Online-Sitzungen des Betriebsrats – ein Überblick über die neuen Möglichkeiten

Offenbar haben viele Betriebsräte dies noch nicht realisiert: Der durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz novellierte § 30 BetrVG hat dauerhaft und unabhängig von Corona neue Möglichkeiten von Online-Sitzungen des Betriebsrats geschaffen.

Präsenzsitzung ist Regelfall

Auch nach der neuen gesetzlichen Regelung finden Betriebsratssitzungen grundsätzlich als Präsenzsitzung statt, also nicht online.

Davon abweichend ist aber eine Betriebsratssitzung mittels Video- und Telefonkonferenz möglich, wenn

  1. die Voraussetzungen für eine solche Teilnahme in der Geschäftsordnung unter Sicherung des Vorrangs der Präsenzsitzung festgelegt sind,
  2. nicht mindestens ein Viertel der Mitglieder des Betriebsrats binnen einer von dem Vorsitzenden zu bestimmenden Frist diesem gegenüber widerspricht und
  3. sichergestellt ist, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis nehmen können.

Eine Aufzeichnung der Sitzung ist unzulässig.

Erfolgt die Betriebsratssitzung mit der zusätzlichen Möglichkeit der Teilnahme mittels Video- und Telefonkonferenz, gilt auch eine Teilnahme vor Ort als erforderlich.

Widerspruch gegen Online-Sitzung

Der Widerspruch von einem Viertel der Betriebsratsmitglieder kann formlos gegenüber dem Vorsitzenden erfolgen. Daher muss zwingend eine angemessene Frist für den Widerspruch in der Einladung erfolgen. Wird keine Frist gesetzt, ist der Widerspruch jederzeit bis zum Ende der Betriebsratssitzung möglich.

Änderung der Geschäftsordnung

Viele Betriebsräte haben ihre Geschäftsordnung noch nicht an die gesetzlichen Möglichkeiten angepasst. Wird die Geschäftsordnung nicht geändert, sind auch künftig keine Online-Betriebsratssitzungen möglich. Eine solche Regelung in der Geschäftsordnung sollte berücksichtigen, dass Präsenzsitzungen der Regelfall sind. Daher sollte in der Geschäftsordnung eine

  • Begrenzung der Anzahl und/oder
  • Beschränkung auf bestimmte Themen

der Online-Betriebsratssitzungen erfolgen.

Wichtig: Die Änderung der Geschäftsordnung kann nur mit absoluter Mehrheit erfolgen. Die Mehrheit aller Betriebsratsmitglieder muss dem also zustimmen. Außerdem ist die Änderung der Geschäftsordnung schriftlich vorzunehmen. Die neue Fassung muss also ausgedruckt und vom Betriebsratsvorsitzenden unterschrieben werden.

Gemischte Sitzungen

Die Betriebsratssitzung kann auch als gemischte Sitzung durchgeführt werden. Das wird häufig als hybride Sitzung bezeichnet. In diesem Fall findet eine Präsenzveranstaltung vor Ort statt, jedoch mit der zusätzlichen Möglichkeit für die Betriebsratsmitglieder, sich per Video- und/oder Audio-Verbindung zur Sitzung dazu zu schalten.

Arbeitgeber entscheidet nicht

Wie der Betriebsrat seine Sitzungen gestaltet, ist seine Angelegenheit. Der Arbeitgeber darf dazu keine Vorschriften machen. Insbesondere darf er nicht aus Kostengründen verlangen, Betriebsratssitzungen online durchführen zu lassen. Es bleibt dabei: Präsenzsitzungen sollen nach dem Gesetz der Regelfall sein, auch wenn sie unter Umständen teuer sind.

Die Technik für die Sitzungen

Klar ist, dass die Vertraulichkeit der Sitzung gewährleistet sein muss. Daher hat der Betriebsrat zwingend Technik für die Videokonferenz oder die Telefonkonferenz einzusetzen, die sicher ist. Insbesondere müssen die übertragenen Inhalte nach dem aktuellen Stand der Technik verschlüsselt werden. Außerdem dürfen Unbefugte auf das System nicht zugreifen können.

Der Arbeitgeber bezahlt die Technik

Die gesamte Technik, die für solche Online-Sitzungen erforderlich ist, hat der Arbeitgeber auf seine Kosten zur Verfügung zu stellen. Wichtig kann dabei sein, dass der Betriebsrat eine eigene Lizenz erhält und nicht mit der Lizenz des Arbeitgebers arbeitet. Es muss zudem sichergestellt sein, dass Administratoren des Arbeitgebers nicht auf die Inhalte der Sitzung zugreifen können.

Vertraulichkeit muss gewahrt werden

Schon der Gesetzestext sagt, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis erhalten dürfen und dass Sitzungen nicht aufgezeichnet werden dürfen. Jedes Betriebsratsmitglied muss also in seinem Verantwortungsbereich dafür sorgen, dass die Vertraulichkeit der Sitzung gewahrt bleibt. Das bedeutet, dass sich beispielsweise keine anderen Personen im Raum aufhalten dürfen, wenn die Sitzung stattfindet.

Anmerkung zu Betriebsversammlungen

Während der Pandemie wurde durch den Gesetzgeber die Möglichkeit der Online-Betriebsversammlung geschaffen. Diese Möglichkeit wurde jedoch nicht beibehalten und ist zwischenzeitlich wieder entfallen!

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