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Rechtspflicht? Die ungelöste Frage im BEM

Gerade langjährige Betriebsratsmitglieder wissen ein Lied davon zu singen. Das Betriebsverfassungsrecht gilt als schwierig und zwar zu Recht. Eine Schwierigkeit besteht darin, dass das Gesetz einerseits und die Rechtsprechung andererseits scheinbar unterschiedliche Dinge sagen. Das betriebliche Eingliederungsmanagement ist dafür ein gutes Beispiel. § 84 Abs. 2 SGB IX verlangt, dass jedem Beschäftigten, der innerhalb der letzten 365 Tage arbeitsunfähig gewesen ist, länger als sechs Wochen, ein BEM Gespräch angeboten wird. Das ist also eine Rechtspflicht für den Arbeitgeber. Das Bundesarbeitsgericht allerdings sagt, dass eben dieses BEM Gespräch keine Wirksamkeitsvoraussetzung für eine krankheitsbedingte Kündigung sei. „Ja was denn jetzt?“, mag man fragen. Lassen Sie uns dieses Rätsel aufklären. Das BEM Gespräch ist und bleibt eine Rechtspflicht für den Arbeitgeber. Unterlässt er das Angebot zu einem BEM Gespräch, so kann er eine krankheitsbedingte Kündigung in der Folge in der Regel nicht mehr wirksam aussprechen. Allerdings: Es gibt da draußen Fälle, Fälle wie Sie möglicherweise, da kann man BEMen, wie man will, das BEM Gespräch wäre ohne Erfolg geblieben. In diesem Fall darf der Arbeitgeber zwar ebenfalls nicht auf das BEM Gespräch verzichten, tut er es rechtswidrigerweise doch, heißt das aber nicht, dass die krankheitsbedingte Kündigung unwirksam wäre. Auf gut Deutsch: Der Arbeitgeber kann, obwohl er das BEM Gespräch unterlassen hat, dennoch wirksam kündigen, was natürlich ein starkes Stück ist. Ein dicker Hund. Denn der Arbeitgeber müsste behaupten, dass das BEM Gespräch in Ihrem Fall ganz sicher ohne Erfolg geblieben wäre.

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