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Tschüs Paragrafen: Änderungen im SGB IX

Jeder, wirklich jeder Schwerbehindertenarbeitsrechtler in Deutschland, sitzt in seiner Kanzlei und weint. Warum? Die Paragrafen haben eine vollständig neue Nummerierung erfahren. Die gute Nachricht lautet: Wir von der W.A.F. möchten Ihnen helfen. Für die ersten Wochen genügt Ihnen vielleicht unsere Überlebenshilfe Paragrafenalarm Nummer 1. Beginnen wir mit den wichtigsten Änderungen aus SBV-Sicht. Die wichtige Beschäftigtenpflichtquote, die 5%-Quote, Sie erinnern sich, war seinerzeit geregelt im § 71 SGB IX. Nunmehr finden Sie, inhaltlich unverändert, die gleiche Quote im neuen § 154 Abs. 1. SGB IX. Vielleicht möchten Sie das notieren. Wie erreichen Sie die Beschäftigtenpflichtquote? Sie wissen das, die SBV muss mit dem Arbeitgeber eine sogenannte Inklusionsvereinbarung, früher Integrationsvereinbarung, abschließen. Also einen Vertrag mit verbindlichen Zielen. In diesem Vertrag soll unter anderem geregelt sein, wann der Arbeitgeber seiner Rechtspflicht, ausreichend schwerbehinderte oder gleichgestellt behinderte Menschen zu beschäftigen, nachkommen will, in welchen überprüfbaren Zwischenschritten. Dieser wichtige Vertrag, der sogenannte Integrationsvertrag, war seinerzeit geregelt im § 83 SGB IX. Sie ahnen es: Auch hier hat sich die Paragrafennummerierung verändert. Die Integrationsvereinbarung nennt man nunmehr Inklusionsvereinbarung. Sie ist geregelt, inhaltlich unverändert geblieben, im § 166 Abs. 1 SGB IX. Als Arbeitnehmeranwalt habe ich den Schwerbehindertenvertretungen stets empfohlen, konkrete Ziele in die Integrationsvereinbarung mit aufzunehmen, unter anderem auch wichtige Unterstützungsmöglichkeiten dort zu erwähnen. Sie wissen es: Die wichtigen Unterstützungsmöglichkeiten waren seinerzeit geregelt in den wichtigen §§ 33 & 34 SGB IX. Zum Beispiel die sogenannte Arbeitsassistenz. Inhaltlich unverändert finden Sie diese wichtigen Teilhabemöglichkeiten nunmehr im § 49 SGB IX. Um den Arbeitgeber ein bisschen unter Druck zu setzen, die Beschäftigtenpflichtquote wirklich eines Tages zu erfüllen, gibt es sogenannte Berichtspflichten. Der Arbeitgeber muss auf der Jahresversammlung der schwerbehinderten und gleichgestellt behinderten Menschen im Betrieb berichten, über die Erfolge bei der Eingliederung von Schwerbehinderten in das betriebliche Leben. Außerdem treffen ihn Berichtspflichten auch auf der Betriebsversammlung. Diese wichtigen Berichtspflichten waren geregelt in den §§ 83 Abs. 3 & 95 Abs. 6 SGB IX. Nunmehr finden Sie die gleichen Berichtspflichten im § 166 Abs. 4 SGB IX. Um sich schlau zu machen, zu den Rechten und Pflichten der Schwerbehindertenvertretung, dürfen Sie Fortbildungsseminare besuchen, soweit dies im Rechtssinne erforderlich ist. Dieser sogenannte Fortbildungsanspruch, der zugleich eine Fortbildungspflicht statuiert, war geregelt im § 96 Abs. 4 SGB IX. Inhaltlich unverändert finden Sie diesen wichtigen Anspruch nunmehr im § 179 Abs. 4 SGB IX. Was, wenn Sie all das nun nicht so schnell notieren, geschweige denn, sich so schnell merken konnten? Dann, liebe Kollegen, merken Sie sich wenigstens eines. Wenn Sie von nun ab das SGB IX aufschlagen, dann tun Sie das bitte immer an der Stelle des § 178 SGB IX. Denn da, in diesem Gesetzestext, geht es los mit den Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung.

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