Betriebsvereinbarung elektronische Arbeitszeiterfassung

Betriebsvereinbarung elektronische Arbeitszeiterfassung

zwischen

(...)

(im folgenden Arbeitgeber)

und dem 

(...)

(im folgenden Betriebsrat)

Mit der Betriebsvereinbarung soll die Erfassung und Verarbeitung der Arbeitszeiten der Mitarbeiter erleichtert werden. Ziel ist es, hierbei die Persönlichkeitsrechte, das informationelle Selbstbestimmungsrecht und den Datenschutz der Mitarbeiter zu wahren.

Vor diesem Hintergrund wird folgende Betriebsvereinbarung über die elektronische Erfassung und Verarbeitung der Arbeitszeit abgeschlossen:

§ 1Geltungsbereich und Einsatzzwecke

1.1.   

Die Betriebsvereinbarung gilt

  • persönlich für alle Arbeitnehmer im Sinne von § 5 BetrVG (= Mitarbeiter) und alle Leiharbeitnehmer, soweit diese vom Betriebsrat vertreten werden,
  • räumlich für alle Betriebsstätten der Arbeitgeber, die in die Zuständigkeit des Betriebsrats fallen,
  • sachlich für die elektronische Erfassung und Verarbeitung der Arbeitszeiten, unabhängig davon, ob diese durch die Arbeitgeber direkt oder im Auftrag der Arbeitgeber durch andere Personen oder Firmen erfolgt.

1.2   

Die Betriebsvereinbarung dient ausschließlich dazu, die Kommt- und Geht-Zeiten der Mitarbeiter für Zwecke der Personalabrechnung und -verwaltung und zur Kontrolle der Einhaltung der geltenden Arbeitszeitregelungen und des Arbeitszeitgesetzes zu erfassen, zu verarbeiten und zu nutzen.

1.3   

Die Betriebsparteien sind sich darüber einig, dass die Einführung eines elektronischen Zeiterfassungssystems zur Durchführung der Arbeitsverhältnisse erforderlich ist. Rechtsgrundlage der Datenverarbeitungen ist deswegen § 26 Abs. 1 BDSG und nicht diese Betriebsvereinbarung.

1.4

Die Verarbeitung von Daten im Rahmen des Zeiterfassungssystems dient allein folgenden Zwecken:

  • Erfassung der Anwesenheitszeit
  • Erfassung von Abwesenheitszeiten aufgrund von Urlaub, Arbeitsunfähigkeit, Zeitausgleich und kurzfristiger Arbeitsverhinderung
  • Durchführen der Lohnabrechnung aufgrund der Anwesenheitszeit
  • Erfüllen der arbeitgeberseitigen Verpflichtungen aus Vorschriften des ArbZG, eventuell einschlägiger Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen
  • Führen eines Urlaubskontos
  • Abrechnen aller Lohnersatzleistungen, z. B. Entgeltfortzahlungsgesetz
  • Gesundheitsschutz des Mitarbeiters vor zeitlich entgrenzter Arbeit
  • Information des Mitarbeiters über seine tägliche, wöchentliche und monatliche Arbeitszeit
  • Führen eines Arbeitszeitkontos
  • Projektauswertungen hinsichtlich benötigter Zeiten durchzuführen.

1.5

Bei jeder Datenverarbeitung gilt, dass sie nur dann erfolgen darf, wenn die Grundsätze der Datenverarbeitung nach Art. 5 DSGVO eingehalten werden. Dies setzt die Einhaltung der Zweckbindung, der Datenminimierung, der Datenrichtigkeit, der Speicherbegrenzung, der Integrität und Vertraulichkeit, der Rechenschaftspflicht, den Schutz personenbezogener Daten, Überwachungsmöglichkeiten, die Einhaltung von Auswertungsgrundsätzen und die Einbindung des Datenschutzbeauftragten voraus.

1.6

Die Arbeitgeberin hat für die Einführung eines elektronischen Zeiterfassungssystems eine datenschutzrechtliche Folgenabschätzung (DSFA) im Sinne des Art. 35 DSGVO mittels des Standard-Schutzmodells der DSK durchgeführt. Diese ist als Anlage 1 Bestandteil dieser Betriebsvereinbarung

§ 2 Begriffsbestimmungen

2.1

Mitarbeiterdaten (= mitarbeiterbezogene Daten) im Sinne dieser Betriebsvereinbarung sind alle personenbezogenen Daten im Sinne von Art. 4 Ziff. 1 DSGVO, die Mitarbeiter im Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung betreffen, d. h. Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse eines bestimmten oder bestimmbaren Mitarbeiters.

2.2

Anonyme Daten oder Auswertungen sind solche, bei denen die darin enthaltenen Angaben nicht (oder nicht mehr) oder nur mit einem unverhältnismäßig großen Aufwand an Zeit, Kosten und Arbeitskraft einem bestimmten oder bestimmbaren Mitarbeiter zugeordnet werden können.

2.3

Eine wesentliche Änderung liegt dann vor, wenn sich dadurch Änderungen der Betriebsvereinbarung einschließlich ihrer Anlagen ergeben würden.

2.4

Im Übrigen gelten die Begriffsbestimmungen aus dem Bundesdatenschutzgesetz.

§ 3 Übersicht über das vereinbarte System

3.1

Anlage 1 enthält eine Übersicht über das vereinbarte IT-Konzept und über die Standorte der Terminals.

3.2

Anlage 2 enthält eine Übersicht über alle Mitarbeiterdaten, die im Rahmen der Arbeitszeiterfassung erhoben, verarbeitet und genutzt werden, einschließlich der Werte für ausgewählte Schlüsselfelder.

3.3

Anlage 3 enthält die Zusammenstellung aller Auswertungen, die auf der Grundlage der in der Arbeitszeiterfassung gespeicherten Mitarbeiterdaten erzeugt werden.

3.4

Anlage 4 enthält alle Zugriffsberechtigten und den Umfang ihrer Berechtigungen für das Arbeitszeiterfassungssystem.

3.5

Anlage 5 enthält eine Übersicht, welche Mitarbeiterdaten von einem anderen IT-System in das Arbeitszeiterfassungssystem importiert und von dort in ein anderes IT-System exportiert werden.

3.6

Die in der Anlage befindlichen Verarbeitungsverzeichnisse sind hinsichtlich der verarbeiteten Daten, der Verarbeitungszwecke und der Berechtigungen abschließend.

3.7

Sämtliche vom System verarbeiteten personenbezogenen Daten werden ausschließlich auf Servern des Anbieters …, die ausschließlich innerhalb der Europäischen Union stehen, gespeichert und verarbeitet.

§ 4 Nutzungsregeln

4.1

Alle Mitarbeiter erfassen ihre Arbeitszeit mittels dem Arbeitszeiterfassungssystems; Ausnahmen bedürfen der Zustimmung des Betriebsrats. Dazu erhält jeder Mitarbeiter kostenlos einen elektronischen Ausweis. Der Ausweis dient ausschließlich der Arbeitszeiterfassung und enthält nur das Firmenkennzeichen und die Ausweisnummer. Er wird bei Verlust oder Beschädigung kostenlos ersetzt.

4.2

Durch geeignete technische Maßnahmen wird verhindert, dass eine vom Mitarbeiter nicht beabsichtigte Buchung (z. B. beim Vorbeigehen) ausgelöst wird. Dies wird dann als gewährleistet betrachtet, wenn die Buchung nur bei einem Abstand zwischen Ausweis und Terminal von weniger als 10 cm erfolgt.

4.3

Die Mitarbeiter können an allen Terminals buchen. Die Kommt-/Geht-Zeiten werden minutengenau erfasst.

4.4

An den Terminals können die Mitarbeiter jederzeit den aktuellen Stand ihrer Zeitkonten ablesen. Bis zum 6. Arbeitstag des Folgemonats erhalten die Mitarbeiter ihr ausgedrucktes Journal für den Vormonat, das alle Zeitbuchungen, den Stand ihrer Zeitkonten und ihren aktuellen Resturlaubsanspruch zum Monatsende enthält. Alle manuell eingetragenen oder nachträglich geänderten Arbeitszeitdaten eines Mitarbeiters werden im Journal automatisch und gut sichtbar gekennzeichnet.

4.5

Werden erfasste Zeiten oder das Zeitkonto eines Mitarbeiters nachträglich geändert oder werden die Zeiten durch eine andere Person (z. B. den Zeitbeauftragten) manuell erfasst (z. B. wegen fehlerhafter oder versäumter Bedienung eines Terminals), so ist dafür ein schriftlicher Beleg erforderlich, der von dem jeweiligen Mitarbeiter unterzeichnet wird. Ist dies dem Mitarbeiter nicht möglich (z. B. wegen Krankheit), wird der Beleg von seinem Vorgesetzten unterzeichnet; in diesem Fall wird der Mitarbeiter von der Eingabe bzw. Änderung unverzüglich nachträglich unterrichtet. Der Korrekturbeleg wird in der Personalabteilung aufbewahrt.

§ 5 Verhaltens- oder Leistungskontrolle, Datenschutz

5.1

Die gespeicherten Mitarbeiterdaten werden nicht für eine Leistungskontrolle der Mitarbeiter genutzt.

5.2

Die Arbeitgeberin darf ausschließlich vom Mitarbeiter selbst eingegebene Daten im Rahmen vereinbarter Zwecke zur Leistungs- und Verhaltenskontrolle verwenden. Von dem Zeiterfassungssystem generierte personenbezogene Daten dürfen nicht zur Leistungs- und Verhaltenskontrolle verwendet werden.

5.3

Eine Verhaltenskontrolle eines Mitarbeiters durch Auswertung der mitarbeiterbezogenen Mitarbeiterdaten ist nur zulässig, sofern dies für die Kontrolle der Arbeitszeitregelungen in Gesetzen, Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen erforderlich ist und die entsprechende Auswertung mit dem Betriebsrat vereinbart wurde. Anonyme Auswertungen oder Statistiken ohne Mitarbeiterbezug sind jederzeit zulässig.

5.4

Innerhalb von vier Wochen nach Abschluss dieser Betriebsvereinbarung teilt die Arbeitgeber dem Betriebsrat schriftlich das aktuelle Datensicherheitskonzept für die Arbeitszeiterfassung gemäß Art. 24 ff. DSGVO mit.

5.5

Verstöße der Arbeitgeberin gegen Ziffer 6. 10. dieser Betriebsvereinbarung begründen ein Widerspruchsrecht zu verhaltensbedingten Kündigungen nach § 102 Abs. 3 BetrVG und führen zur Unverhältnismäßigkeit einer darauf gestützten Abmahnung.

§ 6 Information und Qualifizierung der Mitarbeiter

6.1

Vor der Produktivsetzung der Arbeitszeiterfassung erhalten alle Mitarbeiter eine mit dem Betriebsrat abgestimmte Einweisung zur Durchführung ihrer Zeitbuchungen und zu ihren Rechten und Pflichten gemäß dieser Betriebsvereinbarung, insbesondere bzgl. der Nutzungsregeln.

6.2

Vor der Produktivsetzung der Arbeitszeiterfassung erhalten alle Mitarbeiter, die damit arbeiten, eine Qualifizierung während der Arbeitszeit und auf Kosten der Arbeitgeber. Dazu wird dem Betriebsrat gemäß § 98 BetrVG vorher ein Qualifizierungskonzept zur Zustimmung vorgelegt, das mindestens Angaben über Zeitpunkt und Dauer, Umfang und Inhalt, Teilnehmer und Referent der Qualifizierungsmaßnahme. Zu den Inhalten gehört auch die Unterrichtung über die einschlägigen Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes und dieser Betriebsvereinbarung.

§ 7 Information, Mitbestimmung und Kontrolle des Betriebsrats

7.1

Über die Einführung oder wesentliche Änderung der Arbeitszeiterfassung und die damit zusammenhängenden Maßnahmen wird der Betriebsrat rechtzeitig und umfassend informiert.

7.2

Eine neue oder wesentlich geänderte Komponente der Arbeitszeiterfassung bedarf der Zustimmung des Betriebsrats, bevor sie produktiv gesetzt wird.

7.3

Um seine Aufgaben in Bezug auf die Arbeitszeit erfüllen zu können, erhält der Betriebsrat einen lesenden online-Zugriff auf die Mitarbeiterdaten in der Arbeitszeiterfassung und kann sich alle Auswertungen aus Anlage 3 selbst erstellen.

7.4

Der Betriebsrat ist berechtigt, jederzeit die Einhaltung der Betriebsvereinbarung zu überprüfen. Ihm wird dabei die uneingeschränkte Einsichtnahme in alle an der beteiligten IT-Systeme einschließlich aller Protokolle und sonstigen Systemdaten gewährt, soweit dies für seine Kontrollaufgaben erforderlich ist.

7.5

Der Betriebsrat erhält auf Verlangen einmal jährlich Einsicht in eine nicht anonymisierte Aufstellung. Dieses Einsichtsrecht kann die Arbeitgeberin auf drei Mitglieder des Betriebsrats beschränken. Während der Einsicht wird die Arbeitgeberin dem Betriebsrat für Rückfragen den Leiter der Personalabteilung oder eine ebenso informierte Stellvertretung für Rückfragen zur Verfügung stellen.

7.6

Alle Zeitbeauftragten und sonstige mit der Zeiterfassung befassten Personen sind gegenüber dem Betriebsrat im Rahmen ihrer Aufgaben auskunftsberechtigt, soweit dies für Kontrollzwecke des Betriebsrats erforderlich ist. Diese Auskunft darf für diese Personen zu keiner Benachteiligung führen.

7.7

Der Betriebsrat kann zur Kontrolle der Einhaltung und zur Umsetzung der Betriebsvereinbarung einen externen Sachverständigen seiner Wahl beauftragen. Soweit sich das Honorar im üblichen Rahmen hält, bedarf es keiner weiteren Zustimmung der Arbeitgeber. Die Kosten des Sachverständigen trägt die Arbeitgeber. Die Arbeitgeber wird vorher darüber informiert.

7.8

Der Betriebsrat erhält auf Verlangen einmal jährlich, anlassbezogen auch öfter, Einsicht in das nicht anonymisierte Zugriffsprotokoll des Zeiterfassungssystems durch die Arbeitgeberin.

7.9

Wenn die Arbeitgeberin in der Verarbeitung von Beschäftigtendaten Auftragsverarbeiter nach Art. 28 DSGVO einsetzt, werden dem Betriebsrat zuvor alle mit dem Auftragsverarbeiter abgeschlossenen Verträge zur Einsicht vorgelegt.

7.10

Der Betriebsrat wird über festgestellte unzulässige Datenverarbeitungen im elektronischen Zeiterfassungssystem sowie über nach Art. 33 und 34 DSGVO meldepflichtige Ereignisse von der Arbeitgeberin informiert.

§ 8 Schlussbestimmungen

8.1

Die Betriebsvereinbarung tritt mit ihrer Unterzeichnung in Kraft. Die Anlagen sind Bestandteil der Betriebsvereinbarung.

8.2

Die Betriebsvereinbarung kann mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden. Die Kündigung bedarf der Schriftform. Im Falle einer Kündigung wirkt die Betriebsvereinbarung nach. Eine Teilkündigung der Betriebsvereinbarung selbst ist ausgeschlossen, allerdings können die Anlagen auch separat gekündigt werden; in diesem Fall gelten die vorstehend genannten Regeln entsprechend.

8.3

Die Informations-, Mitbestimmungs- und Kontrollrechte des Betriebsrats und die individuellen Rechte der Mitarbeiter dürfen nicht dadurch beeinträchtigt werden, dass das IT-System für die Arbeitszeiterfassung ganz oder teilweise im Auftrag der Arbeitgeber durch firmenfremde Personen oder andere Firmen betrieben wird. Falls erforderlich, werden diese Rechte bei der Gestaltung der Dienstleistungsverträge entsprechend berücksichtigt. Auf Verlangen gewährt die Arbeitgeber dem Betriebsrat Einsicht in die entsprechenden Verträge.

8.4

Im Falle von nicht beilegbaren Streitigkeiten, die sich aus der Anwendung oder Auslegung der Betriebsvereinbarung ergeben, entscheidet eine Einigungsstelle nach § 76 BetrVG.

8.5

Alle personellen Maßnahmen der Arbeitgeber zum Nachteil eines Mitarbeiters, die auf Informationen beruhen, die unter Verstoß gegen diese Betriebsvereinbarung gewonnen wurden, sind von vornherein unwirksam. Das gilt auch dann, wenn diese Informationen durch unternehmensfremde Personen oder Firmen ermittelt und der Arbeitgeber zur Kenntnis gebracht wurden. Im Zweifelsfalle obliegt es der Arbeitgeber, darzulegen, dass eine personelle Maßnahme nicht auf solchen Informationen beruht. Solche Informationen müssen unverzüglich vernichtet werden; die Arbeitgeber wird unverzüglich geeignete Maßnahmen ergreifen, um zukünftig solche Verstöße gegen die Betriebsvereinbarung zu unterbinden.

8.6

Sollten einzelne Punkte der Betriebsvereinbarung ungültig sein oder ihre Gültigkeit aufgrund neuer Gesetzgebung oder Rechtsprechung verlieren, so bleiben die übrigen Bestimmungen hiervon unberührt. In diesem Falle werden beide Seiten für die ungültig gewordenen Punkte der Betriebsvereinbarung eine neue, gültige Formulierung vereinbaren, die dem früheren Sinn soweit wie möglich entspricht.

 

Ort, Datum, Unterschriften

 

Anlagen