Neue Zeugnis-Codes - Was kann der BR dagegen tun?

Arbeitsgerichtsprozesse sind eine dröge Veranstaltung, ganz anders als die Fernsehgerichte das erscheinen lassen. Zeugen, die den Richter belehren, Anwälte, die nach der Pfeife des Mandanten tanzen. Sowas gibt es nicht. Obwohl, in Zeugnisstreitigkeiten, da kochen manchmal die Emotionen in der Tat hoch. Das ist auch kein Wunder der Arbeitnehmer ist auf ein Zeugnis angewiesen. Der Arbeitgeber übrigens auch. Es ist manchmal das einzige Mittel der Personalauswahl. Der Arbeitnehmer weiß natürlich, dass er am Besten mit der Schulnote Eins fahren würde.

Was heißt das im Zeugnis?

Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer beurteilen, dass seine Leistungen stets zur vollsten Zufriedenheit waren und dass auch sein Verhalten stets vorbildlich gewesen ist. Das und nur das wäre eine Eins. Aber selbst wenn der Arbeitgeber diese Eins vergibt, jubelt er manchmal dem Arbeitnehmer mittels spezieller Zeugnis-Codes eine schlechte Beurteilung unter. Nicht immer ist das sofort ersichtlich. Ich hab mal nachgefragt bei meinen Rechtsanwaltskollegen, welche Erfahrungen die mit Zeugnisrechtsstreitigkeiten haben. Und es ist einiges, meine Damen und Herren, zusammengekommen.

Bitte seien Sie vorsichtig, wenn der Arbeitgeber unterschreibt und neben die Unterschrift einen Smiley setzt, egal ob mit herauf- und heruntergezogenen Mundwinkeln, dann ist das nicht nur eine Frechheit, es ist illegal. Wenn man Ihnen eine ordentliche Aufgabenerfüllung bescheinigt, dann heißt das nichts anderes, als dass Sie noch nicht mal als Buchhalter zu gebrauchen wären. Achten Sie auch darauf, dass das Wort Interesse sparsam, am besten gar nicht, verwendet wird. Wenn Sie mit Interesse Ihre Aufgaben erledigt haben, heißt das, dass das Interesse zwar vorgelegen haben mag, dass Sie aber ein Loser gewesen sind. Und lassen Sie sich bitte auch nicht sagen, dass Sie mit den Vorgesetzten gut zurechtgekommen seien. Das ist erstens eine Selbstverständlichkeit und andererseits heißt es zweitens, dass Sie ein Schleimer gewesen sind. Nicht irgendein Schleimer, ein solcher Schleimer, dass es sogar Ihrem Chef peinlich gewesen ist und Sie wissen es, das will etwas heißen.

„Neuem gegenüber aufgeschlossen“ - Was heißt denn das?

Dass Sie sich noch nicht mal im Mittelalter zurecht gefunden hätten, so unmodern, so altbacken sind Sie nämlich. Und ganz wichtig: Wenn Sie als etwas Positives galten, auch das ist so ein Signalwort, dann bedeutet das, dass Sie es eben nicht tatsächlich waren. Eine große Offenheit, das will ich auch nicht lesen in meinem Zeugnis. Offen ist ein Signalwort für vorlaut. Und bitte, mit dem Kunden, dass Sie mit dem zurechtgekommen sind, ist ebenfalls eine Selbstverständlichkeit.

Wenn Sie beim Kunden beliebt waren, was heißt das dann?

Entweder waren Sie ein Säufer oder ein Grabscher oder beides. Jedenfalls haben Sie sich von der Kundschaft über den Tisch ziehen lassen in Verhandlungen. Seien Sie also vorsichtig und notfalls klagen Sie. Im Zeugnisrechtsstreit kommt fast immer ein günstiger Vergleich zwischen den Parteien heraus.

Was geht das alles nun den Betriebsrat an?

Ich hab da eine schlechte und eine gute Nachricht für Sie: Einerseits ist das Zeugnisrecht Individualarbeitsrecht. Das heißt der Betriebsrat ist draußen. Andererseits, wenn der Arbeitnehmer eine Beschwerde erhebt beim Betriebsrat über die ungerechte Benotung, dann wird aus dem eigentlich individualrechtlichen Anspruch ein kollektivrechtlicher. Jedenfalls, so kann man das sagen, darf und muss der Betriebsrat dieser Beschwerde nachgehen.

Wo steht`s?

In den §§ 84 und 85 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG).