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Was sollten schwerbehinderte Menschen bei Erhalt einer Kündigung tun?

Schwerbehinderte Menschen sind vor Kündigungen gut geschützt. Sie genießen Sonderkündigungsschutz. Sonderkündigungsschutz bedeutet in diesem Fall, dass der Arbeitgeber nur dann die Kündigung erteilen darf, wenn er zuvor die Zustimmung des Integrationsamtes zu dieser Kündigung eingeholt hat. Eigentlich sollen die Integrationsämter den Anträgen auf Zustimmung zur Kündigung im Regelfall nicht entsprechen. Das Integrationsamt soll nur dann zustimmen, so steht es im Gesetz, wenn die Kündigung nichts mit der Schwerbehinderung zu tun hat oder wenn der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber schlicht unzumutbar geworden ist. Wer die Praxis kennt, als Rechtsanwalt, als Betriebsrat oder als Betroffener, der weiß, es läuft anders. Die Integrationsämter stimmen den Anträgen auf Zustimmung zur Kündigung, im Regelfall, in der Mehrzahl der Fälle zu. Leider. Was also ist zu tun, wenn ich als schwerbehinderter Mensch meine Kündigung erhalten habe? Wie jeder andere Arbeitnehmer auch, muss ich zunächst vor dem Arbeitsgericht Kündigungsschutzklage einreichen. Und zwar innerhalb von drei Wochen nach Erhalt meiner Kündigung. Diese Frist darf ich nicht verpassen. Anderenfalls wird die, vielleicht zuvor unwirksame, Kündigung in jedem Fall wirksam. Es bietet sich aber an, eine weitere Klage zu führen. Neben der Kündigung, die wir vor dem Arbeitsgericht angreifen müssen, sollte der schwerbehinderte Mensch eine sogenannte Anfechtungsklage erheben vor dem Verwaltungsgericht. Mit dieser speziellen Klage, wehrt sich der schwerbehinderte Arbeitnehmer gegen die Erteilung der Zustimmung des Integrationsamtes zu der beantragten Kündigung. Die Anfechtungsklage hat oftmals in der Praxis bessere Erfolgsaussichten, als die Kündigungsschutzklage. Habe ich als schwerbehinderter Mensch meine Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht gewonnen, dieses Verfahren dauert zumeist viel länger als das arbeitsgerichtliche Verfahren, so kann ich zurück zum Arbeitsgericht gehen und dort eine dritte Klage erheben. Diese dritte Klage nennt man Restitutionsklage. Ich gehe also zurück zum Arbeitsgericht und sage: "Zwar habe ich meinen Kündigungsschutzprozess möglicherweise verloren aber das Verwaltungsgericht habe soeben entschieden, dass das Integrationsamt niemals der Kündigung habe zustimmen dürfen. Deswegen, liebes Arbeitsgericht, bin ich jetzt wieder bei dir und verlange, dass das beendete Arbeitsverhältnis fortgesetzt wird." Am Ende all dieser Klagen steht fast immer eine Abfindung. Selten ist diese ganz gering. Seine Arbeit hat der schwerbehinderte Mensch dennoch verloren. Dies ist mehr als unglücklich, denn noch immer arbeiten viel zu wenige schwerbehinderte Menschen. Was kann der Betriebsrat tun um den schwerbehinderten Menschen zu helfen? Es ist dies ein ganzes Bündel von Maßnahmen, die der Betriebsrat gemeinsam mit der SBV voranbringen sollte. Umso wichtiger ist es, dass Sie als Betroffener gegen eine Schwerbehindertenkündigung sogleich vorgehen. Vor beiden Gerichten. Dem Arbeitsgericht und dem Verwaltungsgericht. Übrigens, auch der Betriebsrat kann viel dafür tun, damit schwerbehinderte Menschen ihren Job nicht verlieren. Aber das ist eine andere Geschichte.

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