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Teilzeitler in Elternzeit - Wie berechnet sich die Abfindungshöhe?

Meine Damen und Herren, der heutige Fall ist nicht vom Bundesarbeitsgericht, sondern sogar noch eine Stufe höher, vom Europäischen Gerichtshof vom 27.02.2014. Was ist passiert? Wir haben einen Arbeitnehmer, der ist in Elternzeit gegangen, hat aber gleichzeitig bei diesem Arbeitgeber in Teilzeit weitergearbeitet, das kann man rechtlich auch machen. Man kann natürlich auch komplett aussteigen und sagen, für 1-2 Jahre, "ich kümmere mich nur um meine Kinder und arbeite nicht nebenher", aber man kann, wenn man möchte, neben der Elternzeit bei diesem Arbeitgeber auch Teilzeit arbeiten, so auch geschehen. Machen wir den Fall etwas leichter, wir sagen: Vor der Elternzeit hat der Arbeitnehmer in Vollzeit gearbeitet, mit 4000€, brutto. Und jetzt in Elternzeit geht er in Teilzeit, 20 Stunden, und kriegt dann die Hälfte, nur noch 2000€, brutto. Meine Damen und Herren, in der Elternzeit, wo der Arbeitnehmer dort Teilzeit arbeitete, hat er jetzt die Kündigung vom Arbeitgeber bekommen. Da werden Sie sagen: "Das geht ja gar nicht, da hat man Sonderkündigungsschutz." Das stimmt auch, aber manche Arbeitgeber sagen: "Wenn es rechtlich nicht zulässig geht und wir trotzdem Personal abbauen wollen, dann schmeißen wir eben noch andere Leute raus, ist ja eine Frage des Preises." Das passiert ab und zu. So auch hier geschehen. Da war der Arbeitnehmer beim Arbeitsgericht. Sie wissen, man hat drei Wochen Zeit nach Zugang der Kündigung, um Kündigungsschutzklage einzureichen. Das hat der Arbeitnehmer auch eingehalten. Und dann, wie es so oft ist, hat man sich verglichen bei Gericht. Jetzt ist es ja auch meistens bei einem Vergleich so, dass man natürlich, wenn man das Arbeitsverhältnis aufgibt, wobei man hier ja gar nicht hätte kündigen können, eine Abfindung bekommen kann. Die Frage hier: Wonach bemisst sich die Abfindung? Nach dem jetzigen Teilzeitgehalt, von 2000€ brutto, oder nach dem alten Vollzeitgehalt von 4000€ brutto? Es gibt eine deutsche Norm, die die Lösung herbeiführen könnte, das ist § 10 Abs. 3 KSchG. „Was steht das drin?“, werden Sie fragen, Sie haben vielleicht kein Gesetz zur Hand. Das steht übersetzt drin: Die Abfindung bei Gericht bemisst sich an der Gehaltshöhe, was Ihnen zustehen würde, wenn das Arbeitsverhältnis jetzt beendet würde. Also was Sie jetzt verdienen, das wären die 2000€, also ein halbes brutto pro Beschäftigungsjahr, das ist so eine Faustformel. Da sagt der EuGH: "Ne das machen wir jetzt hier nicht." Warum? Hier geht es ja nicht um einen normalen Kündigungsschutzprozess, es geht ja um Kündigung in Elternzeit und die Elternzeit ist dem EuGH auch ganz, ganz wichtig, da gab es auch viele gesetzliche Änderungen. Deswegen sagt der EuGH: "Diese deutsche Norm verstößt gegen eine europäische Richtlinie zur Elternzeit." Und wie bemessen wir jetzt die Abfindung? Nach dem Gehalt vor der Teilzeit in Elternzeit, in unserem Fall war es Vollzeit, also 4000€. Also Sie sehen, jetzt ist der Faktor immer noch 0,5, halbes brutto pro Beschäftigungsjahr, aber gemessen an den 4000€ und nicht nur an den 2000€. Sie sehen, im Arbeitsrecht gibt es viele Dinge, die lassen sich nicht immer so logisch herleiten, sind aber natürlich, wie hier auch, sehr arbeitnehmerfreundlich, da muss man immer auf dem Laufenden bleiben.

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