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Techtelmechtel am Arbeitsplatz - Ein Rechtsproblem?

Einem Arbeitnehmer war die verhaltensbedingte Kündigung erteilt worden, außerordentlich, also fristlos. Warum? Er hatte, was er allerdings bestritt, ein Verhältnis mit einer Kollegin. Diese Kollegin war ebenfalls und zugleich dem Arbeitgeber zugetan. Und nach dem Ende der einvernehmlichen Affäre hatte die Kollegin sich wieder dem Arbeitgeber angenähert. Der wollte daraufhin den Arbeitnehmer und Nebenbuhler loswerden und erteilte die Kündigung. Zu Unrecht, meinte der Arbeitnehmer. Denn mit wem er ein Verhältnis unterhalte, entscheide immer noch er selbst, außerdem habe ein wirkliches Verhältnis nicht bestanden. Zwar habe man sich gut, sehr gut miteinander verstanden, aber man sei eben nur enge Freunde gewesen. Außerdem sei ja nur das sogenannte außerdienstliche Verhalten betroffen und außerdem habe der Arbeitgeber vor der Kündigung keine Abmahnung erteilt. Das aber, so meinte der Arbeitnehmer, habe er tun müssen, auch im sogenannten Vertrauensbereich. Der Richter war wenig beeindruckt, das Publikum allerdings begeistert. Denn der Arbeitgeber bestand auf eine sogenannte Beweisaufnahme. Er hatte die Kollegin, um die es hier ging, nämlich mitgebracht, als sogenannte Präsenzzeugin. Aber der Richter wollte sie nicht hören, denn: Welche Fragen, so fragte sich der Richter, soll ich dieser Kollegin stellen? "Und selbst wenn ein Verhältnis nachgewiesen ist, was wäre denn damit bewiesen?" Auch das fragte sich der Richter. Denn ein Verhältnis per se kann noch nicht zu einer Kündigung Anlass geben. Auch der Gesichtspunkt des außerdienstlichen Verhaltens sei genau zu untersuchen. Und abwegig sei auch nicht das Argument, dass ja keine Abmahnung zuvor erteilt worden sei. Und es gab weitere Probleme. Der Arbeitgeber stellte nämlich einen sogenannten Auflösungsantrag. Sie wissen es: Man kann ein Arbeitsverhältnis vor dem Arbeitsgericht auch dann auflösen, wenn es eigentlich keinen Kündigungsgrund gibt, wenn aber die Weiterbeschäftigung eines Arbeitnehmers aus Arbeitgebersicht begründet unzumutbar ist. Ich weiß nicht, wen ich hier lieber vertreten hätte. Den Arbeitgeber oder den Arbeitnehmer. Beide Seiten hatten gute inhaltliche Argumente auf ihrer Seite, beide Seiten waren anwaltlich exzellent vertreten und beide Seiten operierten in einem Gebiet, in dem es bisher kaum belastbare Rechtsprechung gibt. Gibt es etwas, das Betriebsräte aus diesem Fall lernen können? Erstens: Enge soziale Beziehungen am Arbeitsplatz, auch sexuelle Beziehungen, stellen für sich betrachtet noch keinen verhaltensbedingten Kündigungsgrund dar. Zweitens: Abmahnungen sind und bleiben wichtig, auch im Vertrauensbereich, auch wenn man hier und da zuletzt anderes lesen konnte. Drittens: Es spielt eine Rolle, so ein weiterer Gesichtspunkt des Richters, ob die beteiligten verheiratet waren miteinander oder nicht. Man will es nicht glauben, aber auch im Jahr 2016 ist dies aus rechtlicher Sicht ein Gesichtspunkt, der nicht ganz zu unterschätzen ist. Viertens: Neben der Kündigung gibt es noch die sogenannte Auflösung eines Arbeitsverhältnisses. Auch die muss der Arbeitnehmer immer im Blick haben. Sie kann ihm gefährlich werden. Und, vielleicht ist das der letzte Gesichtspunkt: Richter hassen Beweisaufnahmen. Denn sie sind arbeitsaufwändig und sie sind konfliktanfällig. Mein Rat an Sie: Vermeiden Sie das Verhältnis im Arbeitsverhältnis und wenn es gar nicht anders geht, dann verschleiern Sie es ausreichend.

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