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Arbeitsgericht oder Einigungsstelle - Wer ist zuständig?

Sie müssen viele Freunde haben, jedenfalls genießen Sie Vertrauen in der Belegschaft. Anderenfalls wären Sie nicht Teil des Betriebsrats, denn Sie haben eine erfolgreiche Wahl hinter sich. Herzlichen Glückwunsch dazu. Möglicherweise aber haben Sie festgestellt: Nun da ich Betriebsratsmitglied bin, habe ich viel weniger Freunde. Genau genommen sind es nur zwei. Das Arbeitsgericht und die Einigungsstelle. Beide helfen Ihnen als Betriebsrat Ihre Rechte durchzusetzen. Notfalls streitweise gegenüber dem Arbeitgeber. Wer aber nun ist für mich zuständig? Wichtig ist zunächst die Erkenntnis, dass Sie entweder die Einigungsstelle oder aber das Arbeitsgericht zur Hilfe rufen können in einer jeweiligen Angelegenheit. Niemals sind beide Freunde für Sie zuständig. Sie dürfen beide also nie zu einer Party einladen. Wann ist denn nun die Einigungsstelle zuständig und wann das Arbeitsgericht? Hierzu gibt es vier einfache Regeln, ich zähle sie auf. Die Einigungsstelle ist zuständig, wenn das Gesetz es so vorschreibt. Sie müssen also in das Betriebsverfassungsgesetz hinein schauen. Wird dort erwähnt, dass die Einigungsstelle für Ihr Problem zuständig sei, dann ist diese zuständig. Wer ist dann nicht zuständig? Das Arbeitsgericht. Zweite Regel: Das Arbeitsgericht ist zuständig, wenn das Gesetz es so vorschreibt. Das gibt es tatsächlich. Manchmal steht im Gesetz: "Lieber Betriebsrat, wenn du ein Problem hast mit dem Arbeitgeber, dann ziehe doch vors Arbeitsgericht. Genauer, stelle einen Antrag im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren." Sie ahnen, wer in diesen Fällen nicht zuständig ist. Richtig, die Einigungsstelle. Dritte Regel: Wenn das Gesetz schweigt, und das ist der Normalfall, dann ist immer das Arbeitsgericht zuständig, nie die Einigungsstelle. Denn die Einigungsstelle war ja nur höchst ausnahmsweise zuständig, wenn das Gesetz es so vorschrieb. Was heißt das, dass das Gesetz schweigt? Oft steht im Gesetz, der Betriebsrat dürfe jenes oder er müsse dieses. Wenn man dann weiter liest, ist man ratlos, wo man jetzt hingeht, wenn der Arbeitgeber unsere Rechte bestreitet. In diesen Fällen, in denen nur Rechte genannt werden, aber nicht erwähnt ist, wie ich diese Rechte durchsetze, schweigt das Gesetz. Noch einmal: Dann ist das Arbeitsgericht zuständig. Vierte und letzte Regel: In Eilfällen, wenn es dringend ist, ist immer das Arbeitsgericht für Sie zuständig. Das gilt sogar dann, wenn eigentlich nach dem Gesetz die Einigungsstelle aufgerufen wäre. Warum? Man will verhindern, dass der Arbeitgeber vollendete Tatsachen schafft. Beispiel: Überstunden. Der Arbeitgeber müsste auf Sie, den Betriebsrat, zukommen und den Abschluss einer Betriebsvereinbarung verlangen, über Überstunden in Ihrem Betrieb. Vielleicht hat er das gemacht. Während Sie noch verhandeln oder vor der Einigungsstelle sind, darf der Arbeitgeber Überstunden aber nicht einseitig anordnen. Tut er es doch, können Sie vor das Arbeitsgericht ziehen. Warum? Es liegt ein Eilfall vor. Sie haben da draußen nur zwei Freunde, aber immerhin, Sie wissen jetzt, an wen Sie sich in welchem Fall wenden.

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