verwies darauf, dass deutlich mehr als die Hälfte aller befristet Beschäftigten in Deutschland unmittelbar in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen würden.