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Wichtiges BAG-Urteil: Lohngleichheit von Frauen und Männern

5 Minuten Lesezeit

In Deutschland liegt laut dem Statistischen Bundesamt die Entgeltlücke zwischen Frauen und Männern – die sogenannte unbereinigte Gender-Pay-Gap – derzeit bei rund 18 Prozent. Dies ist ein klarer Hinweis auf versteckte Benachteiligung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt. Das neue Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 16. Februar 2023 (Az. 8 AZR 450/21) über die "Entgeltgleichheit von Männern und Frauen" sorgt für Diskussionen und stärkt die Rechte der Frauen.

Würfel zeigen die Lohngleichheit von Frauen und Männern

BAG-Urteil vom 16.02.2023 zum Equal-Pay-Grundsatz

Die Klägerin erhielt bei der Beklagten ein anfängliches vereinbartes Grundgehalt von 3.500,- € brutto. Im Nachgang wurde das Grundgehalt nach Einführung des Haustarifvertrags, der unter anderem ein neues Eingruppierungssystem regelte und mit einer Deckungsregelung versehen war, auf 3.620,- € brutto angehoben. Im Weiteren sind im Betrieb der Beklagten auch männliche Außendienstmitarbeiter beschäftigt. Einem von diesen Kollegen wurden im Rahmen der Gehaltsverhandlungen von der Arbeitgeberin ebenfalls ein monatliches Grundgehalt in Höhe von 3.500,- € angeboten. Der Forderung des männlichen Außendienstmitarbeiters für ein Grundgehalt in Höhe von 4.500,- € kam die Arbeitgeberin nach. Dieses Grundgehalt des männlichen Arbeitnehmers wurde dann bis zur Einführung des Haustarifvertrags und mit der Einführung der zusätzlichen leistungsabhängigen Vergütung gezahlt. Danach erhielt der Arbeitnehmer nach dem Haustarifvertrag ein Grundgehalt in Höhe von 4.120,- € brutto und somit 500,- € brutto mehr als die Klägerin.

Mit ihrer Klage verlangte die Klägerin die Differenz zwischen ihrem geringeren und dem höheren Gehalt des Kollegen. Sie sah eine Benachteiligung durch die Arbeitgeberin beim Entgelt aufgrund des Geschlechts. Aufgrund dessen forderte die Klägerin zudem die Zahlung einer angemessenen Entschädigung in Höhe von mindestens 6.000,- €. Das Bundesarbeitsgericht sprach ihr die gewünschten Differenzzahlungen sowie eine Entschädigung von 2.000,- € zu.

Das Bundesarbeitsgericht sah das Vorgehen der Arbeitgeberin als einen Verstoß gegen das Verbot der Entgeltbenachteiligung wegen des Geschlechts an (§§ 3 Abs. 1 und 7 EntgTranspG). Die Klägerin werde aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt, da ihr die Arbeitgeberin ein niedrigeres Grundgehalt gezahlt hat als dem männlichen Kollegen, obgleich die Klägerin und der männliche Kollege gleiche Arbeit verrichtet haben. Das begründe zudem die Vermutung nach § 22 AGG, dass die Benachteiligung aufgrund des Geschlechts erfolgt sei. Der Equal-Pay-Grundsatz ist daher keine Verhandlungssache.

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts hat für viele Frauen weitreichende Bedeutung. Nach dem Statistischen Bundesamt lag der Brutto-Stundenlohn 2022 bei Frauen immer noch rund 4,31 € unter dem durchschnittlichen Stundenlohn der Männer (24,36 €). Das lässt sich unter anderem allein mit unterschiedlichen Berufen nicht erklären. Es bleibt daher abzuwarten, wie nun die Politik und die Wirtschaft auf dieses Urteil reagieren.

Was könnten die Ursachen der Lohnlücke zwischen Frauen und Männern sein?

Die Gründe für die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern können vielschichtig sein: Frauen wählen meist andere Berufe als Männer. Außerdem tragen Frauen oft noch die Hauptverantwortung für die Kindererziehung, den Haushalt und die Pflege kranker Angehöriger. Dabei kommt es bei ihnen öfters zu Erwerbsunterbrechungen oder Teilzeitarbeit und Minijobs.

Zudem haben Frauen noch immer schlechtere Karrierechancen: Frauen sind in Führungspositionen, besonders in Spitzenpositionen, unterrepräsentiert. Führungspositionen werden kaum in Teilzeit besetzt (Frauenquote in Unternehmen).

Was kann das Entgelttransparenzgesetz dazu beitragen?

Ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung ist das Gesetz zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen, das seit dem 6. Juli 2017 in Kraft ist. Ziel des Gesetzes ist es, das Gebot des gleichen Entgelts für Frauen und Männer bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit durchzusetzen. Dafür umfasst das Gesetz folgende Bausteine:

  1. Individueller Auskunftsanspruch: Arbeitgeber mit mehr als 200 Beschäftigten müssen ihren Mitarbeitern auf Anfrage erläutern, nach welchen Kriterien sie wie bezahlt werden.
  2. Betriebliche Verfahren zur Überprüfung und Herstellung von Entgeltgleichheit: Private Arbeitgeber mit mehr als 500 Beschäftigten sind aufgefordert, regelmäßig ihre Entgeltstrukturen auf die Einhaltung der Entgeltgleichheit zu überprüfen.
  3. Bericht zur Gleichstellung und Entgeltgleichheit: Arbeitgeber mit mehr als 500 Beschäftigten, die lageberichtspflichtig sind, müssen zudem regelmäßig über den Stand der Gleichstellung und der Entgeltgleichheit berichten. Diese Berichte sind für alle einsehbar.

Die Verpflichtung, beim Lohn nicht geschlechtsbezogen zu diskriminieren, gilt für alle Unternehmen und Arbeitgeber in Deutschland. Durch die transparente Aufnahme und Definition des Gebots der Entgeltgleichheit für gleiche und gleichwertige Arbeit von Frauen und Männern in einem eigenen Gesetz, wird diese Verantwortung explizit festgeschrieben.

Equal Pay Day (Gender Pay Day)

Der Equal Pay Day (7. März) ist eine Initiative des Vereins Business und Professional Women Germany e.V. (BPW Germany) und wird durch das Bundesfamilienministerium gefördert. Der 7. März markiert symbolisch den Tag, bis zu dem Frauen "umsonst" arbeiten, während Männer bereits bezahlt werden. Rechnet man den Prozentwert von 18% in Tage um, arbeiten Frauen diese ersten 66 Tage im Jahr unentgeltlich. An diesem Tag finden deshalb bundesweit Aktionen statt.

Gemessen am durchschnittlichen Bruttostundenverdienst der Männer lag der Gender Pay Gap 2022 immer noch bei 18%. Im EU-Durchschnitt verringerte sich der Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern von 2015 bis 2020 von 16% auf 13%. In Deutschland ging er zwischen 2015 und 2020 nur leicht von 22% auf 18% zurück. Damit ist Deutschland europaweit eines der Schlusslichter bei der Lohngerechtigkeit. Bis zum Jahr 2030 will die Bundesregierung den Gender Pay Gap in Deutschland allerdings auf 10% senken (Quelle: Statistisches Bundesamt).

Gleichstellungscheck für Unternehmen

Mit dem Selbsttest "Gleichstellungscheck für kleine und mittlere Unternehmen" werden Unternehmen unterstützt, ihre Unternehmenskultur im Hinblick auf die Gleichstellung zwischen Frauen und Männern schnell und einfach zu überprüfen. Mit jeweils fünf Fragen in den Themenbereichen Personalrekrutierung, Arbeitsbedingungen, Arbeitsentgelt und Kommunikation können Unternehmen selbst testen, ob Handlungsbedarf besteht. Für jeden Themenbereich werden konkrete Handlungsempfehlungen und einfach umzusetzende Praxisvorschläge angeboten, um die Unternehmenskultur für mehr Chancengleichheit schnell zu verändern.

Allgemeiner Gleichbehandlungsgrundsatz (AGG)

Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz wurde durch das AGG nicht abgelöst oder gar beschränkt, sondern allenfalls erweitert bzw. ergänzt. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verbietet jede unzulässige Benachteiligung von Beschäftigten wegen eines Diskriminierungsmerkmals aus § 7 Abs. 1 AGG. Das AGG enthält ausführliche Regelungen über verbotene Gründe der Schlechterstellung. Daher enthält das AGG Ansprüche auf Schadensersatz und auf Geldentschädigung zugunsten des Betroffenen von verbotener Diskriminierung. Die Ansprüche können dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nicht ohne weiteres entnommen werden. Daher kann auch ein Arbeitnehmer aufgrund der Diskriminierung bei Löhnen einen Schadensersatz vom Arbeitgeber verlangen.

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