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Wie der Betriebsrat in der Urlaubszeit beschlussfähig bleibt

Der § 33 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) verlangt von Ihnen als Betriebsrat, dass mindestens die Hälfte der Betriebsratsmitglieder an der Beschlussfassung zu einem Betriebsratsbeschluss teilnimmt. Nimmt weniger als die Hälfte teil, ist ein Beschluss unwirksam. Die möglichen dramatischen Folgen davon: Betriebsvereinbarung – unwirksam. Mögliche Ansprüche von Arbeitnehmern aus dieser BV - die gibt es nicht. Widerspruch des Betriebsrats zu einer Kündigung – unwirksam. Der geltend gemachte Anspruch eines Arbeitnehmers auf Weiterbeschäftigung gemäß § 102 Abs. 5 BetrVG – sinnlos. Die Zustimmungsverweigerung zu einer Versetzung im Sinne von § 99 BetrVG – unwirksam. Schutz des Arbeitnehmers, der versetzt werden soll – negativ. Umso wichtiger also zu wissen, wie bleibt man als Betriebsrat beschlussfähig? Insbesondere, wenn die große Reisezeit ansteht und alle im Urlaub sind. Das können Sie unter anderem tun: Erstens: Beachten Sie, der Urlaub eines ordentlichen Betriebsratsmitglieds muss nicht automatisch bedeuten, dass es verhindert ist, an der Betriebsratssitzung teilzunehmen. Wenn also ein ordentliches Betriebsratsmitglied sagt, Jungs und Mädels oder "Liebe Kollegen, ich bin zwar im Urlaub, den mach ich aber auf Balkonien. Wenn also etwas ist und ihr einen Beschluss zu fassen habt, dann ruft mich", dann geht das. Das Betriebsratsmitglied kann dann trotz Urlaub an der Betriebsratssitzung teilnehmen und wird dann natürlich auch bei der Feststellung der Beschlussfähigkeit mitgezählt. Zweitens: Berücksichtigen Sie auch die Ersatzmitglieder. Denn § 33 Abs. 2 BetrVG bestimmt im zweiten Halbsatz, dass gerade auch bei der Beschlussfassung und also auch bei der Feststellung der Beschlussfähigkeit eine Stellvertretung durch Ersatzmitglieder zulässig ist. Sind also alle ordentlichen Betriebsratsmitglieder im Urlaub, macht nichts. Solange nur ausreichend Ersatzmitglieder da sind, um mindestens die Hälfte der Betriebsratsstühle im Gremium zu begleiten. Drittens: Wenn all das nicht hilft, alle Feldspieler und auch die gesamte Ersatzbank, alle auf Reisen sind, wenn man das kommen sieht und zufällig einen Gesamtbetriebsrat im Unternehmen hat, mit dem man sich auch noch gut versteht, vielleicht kann man dann ja auch schon vor der großen Ferienzeit das eine oder andere Spezialthema, von dem man weiß, es wird in der Urlaubszeit auftauchen, vielleicht kann man das ja dann delegieren. Stichwort ist hier § 50 Abs. 2 BetrVG. Aber Vorsicht: Bei diesem Delegationsbeschluss sollte nicht nur die Mehrheit der Betriebsratsmitglieder anwesend sein, sondern auch für eine entsprechende Delegation sein. Denn bei einer Delegation braucht es nicht etwa nur die einfache, sondern vielmehr die qualifizierte Mehrheit. Und noch ein, nicht ganz ernst gemeinter, Tipp: Wenn Sie wissen, dass der Chef Ihnen ein paar Mails schicken wird, dann können Sie ja auch folgenden Satz in Ihren Mail-Abwesenheitsassistenten eingeben: Der Mailserver konnte diese Serververbindung nicht verifizieren. Bitte starten Sie Ihren PC neu und versuchen, diese Mail nochmals zu senden. Mal schauen, wie Sie dann Ihr Chef nach Ihrem Urlaub begrüßen wird.

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