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Taschenkontrolle nicht mit BR abgestimmt - Beweis vor Gericht verwertbar?

Meine Damen und Herren, dieser Fall folgt einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts, und zwar hier kann man gleich zwei Entscheidungen zitieren, einmal vom 13.12.2 in Erläuterung dessen vom 09.07.2013. Stellen Sie sich folgenden Fall vor: Sie sind Betriebsrat einer Filiale, hier war es eine spezielle Filiale, ein Einzelhandel, ein Discounter, der halt auch so Kosmetikartikel verkloppt und da sind Arbeitnehmer beschäftigt und Sie als Betriebsrat eben auch. Jetzt macht der Arbeitgeber in diesem Standort auch immer wieder Revision, also er lässt die Produkte nachzählen, die neu in den Regalen sind, im Lager, die verkauft wurden. Natürlich geht das nie so ganz einher, ein bisschen Verlust ist ja immer. Nur der Arbeitgeber hat hier über Dauer festgestellt, das was wir verkaufen und der Wareneingang, das kommt mit dem aktuellen Warenbestand überhaupt nicht mehr einher, er hatte also den Verdacht, dass Mitarbeiter ab und zu vielleicht mal was in die Tasche stecken und mit nach Hause nehmen, weil so einen kleinen Lippenstift, den sieht man ja auch nicht unbedingt, wenn man es in der Handtasche, in der Aktentasche oder in der Hosentasche hat. Deswegen überlegte sich der Arbeitgeber, wie kann ich den Leuten auf die Schliche kommen?, und hat eine Taschenkontrolle eines Abends durchgeführt. Er hatte aber einen Betriebsrat, dieser Arbeitgeber, und der Arbeitgeber hat den Betriebsrat aber vorher nicht ins Boot geholt, also weder informiert, angehört, geschweige denn eine Zustimmung eingeholt. Mit dem Hintergrund wahrscheinlich, vielleicht nachher ist es aus dem Betriebsrat selber einer oder es wird irgendwie "gesungen" und dann nachher mach ich eine Kontrolle und dann hat natürlich keiner was in der Hosentasche, also sage ich es auch niemandem. Dann ist dieser Tag der Kontrolle, eine Dame will den oder hat den Kassenbereich verlassen, eine Angestellte, aber noch nicht die Tür, die dann in den öffentlichen Bereich hinausführt und dort hat sich der Arbeitgeber positioniert, der Standortleiter, und hat die Dame, als Angestellte dieses Betriebes, gefragt: Sie wissen ja, wir haben ja hier Revision, erzählt ihr die ganze Geschichte, dass aber irgendwie ein bisschen zu arg der Fehlbestand da ist und dass der Verdacht nicht direkt jetzt gegen sie geht, aber man hat den Verdacht auf jeden Fall, den man nicht anders ausräumen kann, dass auch Mitarbeiter eventuell kleine Sachen hier einstecken, ohne es zu bezahlen und deswegen macht er jetzt eine Taschenkontrolle bei jedem zehnten Mitarbeiter, der hier rausgeht und das wäre nun gerade sie. "Ich dürfte Sie bitten, mal Ihre Handtasche aufzumachen." Die Dame hätte jetzt dem Arbeitgeber nicht die Handtasche öffnen müssen, aber da kann der Arbeitgeber dann vielleicht in diesem Fall auch die Polizei rufen, dann wird es auch unangenehm, also machte die Arbeitnehmerin die Tasche auf und, schwupps, da war ein Lippenstift drin von dieser Firma, auch mit einem extra Etikett ausgezeichnet, was ein Sonderangebot von heute war, also zuordenbar diesem Tag. Und was hat der Arbeitgeber dann noch verlangt von der Arbeitnehmerin? Da haben Sie doch einen Kassenzettel. Hatte sie einen Kassenzettel? Nein. Was folgte darauf? Die fristlose Kündigung. Bitte, dieser Fall spielte 2 noch für Sie, da gab es diese Bagatellkündigungsfälle, die jetzt heute anders behandelt werden müssen, teilweise mit einer vorigen Abmahnung, noch nicht, sondern egal, wenn Sie etwas gestohlen, unterschlagen haben, der Wert war 2 sie wurden fristlos ohne Abmahnung rausgeschmissen. Frage war jetzt hier: Die Arbeitnehmerin klagte gegen die Kündigung, gar nicht jetzt wegen, bei diesem geringen Wert darf man nicht rausschmeißen, das war damals beim BAG noch nicht so unbedingt das Argument, aber wir haben ja einen Betriebsrat, der hat ja ein Mitbestimmungsrecht, nämlich § 87 Abs. 1 Nr. 1, Ordnungsverhalten bei der Taschenkontrolle und er wurde gar nicht davor ins Boot geholt, also muss auch der Beweis bei Gericht gar nicht verwertbar sein dürfen. Das ging bis zum Bundesarbeitsgericht und die sagten: "Doch, kann man verwerten, auch wenn der BR gar nicht ins Boot geholt wurde." Warum? Das Bundesarbeitsgericht sagt: "Ja, kollektivrechtlich ist hier einiges schief gelaufen." Das heißt, das Bundesarbeitsgericht macht hier zwei Schienen auf. Das kollektive Recht, jawoll verletzt, aber auch das Individualarbeitsrecht aus dem Arbeitsverhältnis und da kann man es verwerten. Diese beiden Bereiche darf man nicht vermischen, das muss eben schön getrennt bleiben und das ist die Lösung dieses Falles. Hier sehen Sie auch, meine Damen und Herren, normal sind die Arbeitsgerichte und das BAG arbeitnehmerfreundlich, aber natürlich bei solchen Dingen, wenn es um Diebstahl geht, das sind ja schon ganz heftige Vorwürfe aus dem Arbeitsverhältnis, da ist natürlich dann auch mal Schluss mit lustig.

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