35.931 Aufrufe | vor 7 Jahren

Einladung zum BEM-Gespräch - muss ich diese annehmen?

Sollte ich als betroffener Arbeitnehmer der Einladung zu einem BEM-Gespräch, zu einem Betrieblichen Eingliederungsmanagement, nachkommen? Lassen Sie mich eine Gegenfrage stellen. Ihr Arbeitgeber, ist er böse oder abgrundtief böse? Ist Ihr Arbeitgeber abgrundtief böse, das heißt versucht er, wie Sie wissen, das Arbeitsverhältnis aufzulösen, so müssen Sie der Einladung zustimmen. Bitte tun Sie sich es nicht an, dass Sie die BEM-Einladung ausschlagen. Dann nämlich ist Ihre krankheitsbedingte Kündigung typischerweise erleichtert möglich. Warum das so ist? Der Arbeitgeber kann nur unter drei Voraussetzungen die krankheitsbedingte Kündigung erteilen. Erste Voraussetzung: Eine sogenannte Negativprognose. Der Arbeitgeber schaut Sie an und sagt: "Dieser Arbeitnehmer, der wird innerhalb der nächsten zwei Jahre, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nicht dauerhaft an den Arbeitsplatz zurückkehren." Woher er das weiß? Das ist zunächst seine Meinung. Zweite Voraussetzung: Die sogenannte Betriebsablaufstörung. Der Arbeitgeber blickt Sie an und sagt: "Wenn dieser Arbeitnehmer weiterhin fehlt, dann bringt das meinen gesamten Betrieb durcheinander. Er ist völlig unverzichtbar." Dritte Voraussetzung: Und auf die kommt es an, die sogenannte Interessenabwägung. Der Arbeitgeber wird sagen: "Ich habe alles für Sie getan, damit Sie wieder zur Arbeit kommen. Ich habe Ihnen einen Spezialbildschirm dahin gestellt, weil Sie ja nicht mehr gut sehen können. Ich habe Ihnen einen teuren Drehstuhl gekauft, weil ja Ihr Rücken kaputt ist. Ich habe Sie von den Überstunden ausgenommen, weil Sie ja nicht mehr arbeiten können zu diesen Zeiten. Am Ende habe ich Ihnen auch noch einen roten Teppich ausgerollt, bis hin vor Ihren Arbeitsplatz. Aber es wird und wird nicht besser." Diese Interessenabwägung nun wird zu Gunsten des Arbeitgebers ausgehen müssen, wenn der Arbeitnehmer die Einladung zu einem BEM-Gespräch ausschlägt. Tun Sie Ihrem abgrundtief bösen Arbeitgeber diesen Gefallen nicht. Was aber, wenn Ihr Arbeitgeber nur durchschnittlich böse ist? Dann sollten Sie der Einladung nachkommen. Das BEM-Gespräch ist eine sinnvolle Einrichtung. Es geht darum, einen typischerweise gefährdeten Arbeitsplatz zu retten. Auch durch Hilfen von außen, sei es über die gemeinsam örtlichen Service-Stellen oder die sogenannten Integrationsämter. Achten Sie aber darauf, dass Sie in das Gespräch mit einem Vorschlag gehen. Vorschläge nämlich muss der Arbeitgeber prüfen. Er kann sie nur sachlich begründet ablehnen. Oftmals gelingt ihm das nicht. Die Frage ob Sie "BEMen" sollten oder ob Sie auf das BEM-Gespräch verzichten, ist also differenziert zu beantworten. Wenn der Arbeitgeber Ihnen Böses will, dann sollten Sie das BEM-Gespräch selbst verlangen, jedenfalls aber seiner Einladung nachkommen. Im Nachgang könnten Sie das Verfahren verschleppen. Hierzu werden Sie einen Anwalt benötigen. Ist Ihr Arbeitgeber aber so böse nicht, dann sollten Sie erst recht am BEM-Gepräch teilnehmen und sich dort auch einbringen. Die krankheitsbedingte Kündigung werden Sie dann weniger zu befürchten haben, als wenn Sie auf diese sinnvolle Einladung verzichten.

Fortbildung
Für Betriebsräte

Bei der W.A.F. erhalten Sie aktuelles und fachlich fundiertes Wissen. Einfach und praxisnah aufbereitet.


Jetzt Seminar finden
Some alt text