Mitbestimmungsrecht bei Abschlussprovision

BAG 1 AZR 54/87 vom 26. Juli 1988

Leitsatz

Bei der Einführung eines Provisionssystems, nach dem die Abschlußprovision nach Pfennigsätzen pro Artikel gezahlt werden soll und zu diesem Zweck sechs Provisionsgruppen mit unterschiedlichen Pfennigsätzen gebildet werden, unterliegt auch die Zuordnung der einzelnen Artikel zu den Provisionsgruppen dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG.

Tatbestand

Der Kläger verlangt von der Beklagten Provisionszahlungen in unstreitiger Höhe und Provisionsabrechnungen.

Der Kläger war seit 1972 bei der Beklagten als Frischdienstverkäufer tätig. Er erhielt aufgrund einer Provisions- und Prämienregelung vom 10. Dezember 1979 ein monatliches Fixum von 1.255,-- DM und auf den gesamten Monatsumsatz eine Grundprovision von 3 % sowie auf den Mehrumsatz gegenüber der Vorgabe von 25.000,-- DM eine Provision von 5 %, außerdem erhielt er eine monatliche Ordnungsprämie, die bis zu 120,-- DM betragen konnte. In der Zeit vom 1. Oktober 1983 bis zum 30. April 1985 zahlte die Beklagte an den Kläger Provision nach der "Betriebsvereinbarung über Provisionssystem für Frischdienstverkäufer" vom 31. August 1983. Dieses Provisionssystem sollte gegenüber der bisherigen Provisionsregelung kostenneutral eingeführt werden. Ziffer 2 der Betriebsvereinbarung lautet:

"Die Provision wird künftig nach Pfennigsätzen pro Artikel gezahlt. Die Zuordnung der verkauften Artikel in Provisionsgruppen erfolgt entsprechend der Unternehmenszielsetzung. Die Artikel werden in sechs Provisionsgruppen eingeordnet und sollen im laufenden Wirtschaftsjahr nicht geändert werden. Über mögliche Änderungen in den folgenden Wirtschaftsjahren spricht die Geschäftsführung jährlich mit dem Gesamtbetriebsrat.

Zwei weitere Gruppen sind eingerichtet ohne feste Pfennigsätze für Aktionsartikel und Einführung neuer Artikel."

Die Geschäftsleitung setzte unter die Betriebsvereinbarung folgende Erklärung:

"Erklärung:

Änderungen der Zuordnung von Artikeln in Provisionsgruppen und die Änderung der Pfennigbeträge können durch Marktgegebenheiten, Absatzstrategien und Wettbewerbsnotwendigkeiten erforderlich werden. Die Geschäftsführung beabsichtigt nicht, mit solchen Änderungeen Einkommenspolitik zu Lasten der Frischdienstverkäufer zu betreiben."

Die Beklagte ordnete ohne Zustimmung des Betriebsrats durch Rundschreiben an die Mitarbeiter mit Wirkung vom 1. Mai 1985 viele Artikel anderen Provisionsgruppen zu. Das Schreiben enthält u.a. folgende Passagen:

"In der Betriebsvereinbarung über das Provisionssystem haben wir festgelegt, die Artikel entsprechend ihrer Ertragskraft in Provisionsgruppen einzuordnen. Am 17.04.1985 wurde dem Provisionsausschuß des Gesamtbetriebsrates ausführlich von der Geschäftsführung begründet, warum eine Anpassung der Provision an die jetzt vorhandene Ertragskraft notwendig ist. Es wurde darauf hingewiesen, daß Sie bei dem vom Umsatz abhängigen früheren Provisionssystem wegen des nicht unerheblichen geringeren Umsatzes weniger Provision erhalten hätten.

Unter Berücksichtigung der Plankosten für das jetzt begonnene Wirtschaftsjahr wurden viele Artikel in andere Provisionsgruppen eingeordnet. Aus den Monaten Januar und Februar 1985 haben wir einen Durchschnitt gebildet und die bisherige Provision mit der Provision verglichen, die sich nach der neuen Artikelzuordnung ergab. Teilweise ergab diese Rechnung erhebliche Minusdifferenzen. Aus sozialen Erwägungen haben wir uns entschlossen, nicht die gesamte Minusdifferenz nur zu Ihren Lasten zu verrechnen, sondern den Minusbetrag über monatlich 250,-- DM als freiwillige Zahlung, die widerrufbar und mit anderen Zahlungen verrechenbar ist, für das laufende Wirtschaftsjahr nicht zu kürzen."

Die einseitige Änderung der Zuordnung der Artikel zu den einzelnen Provisionsgruppen führte bei allen Frischdienstverkäufern zu erheblichen Einkommensminderungen. Die Beklagte ordnete mit Wirkung vom 1. Oktober 1985 an, daß die Kürzung monatlich höchstens 200,-- DM betragen solle.

Der bei der Beklagten gebildete Gesamtbetriebsrat widersprach der Änderung ohne Beteiligung des Betriebsrats und leitete ein Verfahren vor dem Arbeitsgericht mit dem Ziel ein, eine Einigungsstelle einsetzen zu lassen. Das Verfahren ruht, da Verhandlungen zwischen der Beklagten und dem Gesamtbetriebsrat geführt werden. Gegenstand dieser Verhandlungen ist jedoch nur die Festlegung einer zukünftigen Provisionsregelung.

Der Kläger verlangt Zahlung der durch die einseitige Einführung des neuen Provisionssystems erfolgten Einkommensverluste und Provisionsabrechnung auf der Grundlage des bis zum 30. April 1985 gültigen Provisionssystems.

Der Kläger ist der Auffassung, die Änderung des Provisionssystems durch Änderung der Zuordnung der Artikel in Provisionsgruppen durch die Beklagte sei unwirksam. Die Änderung der Zuordnung unterliege der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Ziffern 10 und 11 BetrVG. Die Nichtbeachtung des Mitbestimmungsrechtes führe zur Unwirksamkeit der Neuregelung. Entgegen der Auffassung der Beklagten ergebe sich weder aus dem Wortlaut noch aus der Auslegung der Betriebsvereinbarung vom 31. August 1983 ein Verzicht des Betriebsrats auf seine Mitbestimmung nach § 87 BetrVG. Der Betriebsrat habe die Erklärung des Geschäftsführers K, eine Mitbestimmung bei der Eingruppierung der zu verprovisionierenden Artikel müsse abgelehnt werden, nicht respektiert. Dies habe die Beklagte auch so verstanden. Nur so sei die einseitige Erklärung der Beklagten im Anschluß an die Betriebsvereinbarung vom 31. August 1983, die von der Unterschrift der Vertragsparteien nicht gedeckt werde, zu verstehen.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.050,-- DM brutto nebst 4 % Zinsen auf 1.250,-- DM seit dem 30. Oktober 1985 und 4 % Zinsen auf weitere 200,-- DM seit dem 14. November 1985 sowie weitere 4 % Zinsen auf 600,-- DM seit dem 17. Februar 1986 zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Monate Mai 1985 bis Januar 1986 Provisionsabrechnungen auf der Grundlage des bis zum 30. April 1985 geltenden Provisionssystems zu erteilen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Zur Begründung hat sie vorgetragen, sie sei berechtigt gewesen, die Zuordnung der einzelnen Artikel zu den Provisionsgruppen einseitig zu ändern. Mitbestimmungspflichtig sei die Festlegung des Provisionssystems. Insoweit seien die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats durch Abschluß der Betriebsvereinbarung vom 31. August 1983 gewahrt worden. Aus Ziffer 2 Satz 4 der Betriebsvereinbarung ergebe sich zudem, daß der Betriebsrat ein möglicherweise bestehendes Mitbestimmungsrecht hinsichtlich der Zuordnung dahingehend ausgeübt habe, daß bei Änderungen der Zuordnung mit ihm lediglich zu sprechen sei. Der Betriebsrat habe ihr damit ein mitbestimmungsfreies Gestaltungsrecht eingeräumt.

Bis zum Abschluß der Betriebsvereinbarung vom 31. August 1983 seien jahrelange Verhandlungen geführt worden. Zum Schluß sei erörtert worden, wie Änderungen bei der Zuordnung erfolgen sollten. In der Sitzung vom 27./28. Juli 1983 habe der Geschäftsführer Dr. K der Beklagten eindeutig und unmißverständlich erklärt, der Betriebsrat habe nach § 87 BetrVG nur eine grundsätzliche Mitbestimmung in der Systematik, aber nicht im materiellen Bereich und demzufolge müsse die Mitbestimmung bei der Eingruppierung der zu verprovisionierenden Artikel strikt abgelehnt werden. In Kenntnis dieser Auffassung der Beklagten habe dann der Gesamtbetriebsrat die Betriebsvereinbarung abgeschlossen, die Auffassung der Beklagten also respektiert.

Die Beklagte ist der Auffassung, daß die Änderung der Zuordnung aufgrund der Entwicklung der Erlöse auch gerechtfertigt sei.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision begehrt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage, während der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Die Vorinstanzen haben der Klage zu Recht stattgegeben, weil die Zuordnung der Artikel zu den Provisionsgruppen der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegt, die Beklagte jedoch die Änderung der Zuordnung einseitig angeordnet hat, ohne daß der Betriebsrat ihr in der Betriebsvereinbarung vom 31. August 1983 ein einseitiges Bestimmungsrecht eingeräumt hätte.

I. Die Revision weist zunächst zu Recht daraufhin, daß die Abschlußprovision kein dem Akkord- und Prämienlohn vergleichbares leistungsbezogenes Entgelt im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 11 BetrVG ist. Der Senat hat im Beschluß vom 13. März 1984 entschieden, daß er an seiner Rechtsprechung festhalte, wonach ein dem Akkord- und Prämienlohn vergleichbares leistungsbezogenes Entgelt im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 11 BetrVG nur eine Vergütungsform ist, bei der eine "Leistung" des Arbeitnehmers, gleichgültig, worin diese besteht, gemessen und mit einer Bezugsleistung verglichen wird und bei der sich die Höhe der Vergütung in irgendeiner Weise nach dem Verhältnis der Leistung des Arbeitnehmers zur Bezugsleistung bemißt. Der Senat hat in der Entscheidung vom 28. Juli 1981 im einzelnen dargelegt, warum Anteils- und Leitungsprovisionen, wie sie in der Versicherungswirtschaft gezahlt werden, keine vergleichbaren leistungsbezogenen Entgelte im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 11 BetrVG sind. In der Entscheidung vom 13. März 1984 hat er eingehend dargelegt, daß es auch für die Abschlußprovision an einer Bezugsleistung fehle, zu der die Leistung des Außendienstmitarbeiters in ein Verhältnis gesetzt werde, das dann über die Höhe des Entgelts Auskunft gebe. Auch die Abschlußprovision bemißt sich nach Auffassung des Senats ausschließlich am Erfolg, der allein am Umsatz gemessen wird, gleichgültig, ob dieser wert- oder stückmäßig bestimmt wird. Eine solche Abschlußprovision ist daher kein vergleichbares leistungsbezogenes Entgelt im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 11 BetrVG.

Auch vorliegend geht es um den Umfang des Mitbestimmungsrechts bei der Festsetzung von Abschlußprovisionen. Ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 11 BetrVG hat der Betriebsrat daher nicht.

II. Die Zuordnung der Artikel zu den Provisionsgruppen untersteht dagegen dem Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG.

1. Nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hat der Betriebsrat in Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere der Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung und der Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung mitzubestimmen. Die Beteiligung des Betriebsrats in diesem Bereich soll den Arbeitnehmer vor einer einseitig an den Interessen des Unternehmens orientierten Lohngestaltung schützen. Es geht um die Angemessenheit und Durchsichtigkeit des innerbetrieblichen Lohngefüges. Die innerbetriebliche Lohngerechtigkeit soll durch die Mitbestimmung des Betriebsrats gewährleistet werden.

2. Dementsprechend unterliegt auch die Einführung eines Provisionssystems der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Das Beteiligungsrecht des Betriebsrats bezieht sich zwar nicht auf den Geldfaktor, aber auf alle anderen Elemente, die das System im einzelnen ausgestalten und zu einem in sich geschlossenen System machen, das sich zu anderen Möglichkeiten der Gewährung leistungsabhängiger Vergütung abgrenzen läßt.

Dies hat der Senat zunächst in der Entscheidung vom 10. Juli 1979 entschieden, nach der mit Ausnahme des Geldfaktors nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG alle Anknüpfungspunkte für die Zahlung einer Wettbewerbsprämie mitbestimmungspflichtig sind, so die Festlegung des Verteilungsschlüssels und der Prämienkurve. Im Beschluß vom 13. September 1983 hat der Senat dann ausgesprochen, in einem Prämienlohnsystem unterliege auch der Faktor, der den Verlauf der Leistungslohnkurve bestimme, der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG.

In Übereinstimmung hiermit hat der Senat in der Entscheidung vom 13. März 1984 ausgeführt: Sei das Provisionssystem so ausgestaltet, daß mit jedem Abschluß eines bestimmten Geschäftes auch eine bestimmte Zahl von Provisionspunkten verdient und jeder Provisionspunkt einheitlich mit einem bestimmten DM-Betrag vergütet werde, so unterliege die Festlegung der Punktezahl für jedes Geschäft der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Der Senat hat das damit begründet, die Punktezahl sei nicht nur Faktor bei der Berechnung der mit einem Einzelgeschäft verdienten Provision, sondern bestimme darüber hinaus auch das Verhältnis der Vergütung für die einzelnen Provisionsgeschäfte untereinander. Es sei daher eine Frage auch der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit, ob und inwieweit für einzelne Verträge unterschiedliche Punktezahlen gewährt werden sollen.

Dementsprechend hat der Betriebsrat im vorliegenden Falle zwar nicht bei der Festsetzung der Pfennigsätze mitzubestimmen, weil es sich hierbei um den Geldfaktor handelt, wohl aber bei der Zuordnung der Artikel zu den einzelnen Provisionsgruppen mit den von der Beklagten festgelegten Pfennigsätzen. Denn mit der Zuordnung der Artikel zu den einzelnen Provisionsgruppen wird das Verhältnis der Vergütung für die einzelnen provisionspflichtigen Geschäfte untereinander bestimmt. Es ist damit auch eine Frage der Lohngerechtigkeit, welche Artikel welchen Provisionsgruppen zugeordnet werden.

3. Die Beklagte hat den Betriebsrat vor der Änderung der Zuordnung der Artikel zu den Provisionsgruppen, mit denen eine Entgeltkürzung von ca. 10 % ab 1. Mai 1985 verbunden war, nicht beteiligt. Dies wäre für die Rechtswirksamkeit der Änderung des Provisionssystems unschädlich, wenn der Betriebsrat der Beklagten in der Betriebsvereinbarung vom 31. August 1983 das Bestimmungsrecht für die Zuordnung der Artikel zu den einzelnen Provisionsgruppen übertragen hätte (und damit das Mitbestimmungsrecht nicht in seiner Substanz beeinträchtigt worden wäre).

a) Durch Betriebsvereinbarung kann das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats zwar nicht aufgehoben oder eingeschränkt werden. Wird das Mitbestimmungsrecht durch Abschluß einer Betriebsvereinbarung ausgeübt, kann diese allerdings auch vorsehen, daß der Arbeitgeber allein unter bestimmten - in der Betriebsvereinbarung geregelten - Voraussetzungen eine Maßnahme treffen kann oder daß die Gestaltung einer mitbestimmungspflichtigen Angelegenheit im Einzelfall einer Kommission übertragen wird, in der Arbeitgeber und Betriebsrat paritätisch vertreten sind. Durch eine solche Regelung darf das Mitbestimmungsrecht nur nicht in seiner Substanz beeinträchtigt werden. Hier können sich Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben. Es wird die Auffassung vertreten, entscheidend sei, ob durch die Betriebsvereinbarung die Regelung einer mitbestimmungspflichtigen Angelegenheit dem Arbeitgeber übertragen wird (was nicht zulässig ist) oder ob durch sie eine Gestaltung der mitbestimmungspflichtigen Angelegenheit durch beide Betriebsparteien erfolgt, in deren Rahmen einzelne Ordnungsprobleme so gelöst werden, daß dem Arbeitgeber das Recht zur einseitigen Gestaltung eingeräumt wird.

b) Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, die Beklagte habe das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG verletzt.

Das Berufungsgericht hat sich im Anschluß an die Ausführungen des Arbeitsgerichts mit der Frage auseinandergesetzt, ob der Gesamtbetriebsrat auf sein Mitbestimmungsrecht verzichtet habe und hat dies verneint. Vorliegend geht es allerdings nicht um einen "Verzicht", sondern um die Frage, ob der Betriebsrat das Mitbestimmungsrecht in der Weise ausgeübt hat, daß er der Beklagten die Zuordnung der Artikel zu den einzelnen Provisionsgruppen in der Betriebsvereinbarung überlassen hat. Davon sind aber auch Landesarbeitsgericht und Arbeitsgericht ausgegangen, denn beide haben geprüft, ob Ziffer 2 der Betriebsvereinbarung vom 31. August 1983 zu entnehmen ist, daß die Beklagte das Recht haben soll, die Zuordnung der einzelnen Artikel zu den Provisionsgruppen einseitig zu bestimmen. Mit dem Berufungsgericht geht der Senat davon aus, daß strenge Anforderungen an die Klarheit einer Regelung zu stellen sind, mit der dem Arbeitgeber das Recht zur einseitigen Gestaltung eines Ordnungsproblems übertragen werden soll. Diese Klarheit läßt Ziffer 2 Satz 4 der Betriebsvereinbarung vermissen. Nach Ziffer 2 Satz 4 "spricht die Geschäftsführung jährlich mit dem Gesamtbetriebsrat" über mögliche Änderungen bei der Zuordnung der verkauften Artikel. Dies kann bedeuten, daß der Arbeitgeber das Recht erhalten soll, in Zukunft für jedes Wirtschaftsjahr die Zuordnung der verkauften Artikel einseitig zu ändern. Es kann aber auch bedeuten, daß - wie das Arbeitsgericht und ihm folgend das Landesarbeitsgericht angenommen haben - dem Mitbestimmungsrecht lediglich ein Unterrichtungsanspruch vorgeschaltet ist. Die Formulierung der Ziffer 2 Satz 4 kann aber auch bei einem Streit über den Umfang des Mitbestimmungsrechts, nämlich darüber, ob der Betriebsrat auch bei der Zuordnung der Artikel zu den Provisionsgruppen ein echtes Mitbestimmungsrecht hat, einen Formelkompromiß darstellen, der beiden Betriebsparteien die Möglichkeit gibt, die entgegengesetzten Rechtsauffassungen aufrecht zu erhalten und bei Bedarf die Rechtsfrage einer gerichtlichen Klärung zuzuführen. Für einen solchen Formelkompromiß spricht schon die Zusatzerklärung der Geschäftsleitung zur Betriebsvereinbarung. Diese wäre kaum verständlich, wenn die Geschäftsleitung davon ausgegangen wäre, der Betriebsrat hätte ihr das Recht zur einseitigen Änderung der Zuordnung der Artikel übertragen. Es wäre überflüssig, auf die mögliche Notwendigkeit zukünftiger Änderungen der Zuordnung von Artikeln hinzuweisen, wenn die Beklagte der Auffassung wäre, ihr sei das Recht zur Änderung der Zuordnung in der Betriebsvereinbarung übertragen worden.

Vor allem der eigene Vortrag der Beklagten in der Berufungsinstanz und das Verhalten des Gesamtbetriebsrats sprechen gegen die Vereinbarung eines Bestimmungsrechts für die Beklagte hinsichtlich der Zuordnung der Artikel zu den einzelnen Provisionsgruppen. Die Beklagte hat nämlich vorgetragen, in der letzten Sitzung vom 27./28. Juli 1983 habe ihr Geschäftsführer Dr. K erklärt, die Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG umfasse nur die Systematik der Provisionsregelung, aber nicht den materiellen Bereich. Dementsprechend müsse eine Mitbestimmung des Betriebsrats bei der Eingruppierung der zu verprovisionierenden Artikel strikt abgelehnt werden. In Kenntnis dieser Erklärung sei dann die Betriebsvereinbarung abgeschlossen worden. Es ist aber wenig wahrscheinlich, daß ein Arbeitgeber, der dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht in einer bestimmten Frage abspricht, sich gleichwohl von diesem das Bestimmungsrecht übertragen läßt. Berücksichtigt werden muß außerdem, daß nach der Bekundung des Personalleiters der Beklagten trotz der Weigerung der Geschäftsleitung, regelmäßig über die Änderung der Zuordnung der Artikel zu verhandeln, nicht ausdrücklich vereinbart worden ist, die Beklagte könne die Zuordnung der Artikel allein ändern. Aus diesem Grunde sei es auch zur Absichtserklärung der Beklagten im Anhang an die Betriebsvereinbarung gekommen. Gegen die Auffassung der Revision, der Betriebsrat habe der Beklagten das Recht eingeräumt, einseitig die Zuordnung der Artikel zu den Provisionsgruppen zu ändern, spricht schließlich die Tatsache, daß der Gesamtbetriebsrat gegen die einseitige Zuordnung das Arbeitsgericht angerufen hat, mit dem Ziel, den Vorsitzenden einer Einigungsstelle bestimmen zu lassen.

Nach allem spricht am meisten dafür, daß Ziffer 2 Satz 4 einen Formelkompromiß darstellt und die Betriebsparteien hofften, es komme nicht zu einer Änderung der Zuordnung der Artikel, so daß der Streit über den Umfang des Mitbestimmungsrechts nicht ausgetragen werden müsse. Keinesfalls kann Ziffer 2 Satz 4 der Betriebsvereinbarung mit der erforderlichen Klarheit entnommen werden, der Betriebsrat habe der Beklagten das Recht zur einseitigen Änderung der Zuordnung der Artikel zu den Provisionsgruppen eingeräumt.

4. Die Prozeßrüge der Revision ist unbegründet. Die Beklagte hat gerügt, das Landesarbeitsgericht habe § 139 ZPO verletzt, weil es unterlassen habe zu fragen, was im Provisionsausschuß am 13. August 1985 "herausgekommen" sei. Das Berufungsgericht hätte nach Auffassung der Revision diese Frage deshalb stellen müssen, weil ab Oktober 1985 die Entgeltminderung statt 250,-- DM nur noch 200,-- DM betragen habe. Wäre diese Frage vom Landesarbeitsgericht gestellt worden, hätte die Beklagte vorgetragen, aufgrund der vor dem Arbeitsgericht von den Beteiligten abgegebenen Erklärungen am 13. und 14. August 1985 sei noch einmal über die Provisionsregelung verhandelt worden und am 12. September 1985 habe der Gesamtbetriebsrat dem Angebot der Geschäftsführung zugestimmt, die Schmerzgrenze von 250,-- auf 200,-- DM zu senken. Insgesamt sei am 12. September 1985 eine Regelungsabrede getroffen worden, durch die spätestens dann das Mitbestimmungsrecht beachtet worden sei.

Jedoch hatten weder Arbeitsgericht noch Landesarbeitsgericht die Möglichkeit, geschweige denn die Pflicht, diese Frage zu stellen. Die Beklagte hat nämlich im Schriftsatz vom 12. November 1985 vorgetragen, sie habe einseitig und freiwillig "die Schmerzgrenze" auf 200,-- DM herabgesetzt und damit sichergestellt, daß die Einkommensminderung maximal 10 % betrage. Ergänzend hierzu hat der Personalleiter in der Sitzung vom 4. März 1986 erklärt, Gegenstand der neuen Verhandlungen zwischen Gesamtbetriebsrat und Geschäftsleitung sei eine zukünftige Provisionsregelung, die Vergangenheit werde nicht geregelt. Das Gericht hatte also keinen Anlaß, an die Beklagte irgendwelche Fragen in der Richtung zu stellen, die die Revision nunmehr vermißt.

5. Ist aber in der Betriebsvereinbarung vom 31. August 1983 der Beklagten nicht das Recht übertragen worden, die Artikel einseitig zuzuordnen, ist diese Zuordnung rechtsunwirksam. Die Beklagte hätte daher auch in der Zeit nach dem 1. Mai 1985 die Provision nach der bisherigen Zuordnung der Artikel zu den Provisionsgruppen errechnen und bezahlen müssen. Da zwischen den Parteien unstreitig ist, daß der Kläger ab 1. Mai 1985 monatlich 250,-- DM und von Oktober 1985 bis Januar 1986 monatlich 200,-- DM weniger erhielt, ist der Zahlungsanspruch begründet.