Erstellt am 27.07.2011 um 09:37 Uhr von azrael
euer BR sollte schleunigst auf die betriebliche übung in diesem fall hinweisen. der AG darf natürlich bezahlte pausen in unbezahlte umwandeln, aber natürlich nicht von heute auf morgen in einem willkürlichen akt. er muss 3 jahre nacheinander erklären, dass er die betriebliche übung ändern will und darf sie ANSCHLIESSEND ändern.
für mundwerker ein kleiner hinweis: bezahlte pausen entstehen üblicherweise in betrieben in denen 3 schichten gearbeitet wird. da der tag nun mal nur 24h hat und die AN im regelfall 8h arbeiten bleibt dem AG nicht anderes übrig als bezahlte pausen einzuführen. es liegt in seinem interesse wenn er 3 schichten fahren will. ändert er diese regelung wieder, hat er sich an bestimmte bedingungen zu halten.
Erstellt am 27.07.2011 um 10:44 Uhr von BRVLH
@azrael
erklär mir bt mal was ein 3 Schichtsystem mit 24h zu tun hat!?!
Pause ist Freizeit und wird nirgends bezahlt. Ausnahmen gibt es bei Fließbandarbeit. Da sind die Pausen tariflich vereinbart und werden bezahlt. Im Schichtbetrieb muss ja zwangsläufig eine Übergabezeit eingehalten werden. Wenn du für 40 Stunden bezahlt werden willst, musst du auch 40 Stunden arbeiten, aber die 30 minütige Pause muss dir bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs bis zu neun Stunden nach dem Arbeitszeitgesetz eingeräumt werden und diese werden nicht bezahlt.
Erstellt am 27.07.2011 um 10:53 Uhr von viktor
ich denke, "azrael" hat da schon einen guten Hinweis gegeben. Wie war das dann mit den Pausen geregelt? Per Betriebsvereinbarung? Oder war das Ganze so "gewachsen".
Auf jedem Fall sollte der BR - bevor das Kind im Brunnen liegt - auf die Mitbestimmung bei Pausenregelungen (§ 87 BetrVG) hinweisen aber auch zu verstehen geben, dass er keinen Regelungsbedarf sieht.
Erstellt am 27.07.2011 um 12:50 Uhr von azrael
eigentlich wollte ich nur montis frage beantworten und keine diskussion anfangen aber gut:
BRVLH. selbstverständlich wir das arbeitszeitgesetz eingehalten wenn in einer 8h-schicht 30min pause gemacht werden, sie wird halt nur bezahlt.
da der AG 3 schichten fahren lässt, (achtung: 3 x 8=24) und die arbeitszeit in einer regel-5-tage-woche 40h beträgt macht das pro tag nun mal 8h. sollte er nun von den geleisteten stunden jeweils noch 30min pause abziehen würde er den AN nicht die möglichkeit geben ihre geschuldete arbeitsleistung in der vereinbarten zeit zu erbringen und dadurch nach § 615 BGB (Vergütung bei Annahmeverzug und bei Betriebsrisiko) die arbeitszeit auch so voll bezahlen müssen. daher ist im regelfall in einem 3-schicht-betrieb eine bezahlte pause enthalten.
spielt aber in vorliegenden fall überhaupt keine rolle. wie viktor ausführt, ist eine änderung mitbestimmungspflichtig.
Erstellt am 27.07.2011 um 13:01 Uhr von rkoch
Die Sache mit den "3 Jahren" ist übrigens nicht so klar wie azrael hier schreibt. Es gibt keine gesetzliche Regelung die etwas derartiges vorschreibt. Einzig wurde in einem Fall geurteilt, das das EIN möglicher Weg ist für einen AG eine betriebliche Übung zu durchbrechen und wie immer war das eine Einzelfallentscheidung. In anders gelagerten Fällen kann diese Regelung möglicherweise so nicht wirken... Dazu kommt noch, das die AN diese Erklärung des AG widerspruchslos hinnehmen müssen.
Die Argumentationskette dabei ist derart:
Die "betriebliche Übung" ist im rechtlichen Sinne ein Fall des "Vertrauensschutzes", d.h. die AN können darauf VERTRAUEN, das die Leistung auch in Zukunft erbracht wird.
Hat der AG einmal eine betriebliche Übung geschaffen, so muß er sich deshalb auch daran halten.
Hält er sich an diese betriebliche Übung und erklärt zugleich, das die Leistung die er damit erbringt zukünftig nur noch freiwillig und jederzeit widerruflich erbracht werden soll, so hat er den AN gegenüber erklärt das sie in Zukunft nicht mehr auf diese Leistung vertrauen können.
Haben die AN sich nicht dagegen verwehrt das die b.Ü. enden wird, so zeigen sie damit, das sie diese Erklärung des AG akzeptieren.
Jetzt schlägt die b.Ü. ins Gegenteil um: Durch die mehrmalige Wiederholung der Aufhebungserklärung entsteht quasi einer erneute b.Ü.: Der Vertrauenschutz wird beendet und die AN können nicht mehr darauf vertrauen das die Leistung erbracht wird.
Im Falle dieser Pausenregelung kommen zwei Faktoren hinzu, die diese Kette möglicherweise durchbrechen:
1. Wird es ja einmal einen GRUND gegeben haben WARUM der AG die Pausen bezahlt. Besteht der Grund weiter reicht es nicht zu sagen: "Ich ignoriere den Grund, es gibt einfach keine bezahlte Pause mehr". Insofern könnte ein ArbG die pure Absage der Leistung als nicht ausreichend erachten.
2. Bleibt die Leistung für andere AN ja anscheinend erhalten. Hier sind wir erneut beim Grund: Ohne sachlichen Grund kann der AG einzelne AN nicht unterschiedliche behandeln.
Insofern: Keine Ahnung ob es überhaupt betriebliche Übung ist (vielleicht ja sogar arbeitsvertraglich vereinbart!) und ob der AG mit der 3-Jahresregel diese b.Ü. einfach so rechtswirksam aufheben kann. Das wird im Zweifelsfalle ein ArbG entscheiden müssen.
@BRVLH:
> erklär mir bt mal was ein 3 Schichtsystem mit 24h zu tun hat!?!
Du hast das "im regelfall 8h arbeiten" von azrael übersehen.
Bei gesetzlicher AZ von 8h/Tag und 6-Tage Woche ist es im Dreischichtbetrieb tatsächlich unmöglich noch eine unbezahlte Pause irgendwo dazwischenzuquetschen, da der Tag nur 24h hat. Natürlich kann der AG hier mit seinen AN 7,5h/TAg-Verträge abschließen. Aber das ganze hat historischen Charakter. Es gab tatsächlich mal eine Zeit wo 8h/6Tage die Regel waren. I.d.R. zunächst im 1 oder 2-Schicht Betrieb. Irgendwann wollten die AG dann zur besseren Auslastung der Maschinen in den 3-Schicht-Betrieb, hatten aber eben 8h AZ mit den AN vereinbart. Ohne Änderungskündigung kamen sie davon nicht weg, also hatten sie nur die Wahl: Verzicht auf 3-Schicht - oder eben den AN die vereinbarten 8h bezahlen und während dieser Zeit den AN die Pausen gewähren obwohl sie dann bezahlt sind.
Heute ist das ein Anachronsimus (mit weit verbreiteten 7h/Tag und 5-Tage-Woche). Aber eine Abkehr von den bezahlten Pausen hätte eine indirekte Lohnkürzung für die AN bedeutet - oder eine zwei-Klassen-Gesellschaft im Betrieb (die mit und die ohne bezahlte Pausen), insofern sind auch heute in TV im Dreischichtbetrieb die bezahlten Pausen noch üblich, obwohl der zwingende Grund Geschichte ist....
Erstellt am 27.07.2011 um 13:10 Uhr von azrael
^^dem habe ich nichts hinzuzufügen. die 3 jahre-regel bezog sich auf die allgemeine betriebliche übung. ob diese regel nur eine einzelfallentscheidung war entzieht sich leider meiner kenntnis wie ich beschämt zugeben muss :)
noch ein kurzer nachschlaglink zum thema (bitte ALLES lesen): http://blog.juracity.de/2007-10-29/lag-frankfurt-keine-bezahlten-pausen-das-duerfte-auch-fuer-raucherpausen-gelten.html
Erstellt am 27.07.2011 um 15:02 Uhr von rkoch
> ob diese regel nur eine einzelfallentscheidung
azrael, unsere Gerichte fällen ausschließlich Einzelfallentscheidungen. Selbst die Entscheidungen die wir gerne als "verbindlich" (Leitsatz .......) zitieren, werden - wenn nur EIN Detail anders ist - von den Gerichten u.U. ganz anders behandelt. Und selbst wenn gar nix anders ist heißt das noch lange nicht das der Fall genau so ausgeht. Unser BAG ist da ganz groß... Das heißt dann immer "Das BAG gibt seine bisherige Rechtsprechung auf"......
Erstellt am 27.07.2011 um 16:13 Uhr von ganther
außerdem sollte man bei dem Thema gegenläufige betriebliche Übung
BAG 10 AZR 281/08 kennen
Erstellt am 27.07.2011 um 21:35 Uhr von Kurzarbeiter
Notfalls spricht der AG allen AN dieses betreffend eine Änderungskündigung aus, kostet dann nur etwas Zeit und Papier. Dieses spart der AG dann in der Zunkuft bei Lohnerhöungen wieder ein.
Erstellt am 27.07.2011 um 22:39 Uhr von paula
@kurzarbeiter
welcher Grund im Sinne des KSchG sollte hier denn ziehen?
Erstellt am 28.07.2011 um 09:10 Uhr von rkoch
Och paula, seid wann interessiert DAS denn unsere AG, insbesondere bei Änderungskündigungen??? Änderungskündigungen werden doch noch seltener vor Gericht gezogen als Beendigungskündigungen. Und das Prozedere (.. unter dem Vorbehalt annehmen das die Kündigung wirksam ist ...) kennen ja die wenigsten, meiner Erfahrung nach noch nicht einmal alle Betriebsräte....
Erstellt am 28.07.2011 um 13:36 Uhr von paula
@rkoch
Das mag sein, aber sollten wir dann hier nicht vielleicht gegen den Irrglauben ankämpfen, dass eine Änderungskündigung ohne Kündigungsgrund nach KSchG möglich ist?
Erstellt am 28.07.2011 um 14:41 Uhr von rkoch
@paula
Tun wir doch ständig :-)