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Einstellungen verhindern – Ein legitimes Betriebsratsziel?

Als Jurist bin ich der Auffassung: Was im Gesetz steht, das ist auch legitim. Denn es ist nun mal das Zustimmungsverweigerungsrecht, das ich als Betriebsrat habe, wenn der Arbeitgeber gegen seine Pflichten verstößt durch die Einstellung oder wenn der Stammbelegschaft Nachteile, zum Beispiel eine Kündigung drohen, wenn der Neue eingestellt wird. Rein rechtlich also, Sie können das nachlesen in §§ 99 Abs. 1 & 99 Abs. 2 BetrVG, gibt es kein Problem. Aber lassen Sie uns darüber reden, ob ein solches Vorgehen legitim ist oder nicht. Manche Betriebsräte, ich nenne die scherzhaft Bonsai-Betriebsräte, bestreiten das und sagen, dass der neue Arbeitnehmer doch auch nichts dafür könne, dass der Arbeitgeber gegen seine Pflichten verstoßen hat. Warum also soll er leiden? Ich bin der Meinung, dass diese Sicht auf die Dinge zu kurz greift. Als Betriebsrat ist es Ihre Auffassung, den Arbeitgeber auch zu kontrollieren. Sie sind der Wachhund im Unternehmen, wenn man so will und Ihre erste Pflicht ist es, die Stammbelegschaft in Ihrem Betrieb zu schützen, vor möglichen Nachteilen. Deswegen sollten Betriebsräte, ohne dass sie dadurch schon Berserker-Betriebsräte wären, den Zustimmungsverweigerungskatalog aus § 99 Abs. 2 bei jeder neuen Einstellung aufmerksam studieren. Und ja, die Zustimmung sollte verweigert werden, schriftlich, fristgemäß und begründet, wenn der Arbeitgeber in der Tat einen Fehler gemacht hat. Sie kennen ja die häufigsten Fehler in der Praxis: Der Arbeitgeber bittet Sie gar nicht um Zustimmung, der Arbeitgeber legt Ihnen nicht die notwendigen Bewerbungsunterlagen bei oder gibt Ihnen nicht ausreichend Auskunft über die beteiligten Personen oder der Arbeitgeber vergisst es, einen Besinnungsaufsatz zu schreiben, über die zu erwartenden Auswirkungen der Einstellung auf die Stammbelegschaft. Lesen Sie einmal nach, genau das muss er nämlich tun. In diesen Fällen und auch in den Fällen, in denen der Arbeitgeber nicht geprüft hat, ob ein schwerbehinderter für die ausgeschriebene Stelle in Frage kommt, das können Sie nachlesen im § 81 SGB IX, in all diesen Fällen sollte der Betriebsrat die Zustimmung verweigern. Natürlich hat das Folgen und natürlich sind diese Folgen nicht schön. Die aber haben nicht Sie zu verantworten, sondern der Arbeitgeber. Gibt es einen Kompromissweg für den Betriebsrat, der weder Bonsai-Betriebsrat, noch Berserker-Betriebsrat sein will? Ja, da wüsste ich Rat. Wie wäre es denn, wenn Sie dem Arbeitgeber mitteilen: "Okay, die Einstellung von Herrn X oder Frau Y, die lassen wir diesmal noch durchgehen, obwohl du gegen deine Pflichten verstoßen hast, lieber Arbeitgeber. Wiederhole das Zustimmungsverfahren, dann werden wir vielleicht zustimmen." Wie wäre das? Ist das ein gangbarer Weg? So illustrieren Sie einerseits, dass Sie die Rechte des Betriebsrats kennen und ernst nehmen und dass auch Sie ernst genommen werden wollen. Andererseits fügen Sie dem neuen Kollegen oder der neuen Kollegin nicht ernstlich einen Schaden zu. Allerdings, der Arbeitgeber muss die Informationen schon nachliefern. Anderenfalls sollten Sie bei Ihrer begründeten Zustimmungsverweigerung in der Tat bleiben. Sie wissen ja was dann geschieht. Lesen Sie einmal nach. Im § 101 BetrVG. Der neue, der rechtswidrig, nämlich mitbestimmungswidrig, eingestellt worden ist, der muss gehen. Durch Kündigung, durch Aufhebungsvertrag oder durch schieren Mord. Jedenfalls: Er geht. Die dritte Option war natürlich ein Scherz. Liebe Kollegen, um es klar und eindeutig zu sagen: Die Zustimmungsverweigerung nach § 99 Abs. 2 BetrVG, die ist rechtens und sie ist legitim. Also: Nur Mut.

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