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Die Mitbestimmung bei Crowd Working, Jobsharing, Workation & Open Space

7 Minuten Lesezeit

Moderne Arbeitsformen haben nicht nur Licht-, sondern auch Schattenseiten. Darüber hinaus ist bei Einführung und Ausgestaltung in der Regel der Betriebsrat zu beteiligen.

Eine Frau arbeitet und tippt zahlen in einen Taschenrechner

Crowdwork, Crowd Working oder auch Crowdsourcing

Crowdwork, Crowd Working oder auch Crowdsourcing ist eine Form von Arbeitsteilung, bei der eine komplexe Arbeit, die für einen speziellen Arbeitgeber zu erledigen ist, in kleine Einzelteile zerlegt wird. Diese Einzelteile werden sodann durch die sog. Crowdworker in eigenem Arbeitsumfeld erledigt.

Crowdworker finden sich meist in folgenden Berufsfeldern: Programmierer, Grafiker, Journalisten oder auch Architekten. Crowdwork kann auch länderübergreifend erfolgen.

Die Kritik an Crowdwork: In aller Regel handelt es sich bei den Crowdworkern nicht um Arbeitnehmer, sondern um selbstständig oder/und freiberuflich Tätige. Nicht selten werden beim Crowdworking der Mindestlohn und andere Mindestarbeitsbedingungen nicht erreicht. So gibt es auch keinen Urlaub, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder sozialversicherungsrechtliche Ansprüche. Das gilt erst recht, wenn der Crowdworker beispielsweise in Indien sitzt.

Darauf sollte der Betriebsrat achten: Welche Einflussmöglichkeiten der Betriebsrat hat, hängt maßgeblich davon ab, ob der Crowdworker Arbeitnehmer oder Selbstständiger ist. Dies bestimmt sich nach § 5 BetrVG. Handelt es sich um Arbeitnehmer bestehen die vollen Mitbestimmungsrechte, also insbesondere bei der Einstellung, Ein- und Umgruppierung, der Versetzung oder Kündigung.

Bei der Beschäftigung von Selbständigen oder arbeitnehmerähnlichen Personen hat der Betriebsrat keine Mitbestimmungsrechte. Allerdings kann die Einführung von Crowdwork im Sinne des § 111 Nr. 4 BetrVG eine grundlegende Änderung der Betriebsorganisation oder nach § 111 Nr. 5 BetrVG die Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden darstellen. Mit

Crowdwork verbundene Folgen können in diesem Fall durch einen Interessensausgleich oder einen Sozialplan eingedämmt werden, vgl. § 112 i.V.m. § 111 Nr. 4, 5 BetrVG.

Jobsharing

Jobsharing ist ein Arbeitszeitmodell, bei dem sich zwei oder mehr Arbeitnehmer eine Arbeitsstelle beim Arbeitgeber teilen. Der Unterschied zur klassischen Teilzeitarbeit besteht darin, dass nicht der Arbeitgeber einen Vollzeitarbeitsplatz in zwei Teilzeitstellen unterteilt. Vielmehr teilen sich mehrere Arbeitnehmer die Aufgaben und Verantwortungen einer gemeinsamen Arbeitsstelle. Die genaue Aufteilung der Arbeitszeit liegt in der Regel bei den Arbeitnehmern.

Das Jobsplitting ist die am meisten verbreitete Form des Jobsharing. Es wird ein Vollzeitarbeitsplatz gesplittet und an mehrere Arbeitnehmer vergeben. Diese sind dabei vollkommen unabhängig voneinander, erhalten einzelne Arbeitsverträge und leisten meist sehr ähnliche Arbeit.

Beim Jobpairing arbeiten die Jobsharer nicht unabhängig voneinander, sondern miteinander, zum Beispiel bei gemeinsamen Aufgaben und Projekten. Beide tragen die gesamte Verantwortung.

Beim Topsharing werden sogar Führungspositionen aufgeteilt und durch mehrere Vorgesetzte besetzt.

Die Kritik an Jobsharing: Es kann passieren, dass sich kein Arbeitnehmer für die Arbeit oder ein Projekt wirklich zuständig fühlt. Es können deshalb Aufgaben liegen bleiben. Außerdem können Kunden, der Arbeitgeber, Kollegen oder auch der Betriebsrat nicht immer mit dem gewünschten Mitarbeiter kommunizieren. Die Absprachen unter den Jobsharern kosten Zeit. Die größte Gefahr besteht aber wohl darin, dass erhebliche Spannungen auftreten können, wenn sich die Arbeitnehmer nicht verstehen, die sich den Job teilen.

Darauf sollte der Betriebsrat achten: Bei der Einführung von Jobsharing muss nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG der Betriebsrat zustimmen. Der Anwendung von § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG steht nicht entgegen, dass die betriebliche Arbeitszeit nicht verändert wird. Entscheidend ist, dass mit dem Modell der Arbeitsplatzteilung das Bestimmungsrecht über die Verteilung der Arbeitszeit innerhalb der betriebsüblichen Arbeitszeit auf die Arbeitnehmer übergeht. Die anschließende Aufteilung der Arbeitszeit durch die Arbeitnehmer selbst ist dann allerdings nicht mitbestimmungspflichtig.

Bei der Arbeitsplatzteilung handelt es sich um keine Gruppenarbeit nach § 87 Abs. 1 Nr. 13 BetrVG, da Voraussetzung die Übertragung einer Gesamtaufgabe zur eigenverantwortlichen Erledigung ist und bei der Arbeitsplatzteilung sich die Eigenverantwortung auf die Verteilung der Arbeitszeit beschränkt.

Workation

Workation ist ein Wort, für das es keine deutsche Übersetzung gibt. Es setzt sich aus den Begriffen „Work“ und „Vacation“ zusammen, also Arbeit und Urlaub. Es geht also darum, dass Arbeitnehmer während des Urlaubs arbeiten, also zum Beispiel telefonieren, E-Mails beantworten und an Videokonferenzen teilnehmen. Es geht aber tatsächlich noch einen Schritt weiter: Arbeit und Urlaub finden ganz bewusst in geplanter Kombination statt.

Die Kritik an Workation: Wenn das deutsche Urlaubsrecht Anwendung findet, ist diese Art des Arbeitens zwar nicht verboten, es handelt sich allerdings auch nicht um Urlaub. Da nach § 8 BUrlG der Arbeitnehmer während des Urlaubs keine dem Urlaubzweck widersprechende Erwerbstätigkeit leisten darf, kann der Arbeitnehmer den Urlaub im Zweifel nochmals nehmen – nämlich ohne berufliche Störungen. Ähnlich wie beim Home-Office findet zudem kein persönlicher Austausch mit Kollegen statt, der aber in vielen Fällen nicht unwichtig ist. Schließlich können Unklarheiten die Zusammenarbeit stören, etwa wenn nicht festliegt, wann der Workationer genau arbeitet.

Darauf sollte der Betriebsrat achten: Wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmern die Möglichkeit einer Workation einräumt und dabei unternehmensinterne Leitlinien aufstellen möchte, wird er dabei unter mehreren Gesichtspunkten den Betriebsrat beteiligen müssen. Zu beachten ist insbesondere § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG, der für die Ausgestaltung mobiler Arbeit zugunsten des Betriebsrats ein zwingendes Mitbestimmungsrecht vorsieht. Neben der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG sind bei der Ausgestaltung der Workation aber auch noch weitere Mitbestimmungstatbestände des § 87 Abs. 1 BetrVG zu beachten, insbesondere

  • bei Regeln zur Arbeitszeit nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG;
  • im Rahmen der Einführung von „technischen Einrichtungen“ nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG;
  • bei Vergütungsfragen oder Aufwandsentschädigungen nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG;
  • bei Fragen zum Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG;
  • sofern mitbestimmungspflichtige Versetzungen nach § 99 BetrVG erfolgen.

Die Entscheidung, ob die Arbeitnehmer die Möglichkeit zur Workation haben, trifft der Arbeitgeber dagegen alleine. Bei dieser Frage hat der Betriebsrat nicht mitzubestimmen.

Open Space Büros

Open Space Büros versprechen Kommunikation sowie Kooperation der Arbeitnehmer untereinander zu fördern. Es handelt sich insoweit um Großraumbüros, in denen bewusst kaum Wände, Türen oder andere räumliche Grenzen eingebaut wurden. Es soll damit eine soziale Interaktion möglich sein, die zu einer Gruppenintelligenz und zu besseren Ergebnissen führen. Der Unterschied zu „alten“ Großraumbüros: Es bestehen keine festen Arbeitsplätze mehr. Daneben gibt es häufig Rückzugsmöglichkeiten, um je nach Arbeitsstil und Art der Aufgabe auch einmal ungestört arbeiten zu können.

Die Kritik an Open Space Büros: Die gemeinsame Benutzung von PC, Notebook, Büroutensilien und -geräten kann die Aufgabenerledigung verlangsamen. In Open Space Büros besteht zudem meist Dauerlärm. Es gibt daher einen kontinuierlich hohen Stresspegel wegen ständiger Geräusche und Ablenkungen. Auch die ständigen Kontakte mit anderen Personen können sich negativ auswirken und bringen Konfliktpotential mit sich. Rückzugsorte vor missliebigen Kollegen bestehen noch weniger als in den „alten“ Großraumbüros.

Darüber hinaus können Open Space Büros der Gesundheit schaden, weil es aufgrund der Menschenmenge zu einer ungehinderten Verbreitung von krankheitserregenden Bakterien und Viren kommen kann.

Darauf sollte der Betriebsrat achten: Der Betriebsrat hat dann mitzubestimmen, wenn es sich um Fragen der Ordnung im Betrieb oder des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb handelt. Es geht dabei um zwei Mitbestimmungstatbestände:

  • Fragen der Ordnung des Betriebes erfassen verbindliche Verhaltensregelungen, die in einem Unternehmen ein reibungsloses Miteinander ermöglichen sollen.
  • Fragen des Verhaltens erfassen Maßnahmen, die das Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb betreffen oder berühren, ohne dass sie verbindliche Normen für das Verhalten der Arbeitnehmer zum Inhalt haben.

Wenn es also bestimmte Regelungen gibt, die die Nutzung der Arbeitsplätze anbelangen, wie z.B. ein rollierendes System oder freie Platzwahl jeden Morgen, können Mitbestimmungsrechte nach § 87 Abs. 1 BetrVG berührt sein. Es geht um die „Ordnung“ im Betrieb, § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG.

Zudem werden Arbeitnehmer fast immer verpflichtet, den ausgewählten Arbeitsplatz vor Verlassen des Büros aufzuräumen und alle nicht zum Arbeitsplatz gehörenden Gegenstände mitzunehmen. Dem Betriebsrat kann in diesem Zusammenhang nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht zustehen.

Auch unter dem Aspekt des Gesundheitsschutzes kann sich ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG ergeben, da alle Regelungen über die Verhütung von Berufskrankheiten und Arbeitsunfällen sowie über den Gesundheitsschutz mitbestimmungspflichtig sind.

In der Regel führt der Arbeitgeber bei Open Space Büros eine Buchungssoftware ein, um Arbeitnehmern die Möglichkeit zur kurzfristigen Reservierung und Buchung eines Arbeitsplatzes zu bieten. In solchen Fällen ist der Betriebsrat gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG zu beteiligen.

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