Es gibt Arbeitgeber, die vereinbaren mit Arbeitnehmern, die sie neu eingestellt haben, gerne eine kürzere Probezeit, beispielsweise von drei Monaten anstelle der üblichen sechs Monate. Eigentlich noch einigermaßen großzügig, nicht wahr?
Es ist doch ein Entgegenkommen des Arbeitgebers, ein Vertrauensvorschuss. Nicht wahr?
Ja genau, nicht wahr. Denn die Wahrheit kann ganz anders aussehen. Eine Probezeit hat nämlich nur Bedeutung für die Kündigungsfrist, also für die Frage zu welchem Zeitpunkt ein Arbeitsverhältnis durch eine Kündigung beendet wird und nach Ablauf der Probezeit verschiebt sich dieser Zeitpunkt weiter nach hinten. Also eine Kündigung, die ich jetzt ausspreche, die ist dann nicht mehr in zwei Wochen, führt die zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses sondern erst in vier Wochen.
Die Probezeit hat aber nichts damit zu tun, ob, also unter welchen mehr oder weniger strengen Voraussetzungen das Arbeitsverhältnis gekündigt werden kann. Da spielt nämlich die Wartefrist eine Rolle. Denn in einem Unternehmen mit mehr als zehn Arbeitnehmern greifen nach Ablauf einer gesetzlich vorgesehenen Wartefrist, von eben sechs Monaten, der Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz. Und nach Ablauf der sechsmonatigen Wartefrist kann ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer also nur noch unter bestimmten Voraussetzungen das Arbeitsverhältnis kündigen.
Wenn ein Arbeitgeber also die Probezeit abgekürzt, kürzt er damit noch lange nicht die Wartezeit nach dem Kündigungsschutzgesetz ab. Und das wissen aber viele Arbeitnehmer nicht. Sie meinen, die Probezeit ist ein und dasselbe wie die Wartefrist. Sie meinen daher auch nach Ablauf der vermeintlich großherzig gewährten dreimonatigen Probezeit, ja da seien sie sicher, jetzt hätten sie Kündigungsschutz. Das ist gerade nicht der Fall! Und derjenige Arbeitgeber der bewusstermaßen nur die Probezeit verkürzt, wartet die Probezeit ab und schaut sich dann in der verbleibenden Zeit, bis auch die sechsmonatige Wartefrist verstrichen ist, die Leistung des Arbeitnehmers genauer an. Und die Annahme des Arbeitgebers ist dabei, der Arbeitnehmer der fühlt sich ja jetzt nach Ende der Probezeit, wegen des vermeintlichen Kündigungsschutzes, sicher. Und er zeigt also dann in den drei weiteren Monaten sein wahres Gesicht. Und die Gretchenfrage des Arbeitgebers dabei:
Bleibt es bei den guten Leistungen oder fällt die Performance-Kurve des Arbeitnehmers runter- fällt die ab?
Die eigentliche Probezeit beginnt hier also nach der Probezeit. Aber als Arbeitnehmer kann man das Ganze mit der Probezeit auch umdrehen, frei nach Tucholsky:
Wenn man einen Menschen richtig beurteilen will, fragt man sich immer:
Möchtest du den zum Vorgesetzten haben?