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Kann ein Arbeitnehmer stets die Herausnahme einer Abmahnung aus seiner Personalakte verlangen?

Meine Damen und Herren, der folgende Fall basiert auf einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 19.07.2012. Es war hier die Frage, ob ein Arbeitnehmer eine Abmahnung aus seiner Personalakte herausverlangen kann. Jetzt muss man hier ein bisschen ausholen, man muss immer unterscheiden: Wie wurde eigentlich die Abmahnung damals erteilt? War die rechtswidrig oder wurde die zu Recht erteilt? Ich mache hier Mal ein kurzes Beispiel: Angenommen Sie sind Arbeitnehmer eines Betriebes, Sie stehen morgens im Bad so gegen 7 Uhr, Arbeitsbeginn ist 8 Uhr - 8.30 Uhr, und da stehen Sie so, putzen sich die Zähne und auf einmal wird Ihnen ein bisschen schwummrig, da wird Ihnen auf einmal schwarz vor Augen und auf einmal ist quasi das Licht aus für Sie, Sie sind ohnmächtig, Kreislaufkollaps, sonstiges. Und dann wachen Sie vielleicht in Ihrem Bad so gegen 13:30 Uhr wieder auf, kommen langsam zu sich und denken sich: „Mensch super, mein Büro hat Kacheln.“ Dabei, nein, Sie sind noch in Ihrem Bad und merken auf einmal, dass Sie einen Ohnmachtsanfall hatten und für ein paar Stunden weggetreten waren und gehen sofort zu Ihrem Arzt und der stellt auch fest, wegen zum Beispiel Unterzucker oder irgendwas hatten Sie einen Kreislaufzusammenbruch, schreibt Sie also krank. Diese Krankmeldung bringen Sie am selben Tag vielleicht noch zu Ihrem Arbeitgeber, entschuldigen sich nochmal dafür, Sie können ja auch nichts dafür, aber einfach wegen des guten Tons, aber Sie hatten schon eine Abmahnung erteilt bekommen, morgens gegen 10 Uhr, weil es ein überambitionierter Personalleiter war, der einfach auch Mal sein Schreiben aufsetzen wollte. Diese Abmahnung liegt in Ihrer Personalakte, ist natürlich rechtswidrig, denn wenn Sie krank sind oder krankgeschrieben wurden, kann man Sie natürlich nicht abmahnen, da können Sie nichts dafür. Wenn Sie solch eine Abmahnung bei sich entdecken, also eine rechtswidrig erteilte, können Sie die jederzeit immer herausverlangen. Sei es vom Arbeitgeber über eine Gegendarstellung, zur Not über das Arbeitsgericht. Anders ist der Fall wie hier, der jetzt ganz spannend ist. Was ist denn, wenn eine Abmahnung Mal zu Recht erteilt wurde? Können Sie die dann irgendwann einmal herausverlangen aus der Personalakte? Nehmen wir also denselben Fall wie gerade eben: Sie kommen Mal ein paar Stunden zu spät zur Arbeit, aber eben nicht, wie gerade eben erwähnt, weil Sie krank waren, sondern Sie sagen sich: "Naja, jetzt habe ich eben keinen Urlaub mehr, Überstunden auch nicht, es ist aber Sommer, das Wetter ist schön, jetzt gehe ich erstmal an den See. Ich bin ja schon 20 Jahre in der Firma, da macht es ja wohl nichts aus, wenn ich statt 8:30 Uhr erst um 15 Uhr zur Arbeit komme." Dann kommen Sie zu spät zur Arbeit, ohne sich abgemeldet zu haben, ohne Urlaub und Überstunden eingereicht zu haben oder sonst was und jetzt kriegen Sie eine Abmahnung wegen Zuspätkommens. Diese Abmahnung ist natürlich zu Recht erteilt worden. Jetzt kommt der Knackpunkt: Sie entdecken jetzt eine Abmahnung, die mal rechtmäßig erteilt wurde, aber die zum Beispiel jetzt schon 7 Jahre her ist und jetzt fragen Sie sich: Können Sie diese Abmahnung aus der Personalakte herausverlangen? Im Arbeitsrecht gibt es einen Grundsatz: Spätestens nach 2-3 Jahren ist eine Abmahnung zumindest mal verwirkt, die verjähren nicht aber sie verwirken. Was heißt das? Wenn Sie bei einem gleichen Vorwurf also zu spät kommen, jetzt nochmal so einen Vorfall hätten, Sie kommen wieder unentschuldigt zu spät, das aber 7 Jahre nach dem der letzte Vorfall war, dann zeigt die alte Abmahnung keine Wirkung mehr, man könnte sie nicht kündigen, man müsste Sie erstmal noch erneut abmahnen. Aber die Frage, muss die alte Abmahnung vor 7 Jahren herausgenommen werden? Das ist jetzt eben der Punkt, den das BAG entschieden hat und die haben gesagt: Grundsätzlich nein. Jetzt fragen Sie sich: "Warum, das ist doch verwirkt, wieso kann das nicht raus?" BAG sagte: "Wenn diese Abmahnung noch irgendeine Bedeutung für das zukünftige Arbeitsverhältnis haben kann, als Dokumentationspflicht, zum Beispiel für ein Zwischenzeugnis, für eine Beförderung, für eine Versetzung, für eine Leistungsbeurteilung, zur Not für einen späteren Kündigungsschutzprozess, dann bleibt diese zwar jetzt schon verwirkte Abmahnung aber aus Dokumentationspflichten in der Personalakte drin."

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