Für den Betriebsrat ist es fast schon Routine, aber auch die SBV zieht immer häufiger gegen ihren Arbeitgeber vor das Arbeitsgericht. Das liegt an der gestärkten Stellung der SBV im SGB IX und daran, dass viele Arbeitgeber noch immer nicht die gesetzlichen Rechte der SBV anerkennen und beachten.
Meistens wird die SBV ein Verfahren einleiten, wenn der Arbeitgeber sie in mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten nicht oder nicht ordnungsgemäß beteiligt oder Betriebsvereinbarungen nicht umsetzt.
Wann immer die SBV mit ihrem Arbeitgeber darüber streitet,
- welche Informationen ihr zustehen,
- ob überhaupt ein Mitbestimmungsrecht besteht,
- ob ein Widerspruch beachtlich ist,
- ob Fristen abgelaufen sind,
- ob Maßnahmen umgesetzt werden dürfen oder
- ob der Arbeitgeber Maßnahmen unterlassen muss,
sollte die SBV daran denken, notfalls vor das Arbeitsgericht zu ziehen.
Das Beschlussverfahren
Das Arbeitsgericht kennt das Urteilsverfahren in Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern sowie das Beschlussverfahren in Streitigkeiten zwischen dem Betriebsrat oder der SBV und dem Arbeitgeber. Das Beschlussverfahren ist eine besondere Verfahrensart der Arbeitsgerichtsbarkeit für kollektivrechtliche Streitigkeiten und ist für die SBV in den § 2a Abs. 1 Nr. 3a Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) aufgezählten Fällen anwendbar:
- § 177 SGB IX: Wahl und Amtszeit
- § 178 SGB IX: Aufgaben der SBV
- § 222 SGB IX: Werkstatträte und Frauenbeauftragte in Werkstätten für Behinderte
Das Beschlussverfahren selbst ist in den §§ 80-98 ArbGG geregelt. Hier gilt anders als im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren der Amtsermittlungsgrundsatz. Danach ist das Gericht verpflichtet, die zur Entscheidung benötigten Tatsachen zu ermitteln.
Das Verfahren beginnt mit der Einreichung eines konkret ausformulierten Antrags. Der Antrag muss in schriftlicher Form beim Arbeitsgericht gestellt werden. Im Regelfall wird das der Rechtsanwalt oder Gewerkschaftssekretär erledigen.
Parteien des Beschlussverfahrens sind die SBV und die weiteren Beteiligten (z.B. der Arbeitgeber). Der Antrag wird dann den Beteiligten durch das Arbeitsgericht zugestellt.
Meistens zuerst Gütetermin
Der vorsitzende Richter kann zunächst einen Gütetermin durchführen, wenn zu erwarten ist, dass dieser zu einer gütlichen Streitbeilegung führen könnte, ist aber nicht dazu verpflichtet.
Bleibt die Güteverhandlung erfolglos oder wurde sie gar nicht anberaumt, bestimmt der Vorsitzende einen Termin zur Anhörung der Beteiligten vor der Kammer, die aus einem Berufsrichter und zwei ehrenamtlichen Richtern besteht. Kommt in diesem Anhörungstermin keine gütliche Einigung zustande, entscheidet die Kammer durch Beschluss.
Die Kosten des Verfahrens
Im Beschlussverfahren werden keine Gerichtskosten oder Auslagen erhoben. Gerichtliche Auslagen werden von der Staatskasse getragen. Es wird daher durch das Gericht keine Kostenentscheidung getroffen. Anders sieht es natürlich für die Rechtsanwaltskosten aus, von denen der Arbeitgeber die SBV freizustellen hat, soweit das Verfahren nicht offensichtlich ohne jede Erfolgsaussicht ist (sog. Mutwilligkeit).
Beschlüsse vorlegen
Ganz wichtig ist es, dass die SBV dem Gericht auch die für das Gerichtsverfahren notwendigen Beschlüsse vorlegen kann. Natürlich ist die SBV kein Kollegialorgan wie der Betriebsrat. Trotzdem sollte die Vertrauensperson die entsprechenden Beschlüsse fassen und schriftlich niederlegen. Dabei geht es um
- den Beschluss der SBV, dass ein Gerichtsverfahren eingeleitet werden soll und
- den Beschluss, dass, wofür und welcher Rechtsanwalt beauftragt werden soll.
Das Eilverfahren
Die Arbeitsgerichte sind im Gegensatz zu sonstigen Zivilgerichten sehr schnell. Trotzdem können auch Arbeitsgerichtsverfahren mehrere Jahre dauern. Das ist für die eine oder andere Angelegenheit aber einfach zu lang. Würde der SBV eine Entscheidung zu diesem Zeitpunkt nichts mehr nützen, kann sie unter Umständen auch ein Eilverfahren durchführen. Dieses sog. einstweilige Verfügungsverfahren ist ein schnelles, aber nur vorläufig wirkendes arbeitsgerichtliches Verfahren.
Voraussetzungen eines Eilverfahrens
Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist aber nur dann zulässig, wenn
- relativ sicher davon auszugehen ist, dass der begehrte Anspruch zugesprochen wird (sog. Verfügungsanspruch) und
- der SBV ohne den Erlass schwere und unzumutbare Nachteile entstünden, die – würde man ein reguläres Verfahren einleiten – zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht mehr ausgeglichen werden könnten (sog. Verfügungsgrund).
Vertretung durch Rechtsanwalt oder Gewerkschaft
Die SBV sollte sich in gerichtlichen Verfahren immer von einem Anwalt oder einem Gewerkschaftssekretär vertreten lassen. Diese sind Experten in Bezug auf die Prozessführung und sie können mit ihrer neutraleren Sicht der Dinge die Sache oft zu einer interessensgerechten Lösung führen.
Tipp: Verfahren besuchen
Die SBV sollte einmal Gütetermine oder Kammertermine vor dem Arbeitsgericht besuchen. Als Zuschauer lernt man nicht nur den Ablauf kennen, sondern erlebt auch die Richter. Zudem kann es ein spannender Tag werden mit echten Fällen, die das Leben schreibt.