Jahres-Ist-Arbeitszeit bei rollierendem Freizeitsystem

BAG Erfurt Az. 1 ABR 82/87 vom 25. Apr. 1989

Nicht amtlicher Leitsatz

1. Arbeitnehmer nehmen ihren Urlaub nicht fiktiv bzw abstrakt, sondern während eines ganz bestimmten Zeitraums. Es fällt dann die Arbeitszeit aus, die sie während dieser Zeit ohne Urlaub hätten erbringen müssen.

2. Fällt ein Rolliertag auf einen Wochenfeiertag, so fällt die Arbeitszeit an diesem Tag nicht wegen des Feiertags, sondern aufgrund des von vornherein feststehenden Rolliertages aus.

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Tatbestand

A. Betriebsrat und Arbeitgeber streiten darüber, wie die sogenannte Jahres-Ist-Arbeitszeit als eine der Berechnungsgrößen zur Bestimmung der Überhangstunden, die im Rahmen des vorwärts rollierenden Freizeitsystems als Freizeit zu verteilen sind, für 1986 errechnet werden muß. Der Arbeitgeber unterhält u.a. in Hessen eine Reihe von Einzelhandelsbetrieben. Der Antragsteller ist der Betriebsrat der in D eingerichteten Filiale.

Bis 31. Dezember 1985 betrug die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit nach dem MTV 40 Stunden, nach § 2 Ziffer 1 ab 1. Januar 1986 38,5 Stunden. Nach § 2 Ziffer 2 MTV kann eine von Ziffer 1 abweichende Regelung durch Betriebsvereinbarung getroffen werden, sofern

"a) eine im voraus festgelegte zusammenhängende regelmäßige Freizeit (z. B. rollierende Freizeitsysteme) vereinbart wird. In diesem Fall muß im Durchschnitt eines Kalenderjahres die 38,5 Stundenwoche erreicht werden;

b) die bei anderen vorbestimmten Freizeitsystemen entstehende Freizeit zusammengefaßt und auf der Basis einer 6 Wochen- oder Quartals- oder Jahresplanung unter Einhaltung des Durchschnitts der Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden geregelt wird."

Da gewährleistet werden soll, daß in den Betrieben des Arbeitgebers montags bis samstags gearbeitet wird, auf der anderen Seite die Arbeitnehmer nur an fünf Tagen in der Woche arbeiten sollen, wurde in § 2 Ziffer 3 der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 21. Oktober 1983 (GBV) vereinbart, daß für Beschäftigte im Verkauf/Kassen/Hausinspektion die Arbeitszeit ausschließlich der Pausen 40 Stunden im Jahresdurchschnitt beträgt und die freien Tage sich für diese Beschäftigten nach dem sogenannten vorwärts rollierenden Freizeitsystem richten. Grundlage für das vorwärts rollierende Freizeitsystem sind die Freizeitkalender der Gruppen 1 bis 6. In die Freizeit werden die kurzen wie langen Samstage mit einbezogen.

§ 4 der Gesamtbetriebsvereinbarung lautet:

"Für jede der sechs Rolliergruppen wird jährlich errechnet, wie hoch die tatsächliche Jahresarbeitszeit ist (Gesamtwochenstunden je Rollgruppe und Arbeitswochen, Urlaubstage und Wochenfeiertage werden als Arbeitszeit mitgerechnet). Ergibt sich bei der Berechnung der Jahres-Ist-Arbeitszeit eine größere Stundenzahl als die Jahres-Soll-Arbeitszeit, so wird diese Mehrarbeit in Form von zusätzlichen freien Tagen abgegolten. Die zusätzlichen freien Tage können nach Wahl der Beschäftigten genommen und mit den regulären Rolltagen oder dem Erholungsurlaub kombiniert werden; sie sind jeweils nach Ablauf von vier Monaten zu nehmen. Abweichungen von dieser Regelung bedürfen im Einzelfall der Zustimmung des Betriebsrates. Die Beschäftigten bleiben auch nach einer Unterbrechung ihrer Tätigkeit (z.B. Urlaub, Krankheit, sonstige Arbeitsbefreiung) in ihrer jeweiligen Freizeitgruppe. Die Anlage 1 dient als Grundlage für die Berechnung der Jahresarbeitszeit. Die Gesamtberechnungen sind jeweils zum 30. 11. eines jeden Vorjahres für das Folgejahr durch die Geschäftsleitung vorzunehmen und mit dem Betriebsrat abzustimmen."

Die Anlage 1 zu der GBV ist eine Anlage zur Berechnung der als zusätzliche Freizeit zu gewährenden Überhangstunden. Zunächst wird unter Ziffer 1 geregelt, wie die Jahres-Ist-Arbeitszeit zu berechnen ist, davon wird die Jahres-Soll-Arbeitszeit abgezogen und von den verbleibenden Überhangstunden der Jahres-Ist-Arbeitszeit werden dann unter Ziffer 3 die Freizeit-(Rollier)tage nach der jeweiligen Rolliergruppenzugehörigkeit abgezogen. In der Betriebsvereinbarung vom 24. Januar 1986, die die GBV vom 21. Oktober 1983 ergänzt und deren spezielle Regelungen den allgemeinen Regelungen der Gesamtbetriebsvereinbarung vorgehen, haben Geschäftsleitung der W GmbH und Betriebsrat des W -Centers D die regelmäßige tägliche Arbeitszeit festgelegt. Sie beträgt nach der Anlage 1 zu dieser Betriebsvereinbarung von Montag bis Freitag 8,5 Stunden, am kurzen Samstag 5,5 Stunden und am langen Samstag 9 Stunden.

Einigkeit besteht zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat darüber, daß die Jahres-Soll-Arbeitszeit 2.008 Stunden 25 Minuten beträgt. Streit besteht aber darüber, ob - wie dies der Arbeitgeber in der dem Betriebsrat zuletzt vorgelegten Jahresarbeitszeitabrechnung für 1986 getan hat - bei der Jahres-Ist-Arbeitszeit von den Ist-Arbeitstagen ein durchschnittlicher Urlaub von 33 Tagen mit 28 x 8,5 Stunden für Montag bis Freitag, mit 4 x 5,5 Stunden für kurze Samstage und mit 1 x 9 Stunden für einen langen Samstag zunächst abzuziehen und dann mit nur 33 x 6 Stunden und 25 Minuten (38,5 Stunden : 6 Tage) als tarifliche Arbeitszeit wieder als Ist-Arbeitszeit rechnerisch berücksichtigt werden kann. Der Betriebsrat ist der Auffassung, daß Urlaubstage, die auf einen kurzen Samstag fallen, mit 5,5 Stunden, die auf einen langen Samstag fallen, mit 9 Stunden und im übrigen mit 8,5 Stunden anzurechnen sind.

Streit besteht ferner darüber, ob die Zahl der Rolliertage, die von der Jahres-Ist-Arbeitszeit abzuziehen sind, sich nur um die Rolliertage vermindern, die in die Urlaubszeit fallen, oder auch um diejenigen, die auf einen gesetzlichen Wochenfeiertag fallen.

Soweit der Rechtsstreit noch nicht erledigt ist, hat der Betriebsrat beantragt

1. festzustellen, daß die Jahresarbeitszeitberechnung 1986 der Antragsgegnerin vom 1. April 1986 § 4 der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 21. Oktober 1983 betreffend Rollierreglung/Jahresarbeitszeitregelung dadurch verletzt, daß bei der Berechnung der Ist-Arbeitszeit Urlaubstage und die Freizeittage, die auf gesetzliche Feiertage fallen, in Abzug gebracht werden;

2. festzustellen, daß für Urlaubstage und Freizeittage, die auf gesetzliche Feiertage fallen, jeweils Arbeitszeit von 8 Stunden und 30 Minuten, soweit es sich um Wochentage von Montag bis Freitag handelt, von 5 Stunden und 30 Minuten, soweit es sich um kurze Samstage handelt, und von 9 Stunden, soweit es sich um lange Samstage handelt, zugrunde zu legen sind.

Der Arbeitgeber hat beantragt, die Anträge zurückzuweisen. Zur Begründung hat er vorgetragen, den Arbeitnehmern stehe je nach Lebensalter Tarifurlaub zwischen 30 und 36 Werktagen zu. Dem entspreche ein Mittel von 33 Tagen. Diese 33 Tage seien zunächst von der Jahres-Ist-Arbeitszeit abzuziehen und dann mit je 6,25 Stunden wieder hinzu zu addieren. Diese Berechnung ergebe sich aus der Tatsache, daß der Urlaub sich nach Werktagen und nicht nach Arbeitstagen errechne, dementsprechend sei die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden durch 6 zu dividieren.

Von der Jahres-Ist-Arbeitszeit seien auch die Rolliertage abzuziehen, die auf einen Wochenfeiertag fielen. Aus § 4 Abs. 1 GBV ergebe sich nichts anderes. § 4 enthalte nur einen Berechnungsmodus, nämlich daß Urlaubs- und Wochenfeiertage der Jahres-Ist-Arbeitszeit zuzuschlagen seien, nicht aber von der Soll-Arbeitszeit abgezogen werden. Die Frage, ob dann, wenn ein Rolliertag auf einen Wochenfeiertag falle, dieser nachgewährt werden müsse bzw. nicht angerechnet werden dürfe, werde in § 4 Abs. 1 GBV nicht geregelt.

Das Arbeitsgericht hat den Anträgen stattgegeben. Auf die Beschwerde des Arbeitgebers hat das Landesarbeitsgericht den Beschluß des Arbeitsgerichts abgeändert, den Antrag zu 1) abgewiesen und bezüglich des Antrages zu 2) festgestellt, daß die Jahresarbeitszeitberechnung 1986 der Antragsgegnerin vom 1. April 1986 § 4 der GBV vom 21. Oktober 1983 dadurch verletzt, daß bei der Berechnung der Ist-Arbeitszeit Urlaubstage mit 6 Stunden und 25 Minuten und nicht mit 7,7 Stunden in Abzug gebracht werden. Im übrigen hat es auch diesen Antrag abgewiesen und die Beschwerde zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat seine bisher gestellten Anträge weiter, während der Arbeitgeber beantragt, auch den zweiten Antrag des Betriebsrats gänzlich abzuweisen.

Gründe

B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist zum Teil begründet. Dementsprechend war der Beschluß des Landesarbeitsgerichts teilweise aufzuheben und festzustellen, daß für Urlaubstage jeweils Arbeitszeiten von 8 Stunden und 30 Minuten, soweit es sich um Wochentage von Montag bis Freitag handelt, von 5 Stunden und 30 Minuten, soweit es sich um kurze Samstage handelt, und von 9 Stunden, soweit es sich um lange Samstage handelt, zugrunde zu legen sind. Im übrigen waren die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats und auch die Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers zurückzuweisen.

Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist teilweise begründet.

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1. Die Gesamtbetriebsvereinbarung regelt die Verteilung der Arbeitszeit in Betrieben, die an allen sechs Werktagen geöffnet sind, deren Arbeitnehmer aber nur verpflichtet sind, an fünf Werktagen zu arbeiten. Für das Verkaufspersonal legt die GBV fest, daß die 5-Tage-Woche durch ein vorwärts rollierendes Freizeitsystem verwirklicht wird.

Diese Gesamtbetriebsvereinbarung wird nicht verdrängt durch den Manteltarifvertrag für den hessischen Einzelhandel (MTV) vom 17. Mai 1985.

Nach § 2 Ziffer 1 MTV wird die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit ausschließlich der Pausen von 40 auf 38,5 Stunden verkürzt. § 2 Ziffer 2 MTV läßt aber eine von Ziffer 1 abweichende Regelung durch Betriebsvereinbarung zu, enthält also eine Öffnungsklausel. Voraussetzung hierfür ist, daß eine im voraus festgelegte zusammenhängende regelmäßige Freizeit (z.B. rollierende Freizeitsysteme) vereinbart wird. In diesem Falle muß im Durchschnitt eines Kalenderjahres die 38,5-Stunden-Woche erreicht werden. Bei anderen vorbestimmten Freizeitsystemen muß die 38,5-Stunden-Woche ebenfalls entweder im 6-Wochen- oder im Quartals- oder im Jahreszeitraum erfüllt werden. Dementsprechend läßt der MTV die GBV unberührt, die die Lage der Arbeitszeit im vorwärts rollierenden Freizeitsystem regelt und hierfür auch Grundsätze für die Berechnung der Jahres-Ist- und -Soll-Arbeitszeit festlegt und außerdem regelt, daß eine Restarbeitszeit zugunsten der einzelnen Arbeitnehmer aufgrund dieses Freizeitsystems in zusätzlichen Freizeittagen abzugelten ist.

Die Gesamtbetriebsvereinbarung wird ergänzt durch die Betriebsvereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat für das W-Center D vom 24. Januar 1986. Deren spezielle Regelungen gehen allgemeinen Regelungen der Gesamtbetriebsvereinbarung vor. In dieser ergänzenden Betriebsvereinbarung wird die Pausendauer geregelt und die regelmäßige tägliche Arbeitszeit für die einzelnen Rolliergruppen festgelegt, die danach von Montag bis Freitag 8,5 Stunden, am kurzen Samstag 5,5 Stunden und am langen Samstag 9 Stunden ausschließlich der Pausen zu arbeiten haben.

2. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts sind die Urlaubstage bei der Berechnung der Jahres-Ist-Arbeitszeit nicht mit 7,7 Stunden und auch nicht, wie der Arbeitgeber meint, mit 6,25 Stunden zu berücksichtigen. Vielmehr ist die Auffassung der Rechtsbeschwerde des Betriebsrats zutreffend, daß die Urlaubstage von Montag bis Freitag mit 8,5 Stunden, für den kurzen Samstag mit 5,5 Stunden und für den langen Samstag mit 9 Stunden in die Jahres-Ist-Arbeitszeit einzustellen sind.

a) Nach § 4 Abs. 1 GBV ist die tatsächliche Jahresarbeitszeit (Jahres-Ist-Arbeitszeit) für jede der 6 Rolliergruppen gesondert zu errechnen. Die Berechnung der Jahresarbeitszeit dient nicht der Entgeltzahlung. Alle Angestellten erhalten ohnehin ein von der tatsächlichen Arbeitszeit unabhängiges Monatsgehalt. Die Berechnung der Differenz von Jahres-Ist- zu Jahres-Soll-Arbeitszeit dient vielmehr der Errechnung eines Freizeitguthabens, das entstehen kann, wenn die tatsächliche Arbeitszeit sich nicht mit der tariflich vorgesehenen durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden deckt.

b) Nach § 4 Abs. 1 GBV ist bei der Berechnung der tatsächlichen Jahresarbeitszeit (Jahres-Ist-Arbeitszeit) der Urlaub mitzurechnen.

Damit ist allerdings noch nichts darüber gesagt, mit wieviel Stunden die Urlaubstage zu berücksichtigen sind.

§ 4 GBV ist wie alle Normen von Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträgen wie die von Gesetzen auszulegen. Dementsprechend ist bei der Auslegung der Norm einer Betriebsvereinbarung ebenso wie bei der Tarifauslegung der wirkliche Wille der Betriebsparteien zu berücksichtigen, wie er in den Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Hierzu ist auf den Gesamtzusammenhang der Betriebsvereinbarung abzustellen. Für die bei Zweifeln darüber hinaus mögliche Heranziehung weiterer Auslegungskriterien (Geschichte der Betriebsvereinbarung, praktische Übung der Betriebsvereinbarung) gibt es keinen Zwang zu einer bestimmten Reihenfolge.

Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ergibt sich aus dem Zusammenhang von GBV und MTV nicht, daß die Urlaubstage mit 7,7 Stunden zu berücksichtigen sind. Die tarifvertraglich vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit im Jahresdurchschnitt wird vielmehr als Soll-Arbeitszeit der Jahres-Ist-Arbeitszeit gegenübergestellt. Über den Umfang der Soll-Arbeitszeit besteht auch kein Streit zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber.

Aus dem Regelungszusammenhang des § 4 mit der Anlage 1 der Gesamtbetriebsvereinbarung und der Betriebsvereinbarung vom 24. Januar 1986 ergibt sich, daß die Anträge des Betriebsrats begründet sind, soweit sie den Urlaub betreffen.

Aus § 4 Abs. 1 in Verbindung mit § 4 Abs. 5 GBV und der Anlage 1 zu der GBV ergibt sich, daß der Urlaub als Arbeitszeit mitzurechnen ist. § 4 Abs. 5 regelt, daß die Anlage 1 als Grundlage für die Berechnung der Jahresarbeitszeit dient. Die Anlage 1 ist ein Schema für die Berechnung der Jahres-Ist- und Jahres-Soll-Arbeitszeit. Zunächst wird in einem ersten Abschnitt aufgeführt, was als Jahres-Ist-Arbeitszeit positiv und negativ zu berücksichtigen ist. Davon werden dann in einem zweiten Abschnitt die Jahres-Soll-Arbeitsstunden abgezogen. Von den Überhangstunden werden dann in einem dritten Abschnitt die Rolliertage nach der jeweiligen Rolliergruppenzugehörigkeit abgezogen. Daraus ergibt sich dann die Stundenzahl, die in zusätzlicher Freizeit abzugelten ist.

Für die Errechnung der Jahres-Ist-Arbeitszeit legt die Anlage 1 nun fest, daß zunächst ..... Montage bis Freitag a.... Stunden = ..... kurze Samstage a..... Stunden = ......lange Samstage a..... Stunden = zu berücksichtigen sind zuzüglich früherer Arbeitsbeginn Heiligabend und Silvester ..... Stunden und abzüglich früherer Arbeitsschluß Heiligabend und Silvester ..... Stunden. Daraus ergeben sich dann die Gesamt-Jahres-Ist-Stunden.

Bereits hieraus folgt, daß die Berechnung der Jahresarbeitszeit durch den Arbeitgeber, soweit er zunächst durchschnittlich 33 Tage Urlaub mit 28 Montagen bis Freitagen, 4 kurzen Samstagen und einem langen Samstag von der Jahres-Ist-Arbeitszeit abzieht, der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 21. Oktober 1983 widerspricht, denn nach der Anlage 1, die Grundlage der Berechnung sein soll, ist der Urlaub von der Jahres-Ist-Arbeitszeit gerade nicht abzuziehen.

Davon abgesehen ist die Berechnungsweise des Arbeitgebers insoweit unter keinen rechtlichen Gesichtspunkten haltbar, als er von durchschnittlich 33 Tagen Urlaub ausgeht. Sieht der MTV in § 12 Urlaub je nach Lebensalter zwischen 30 und 36 Werktagen vor, so hat der Arbeitgeber auch für die betreffenden Altersstufen den zutreffenden Urlaub zugrunde zu legen. Es kann nicht sein, daß ein Arbeitnehmer, der 30 Tage Urlaub hat, 33 Tage Urlaub angerechnet bekommt, ebensowenig, daß einem Arbeitnehmer, der Anspruch auf 36 Tage Urlaub hat, ebenfalls nur 33 Tage angerechnet werden.

Auch soweit der Betriebsrat verlangt, der Urlaub sei mit 8,5 Stunden von Montag bis Freitag, mit 5,5 Stunden am kurzen Samstag und 9 Stunden am langen Samstag in die Jahres-Ist-Arbeitszeit einzusetzen, ist diesem Antrag stattzugeben.

§ 4 Abs. 1 GBV regelt, daß der Urlaub mitzurechnen ist. Die Anlage 1 zur GBV, die Grundlage der Berechnung sein soll, regelt, daß für die Jahres-Ist-Arbeitszeit die unterschiedliche Arbeitszeit von Montag bis Freitag gegenüber dem kurzen Samstag und gegenüber dem langen Samstag zu berücksichtigen ist. Wie lange diese Arbeitszeit dauert, regelt wiederum die Betriebsvereinbarung vom 24. Januar 1986, nämlich 8,5 Stunden von Montag bis Freitag, 5,5 Stunden am kurzen Samstag und 9 Stunden am langen Samstag. Damit ergibt sich bereits aus der Gesamtbetriebsvereinbarung in Verbindung mit der Betriebsvereinbarung vom 24. Januar 1986, daß der Urlaub entsprechend dem Antrag des Betriebsrats in die Jahres-Ist-Arbeitszeit-Berechnung einzustellen ist.

Folgende Überlegung bestätigt dieses Ergebnis: Die Arbeitnehmer nehmen ihren Urlaub nicht fiktiv bzw. abstrakt, sondern während eines ganz bestimmten Zeitraums. Es fällt dann die Arbeitszeit aus, die sie während dieser Zeit ohne Urlaub hätten erbringen müssen.

3. Soweit die Anträge des Betriebsrats die Freizeittage, die auf Wochenfeiertage fallen, betreffen, sind sie unbegründet.

a) Der Arbeitgeber hat bei der Berechnung der Jahres-Ist-Arbeitszeit die Rolliertage nicht in Abzug gebracht. Dafür hat der Betriebsrat selbst nichts dargetan. Aus der letzten Jahresarbeitszeitberechnung des Arbeitgebers läßt sich hierfür auch kein Anhaltspunkt entnehmen. Deshalb ist mit dem Landesarbeitsgericht der Antrag des Betriebsrats dahin auszulegen, daß der Betriebsrat festgestellt haben will, der Arbeitgeber habe § 4 GBV dadurch verletzt, daß er die Rolliertage, die auf einen gesetzlichen Wochenfeiertag fallen, aus dem bei der Überstundenerrechnung nach Maßgabe der GBV-Anlage abzugsfähigen Rolliertagsvolumen nicht herausgenommen hat.

b) Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht diesen Antrag abgewiesen. Nach § 4 Abs. 1 GBV sind zwar Wochenfeiertage als Arbeitszeit mitzurechnen. Dies hat der Arbeitgeber auch getan. Darüber, ob die Gesamtzahl der abzugsfähigen Rolliertage sich um diejenigen Rolliertage vermindert, die auf einen Wochenfeiertag fallen, sagt § 4 Abs. 1 GBV nichts aus. § 4 Abs. 1 GBV regelt nur, daß die Rolliertage zunächst bei der Jahres-Ist-Arbeitszeit mitzurechnen sind, enthält aber keine Aussage darüber, ob sich die Gesamtzahl der Rolliertage, die von der Jahres-Ist-Arbeitszeit abgezogen werden, vermindern soll um diejenigen, die mit einem Wochenfeiertag zusammenfallen. Auch aus der Betriebsvereinbarung vom 24. Januar 1986 ergibt sich für diese Frage nichts. Dem Beschwerdegericht ist darin zu folgen, daß dann, wenn die Betriebsparteien eine Sonderregel für derartige Rolliertage hätten aufstellen und sie bei der prinzipiellen Abzugsfähigkeit der Rolliertage hätten ausklammern wollen, sie dies eindeutig gesagt hätten. Das Problem ist den Tarifvertragsparteien, den Betriebsräten und den Arbeitgebern des Einzelhandels seit vielen Jahren bekannt. In der Regel enthalten die Manteltarifverträge hierüber keine Regelung. Die Betriebsvereinbarungen sehen ganz unterschiedliche Regelungen vor. Der MTV für den Einzelhandel in Hessen enthält keine Regelung dieser Frage. Wenn dennoch die Betriebsparteien dieses Problem nicht ausdrücklich geregelt haben, kann aufgrund einer reinen Berechnungsregelung, wie sie § 4 Abs. 1 GBV darstellt, nicht davon ausgegangen werden, daß Rolliertage nur dann zu berücksichtigen sind, wenn sie nicht auf einen Wochenfeiertag fallen. Dementsprechend bleibt es bei der allgemeinen Regel, daß dann, wenn ein Rolliertag auf einen Wochenfeiertag fällt, die Arbeitszeit an diesem Tage nicht wegen des Feiertages, sondern aufgrund des von vornherein feststehenden Rolliertages ausfällt.