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Betriebsrat plaudert Interna aus – darf er deshalb fristlos gekündigt werden?

Anlass unseres heutigen Gespräches ist eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Schleswig Holstein vom 04.03.2015, in welchem ein Betriebsratsmitglied in einem Aufsichtsrat saß. Im Aufsichtsrat erfuhr er einige Kennzahlen, die er dann einem anderen Betriebsrat, als dem, dem er selbst angehörte, mitteilte, also dem Betriebsrat eines anderen Unternehmens. Der Arbeitgeber reagierte erbost und sprach die fristlose Kündigung aus. Zu Recht? Das Landesarbeitsgericht Schleswig Holstein hat zunächst festgestellt, dass eine fristlose Kündigung auch dann möglich ist, wenn arbeitsvertragliche Pflichten verletzt werden. Hierzu gehören auch arbeitsvertragliche Nebenpflichten, also solche, die es verbieten, den Arbeitgeber zu schädigen, ohne dass dies, in welcher Weise auch immer, gerechtfertigt sei. Hier hat es bejaht, dass die Verletzung der Schweigepflicht durchaus, ich wiederhole, durchaus einen Rechtfertigungsgrund für eine fristlose Kündigung darstellen kann. Aber wir haben ja hier die Besonderheit, dass das Betriebsratsmitglied im Rahmen seiner Betriebsratstätigkeit diese Pflichtverletzung begangen hat. Das Landesarbeitsgericht hat deswegen ausdrücklich ausgeführt, dass die Verletzung betriebsverfassungsrechtlicher Vorschriften eine fristlose Kündigung nicht rechtfertigen kann. Ich brauche also beim Betriebsratsmitglied immer eine Verletzung einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht. Und hier sah das Landesarbeitsgericht Schleswig Holstein einen Problemfall. Nämlich liegt hier auch die Verletzung einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht vor. Letztendlich hat das Landesarbeitsgericht Schleswig Holstein das verneint, indem es gesagt hat: "Ja, betriebsverfassungsrechtlich war das Betriebsratsmitglied zwar nicht korrekt unterwegs als es diese Kennzahlen weitergegeben hatte, aber eine arbeitsvertragliche Nebenpflichtverletzung kann hierin nicht gesehen werden." Wir stellen also fest: Das Betriebsratsmitglied, welches im Rahmen seiner Tätigkeit Interna erfährt und diese gegebenenfalls auch verbotswidrig weiterleitet, ist noch nicht direkt von der fristlosen Kündigung bedroht. Das Arbeitsgericht muss immer dann auch noch feststellen, dass zu dieser Verletzung einer betriebsverfassungsrechtlichen Pflicht, beispielsweise aus §79 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) Geheimhaltungsverpflichtung, eine zusätzliche arbeitsvertragliche Verpflichtung kommt. Wenn dies verneint wird, dann ist eine fristlose Kündigung auch nicht gerechtfertigt. Ich darf also zusammenfassend feststellen, dass nicht jede Pflichtverletzung, jede Verletzung des §79 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), eine fristlose Kündigung nach sich zieht. Nach Sichtung der Rechtsprechung ist es bislang in keinem Fall zu einer bestätigten fristlosen Kündigung gekommen. Gleichwohl möchte ich Ihnen empfehlen, die Geheimhaltungsverpflichtungen doch ernst zu nehmen, aber sollte hier mal eine Information weitergegeben werden, von der ich auch als Betriebsratsmitglied subjektiv meine, dass sie wichtig ist und wert ist weitergegeben zu werden, bin ich noch nicht von einer fristlosen Kündigung bedroht.

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