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Wie berechnet sich die Abfindungshöhe beim Kündigungsschutzprozess?

Vielleicht ist es für den einen oder anderen von euch eine Überraschung wenn ich ihm sage, wenn ein Arbeitsverhältnis durch eine Kündigung beendet wird, dann gibt es nicht automatisch eine Abfindung. Habe ich in einem anderen Video schon bisschen was dazu ausgeführt. Wenn ihr neugierig seid könnt ihr da gerne reinklicken. Vielleicht war der eine oder andere von euch aber schon beim Arbeitsgericht und insbesondere da gibt's einen so genannten Gütetermin insbesondere in so einem Gütetermin das ist so ein erstes Verfahren wo man versucht als Richter Arbeitnehmer und Arbeitgeber zusammenzubringen und zu sagen kann man sich denn nicht gütlich trennen oder gütlich einigen. Insbesondere in diesem Termin kommt es oft dazu dass in Kündigungsschutzsachen dann ein Vergleich geschlossen wird und dann heißt es im Vergleich da gibt's eine Abfindung, da wird ein gewisser Betrag bezahlt. Die Frage ist warum macht man das? Warum kommt's nicht zu einem Urteil? Warum wird nicht das quasi durchprozessiert und am Schluss wie man es doch erwarten würde, gibt's ein Urteil? Die Antwort liegt darin, dass so ein Vergleich jede Menge Arbeit erspart: Der Richter kann schneller die nächste Akte abarbeiten. Die beiden Parteien, die Anwälte müssen nicht viel schreiben und man hat einfach in wesentlich kürzerer Zeit Klarheit. Insbesondere der Arbeitgeber aber auch eben der Arbeitnehmer müssen nicht über 1, 2 Jahre warten bis ein rechtskräftiges Urteil da ist, in dem dann steht der eine hat recht oder der andere nicht. Da ist nämlich mit so einer langen Zeit mit Risiko verbunden insbesondere wenn man eben als Arbeitgeber so einen Prozess verliert hat man plötzlich Annahmeverzug zu zahlen. Um dieses Risiko zu minimieren und Rechtssicherheit zu gewinnen schnell zu wissen woran man ist, ist es einfach Praxis in der Arbeitsgerichtswelt dass man viele Kündigungen letzten Endes durch so einen Abfindungsvergleich beendet. Und oft wenn so ein Abfindungsvergleich dann im Gütetermin vereinbart wird dann wird ein Satz von 0,5 Bruttomonatsgehältern pro Beschäftigungsjahr als Abfindung vereinbart. Also im Beispiel: Ein Arbeitnehmer ist fünf Jahre dabei, dann bekommt er 2,5 Bruttomonatsgehälter als Abfindung. Woher kommt diese Faustformel letzten Endes? Dieser Richtwert von 0,5 Bruttomonatsgehältern, da hat sich die Rechtsprechung am § 1a Kündigungsschutzgesetz angelehnt. Das ist eine Bestimmung die vorsieht für einen Arbeitgeber wenn er eine betriebsbedingte Kündigung ausspricht, dass er dann dem Arbeitnehmer eine Abfindung in Aussicht stellen kann, wenn der Arbeitnehmer sich gerade gegen die Kündigung nicht wehrt. Diese Abfindung ist ein gesetzlich in diesem § 1a Kündigungsschutzgesetz mit 0,5 Bruttomonatsgehältern erwähnt. Und diesen Wert den hat die Rechtsprechung aufgegriffen und nimmt ihn letzten Endes als eine Art Faustformel als Richtwert, um zu sagen OK bei einer 0815 Kündigung bei so einer normalen Kündigung, da soll das einfach so der Wert sein, zu dem das Arbeitsverhältnis dann eben monetär abgegolten wird. Die Gerichte müssen sich nicht dran halten. Da variieren auch die einen Gerichte und die anderen Gerichte da gibt's auch so ein Nord-Süd-Gefälle in Deutschland. Aber so als grobe Faustformel ist das schon einmal ein ganz guter Richtwert das mitzunehmen. Zwei Besonderheiten möchte ich euch noch auf den Weg geben. Erstens: Je mehr ein Arbeitnehmer so in Richtung gehobene Positionen oder Richtung leitender Angestellter wandert in der Hierarchie, desto mehr tendiert die Rechtsprechung dazu in so einer Situation einem Arbeitnehmer dann auch mehr als diesen 0,5-fachen Satz des Bruttomonatsgehalts zuzugestehen. Also wenn einer dann eben fünf Jahre dabei war und dann kann es so in Richtung fast fünf Bruttomonatsgehälter pro Beschäftigungsjahr gehen. Das ist so eine Üblichkeit kann mehr, kann mal weniger sein aber so als Richtformel. Was ganz wichtig ist allerdings ist ein Punkt: Die Kündigung sollte man dennoch immer genau prüfen und prüfen lassen denn wenn man feststellt als Arbeitnehmer man hat einfach Punkte die die Kündigung glasklar unwirksam sein lassen. Beispielsweise der Betriebsrat wurde zu einer Kündigung nicht angehört im Vorfeld. Das ist ein Grund da ist die Kündigung sofort unwirksam nach § 102 Betriebsverfassungsgesetz. Da hat man natürlich ein wunderbares Argumentationsmaterial und in so einer Situation wo eine Kündigungsschutzklage die man dann erhebt, Aussicht auf Erfolg hat und umgekehrt eben eine Kündigung mit hoher Wahrscheinlichkeit unwirksam ist. Da kann man natürlich entsprechend gut verhandeln und da folgt einem dann auch das Gericht und dann kann man dadurch versuchen, mehr als 0,5 Bruttomonatsgehälter pro Beschäftigungsjahr zu erreichen.

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