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Wann können Betriebsräte bei personellen Maßnahmen ihre Zustimmung verweigern?

Kennen Sie eigentlich die Grundsatzentscheidung zur Zustimmungsverweigerung bei Einstellung? Hatte das BAG vor einigen Jahren zu entscheiden. Und was war da passiert? Da war ein Arbeitgeber, der war tarifgebunden. Der Tarifvertrag war allerdings ausgelaufen und befand sich bereits in der Nachwirkung. Jetzt wird die Position eines Ingenieurs frei und der Arbeitgeber bittet den Betriebsrat um die Zustimmung zur Einstellung des Wunschkandidaten. Auf Nachfrage des Betriebsrates, was denn dazu geführt hat, dass dieser Ingenieur der absolute Wunschkandidat des Arbeitgebers ist, äußert der Arbeitgeber: Das ist super, dieser Ingenieur hier ist tatsächlich bereit zu untertariflichen Arbeitsbedingungen zu arbeiten. Und das reichte dem Arbeitgeber schon, um zu sagen, der muss es sein. Im Übrigen waren die erfolgte Unterrichtung und die übermittelten Informationen rechtlich nicht zu beanstanden. Der Betriebsrat tobt und sagt, das kann doch wohl nicht sein! Diese Zustimmung darf nicht erteilt werden! Aber welche Gründe hält das Betriebsverfassungsgesetz für Sie bereit? Zunächst mal stützte sich der Betriebsrat auf § 99 Absatz 2 Ziffer 1. Und dieser berechtigt die Zustimmung zu verweigern, wenn die geplante Maßnahme, hier also die Einstellung, gegen eine gesetzliche, tarifliche oder betriebsverfassungsrechtliche Vorschrift verstößt. Der Verstoß gegen eine vorhandene Auswahlrichtlinie kann ein Zustimmungsverweigerungsrecht bilden, genauso wie die unterbliebene interne Stellenausschreibung, die der Betriebsrat verlangt hat. Schließlich können Sie die Zustimmung verweigern, wenn Sie erhebliche Nachteile für den von der Maßnahme betroffenen Arbeitnehmer sehen, und auch dann, wenn alle anderen Arbeitnehmer benachteiligt werden könnten durch diese Maßnahme, können Sie die Zustimmung verweigern. Der letzte Zustimmungsverweigerungsgrund ist die tatsachenbegründete Besorgnis, der Betriebsfrieden könne gestört werden. Unser Betriebsrat hatte aus allen Zustimmungsverweigerungsgründen, mit Ausnahme der betroffenen Auswahlrichtlinie, die Zustimmung verweigert. Die Einstellung zu untertariflichen Bedingungen sei nicht zulässig. Dadurch werde dieser Ingenieur im Übrigen benachteiligt. Weil schlussendlich der Arbeitgeber versuchen werde, die Arbeitsbedingungen insgesamt auf den untertariflichen Bereich herabzustufen, sei auch eine Gefahr für die übrigen Beschäftigten erkennbar. Ja, und irgendwann werde dieser Ingenieur doch anfangen zu nörgeln, wenn er merkt, er arbeitet für weniger Geld als alle anderen und wer nörgelt, der stört den Betriebsfrieden. Das Bundesarbeitsgericht hat die Zustimmung des Betriebsrates ersetzt. Denn die Einstellung zu untertariflichen Bedingungen ist nicht verboten. Das Gesetz, der Tarifvertrag und auch eine mögliche Betriebsvereinbarung verbieten ja nicht, dass der Prüfingenieur arbeitet, sondern sie sagen allenfalls, wenn er arbeitet, dann hat er Anspruch auf ein bestimmtes Einkommen. Das aber ist eine Frage der Eingruppierung. Eine Benachteiligung des betreffenden Arbeitnehmers ist immer eine Verschlechterung seines Status Quo. Bei der Einstellung gibt es keinen Status Quo. Er hat hier noch gar keine rechtliche Position erworben, die sich hätte verschlechtern können. Weil die übrigen Kollegen dieses Ingenieurs über den nachwirkenden Tarifvertrag, beziehungsweise dann über den Abschluss eines neuen Tarifvertrages hinreichend geschützt waren, lag auch keine Benachteiligungsgefahr für die übrigen Arbeitnehmer des Betriebes vor. Ja, und wenn niemand benachteiligt wird und alle sind glücklich und zufrieden, dann ist auch keine Gefahr für den Betriebsfrieden erkennbar. Also, das Bundesarbeitsgericht hatte hier wirklich einen interessanten Fall zu entscheiden gehabt. Lesen Sie sich den mal durch, Sie werden viele interessante Erkenntnisse für das Zustimmungsverweigerungsrecht des 99 gewinnen.

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