Betriebsvereinbarung zum Thema EDV-Einführungsprojekte

Zwischen der Firma […]

und

dem Betriebsrat der Firma […]

wird folgende Betriebsvereinbarung geschlossen:

Präambel:

Diese Betriebsvereinbarung konkretisiert Ziff.6 der "Rahmenbetriebsvereinbarung zur Planung, Entwicklung, Einführung und zum Betrieb von EDV-Systemen".

Die Betriebsvereinbarung beschreibt ein Konzept für den Handlungszusammenhang "Qualifizierung und Anwendungsberatung".

Die Parteien bewerten den Handlungszusammenhang "Qualifizierung und Anwendungsberatung" als zentrale Schaltstelle für eine humane und effiziente EDV-Unterstützung. Dieser Handlungszusammenhang ist die Schalt- und Vermittlungsstelle zwischen einer angemessenen Arbeitsorganisationsstruktur einerseits und einer funktionalen und bedienungsfreundlichen Software-Entwicklung andererseits. Nur qualifizierte und kompetente Beschäftigte können einen angemessenen Arbeitszusammenhang herstellen und für eine effiziente Software-Weiterentwicklung sorgen.

Diese Betriebsvereinbarung will die konzeptionellen Rahmenbedingungen für diese Qualifikationen und Anwendungsunterstützungen absichern.

1. Abschnitt: Projektstruktur, Projektstrategie

1.1. Projektleitung

Projektleitungen werden zukünftig zweiköpfig gebildet. Ein Teil ist für den personell-organisatorischen, der andere Teil für den organisatorisch-technischen Bereich des Projekts zuständig. Dies soll verhindern, dass technische Probleme den Projektverlauf bestimmen und somit einseitig verkürzen.

1.2. Arbeitsorganisatorische Planung

Die Planung des zukünftigen EDV-unterstützten Arbeitszusammenhangs (Soll-Konzept) geschieht unter weitestgehender Beteiligung aller betroffenen Beschäftigten. Von Projektgruppen erarbeitete Schwachstellenanalysen und Soll-Konzeptionen sind mit den Betroffenen gemeinsam in Arbeitsgruppen zu erörtern, weil

  • die Betroffenen geplante Arbeitszusammenhänge am besten beurteilen können
  • in diesem Diskussions- und Reflexionsprozess die notwendigen subjektiven Begründungen für die erforderlichen Lernprozesse der Beschäftigten entwickelt werden, ohne die wirkliches Lernen nicht stattfindet
  • die Beschäftigten dadurch in ihrer beruflichen und persönlichen Entwicklung gefördert werden.

Derart gestaltete Arbeitszusammenhänge sind Ausdruck unseres Unternehmensleitbildes.

1.3. Software-Weiterentwicklung

Ziel unserer betrieblichen EDV-Unterstützung ist maximale Benutzungsfreundlichkeit und Funktionalität. Dafür wird die Software dynamisch weiterentwickelt und verbessert. Software-Unterstützung ist kein fertiges Produkt, sondern befindet sich ständig im Experimentierstadium.

  • Beteiligung bei der Findung des arbeitsorganisatorischen Soll-Konzepts,
  • eine umfassende Qualifizierung und
  • eine strukturierte Anwendungsberatung

vermitteln den Beschäftigten gezielt diesen Zustand eines Experiments.

Den Beschäftigten wird dadurch die Rolle zuteil, diese Software-Entwicklung zu unterstützen und zu beschleunigen.

2. Abschnitt: Qualifizierung

2.1. Ziele

Ziel der EDV-Qualifizierungsmaßnahmen ist

  • die Gestaltung des Arbeitszusammenhangs durch fachlich, sozial und methodisch fortgebildete Beschäftigte
  • die ergonomische und datenschutzrechtlich einwandfreie Handhabung am Arbeitsplatz
  • die kompetente fachliche und EDV-technische Anwendung der Software für den jeweiligen Arbeitszusammenhang
  • der Umgang mit persönlichen Fehlern/Informationsdefiziten im Team und gemeinsam mit der EDV-Abteilung
  • der gezielte Umgang mit Systemfehlern und Funktionalitäts-, sowie Bedienungsmängeln zum Zwecke der Weiterentwicklung

2.2. Konzept

Diese Ziele können nicht durch punktuelle Schulungen erreicht werden, sondern erfordern

  • die Gestaltung des EDV-Einführungsprojekts als gemeinsames Experiment, bei dem die Beschäftigten nicht nur Adressaten neuer Anforderungen sondern Gestalter der neuen Arbeitsorganisation sind
  • den Einbezug der Beschäftigten in frühen Projektphasen bei der Bestimmung des Sollkonzepts, um subjektive Lernbegründungen entstehen zu lassen
  • den kurzzeitigen Wechsel von Seminarlernen einerseits und Lernen am Arbeitsplatz andererseits, um Reflexions- und Übungsphasen miteinander zu verschränken sowie den Anwendungsbezug für den Arbeitsplatz ständig zu überprüfen
  • die schnelle Behebung individueller und systemeigener Anwendungsdefizite durch eine geplante Anwendungsberatung und ergänzende Seminare/Arbeitskreise

Qualifizierungsplanung ist somit von Projektstart an zu betreiben.

Eine Pilot-Gruppe, die als erste Qualifizierung und Anwendungsberatung testet, sollte grundsätzlich vorgesehen werden. Aus ihr heraus können Co-Moderatoren und Anwendungsberater im Team gewonnen werden. Ziele, Inhalte und Methodik lassen sich danach noch modifizieren.

EDV-technisch ist für die engere Qualifizierungsphase eine lauffähige, aber nicht produktive Software vorzusehen, die von den Beschäftigten in den Lernphasen am Arbeitsplatz benutzt werden kann.

2.3. Inhalte

Die Qualifizierungsmaßnahmen müssen grundsätzlich folgende Inhalte aufweisen:

  • Zwecksetzung und Funktionalität der EDV-Unterstützung für das Unternehmen/ Abteilung/Gruppe(Sozialkompetenz)
  • Analyse der Arbeitszusammenhänge(Fach-, Methodenkompetenz)
  • Fachsystematik mit ggf. notwendigen inhaltlich-fachlichen Ergänzungen(Fachkompetenz)
  • Softwaresystematik und anwendungsbezogene Bedienung(Fachkompetenz)
  • Verfahren bei Anwendungsdefiziten zur Weiterentwicklung (Methoden-Sozialkompetenz)
  • Ergonomie, Gesundheits- und Datenschutz(Fach-, Sozialkompetenz)

Die Bestimmung der Inhalte erfolgt als Qualifizierungsbedarfsplanung gemeinsam durch Fachabteilung, EDV-Abteilung, Weiterbildungsabteilung, Betriebsrat

2.4. Methodik

Planung und Durchführung der Qualifizierungsmaßnahmen sind teilnehmer- und aufgabenorientiert.

Für die Planung bedeutet dies, dass Zielgruppen definiert und Lerneinheiten gemäß den Arbeitsaufgaben und nicht gemäß der Softwaresystematik modelliert werden.

Für die Durchführung bedeutet dies, dass die Arbeitsaufgaben und die Problemsicht der Teilnehmer darauf ausschlaggebend für die Bestimmung der Lernproblematik in der jeweiligen Lerneinheit sind (und nicht die Problemsicht der Referenten). Dies gilt besonders für Seminareinheiten, die einer Lerneinheit am Arbeitsplatz folgt. In diesem Fall bringen Beschäftigte in der Regel in hohem Maße eigene Problemsichten mit.

Die Darlegung der EDV-Unterstützung als Lerngegenstand durch die Referenten erfolgt aufgabenorientiert und zyklisch. D.h. gemäß der Fachsystematik wird von den einfachen zu den komplexeren Fachaufgaben übergegangen. Komplexe Aufgaben schließen die bereits beendeten einfacheren Aufgaben mit ein und wiederholen sie.

Die Aufgabenstellung sollte sich im Seminar nicht nur inhaltlich sondern auch situativ weitestgehend an der Arbeitsplatzsituation orientieren. D.h. Hilfe- und Unterstützungsmöglichkeiten sollten im Team und mit den verfügbaren Unterlagen (Handbüchern) bzw. Beratungsmöglichkeiten geübt werden.

2.5. Referenten/Co-Moderatoren

Von den Referenten in EDV-Seminaren wird in erhöhtem Maße Sozialkompetenz als Verstehenskompetenz erwartet. Sie sehen sich Teilnehmer gegenübergestellt, die in der Regel bereits auf langjährige beruflich-fachlich Erfahrung zurückblicken und ihren Aufgabenbereich "gedanklich organisiert" haben. Umso mehr kommt es darauf an diese Problemsicht zu verstehen und daran anknüpfend neue Arbeitsweisen zu entwickeln.

Co-Moderatoren, also Beschäftigte, die bereits Qualifizierungsmaßnahmen durchlaufen haben und im Lernprozess weiter fortgeschritten sind, können für diesen Verstehensprozess im Seminar eine wichtige Mittlerfunktion einnehmen. Sie können Fragen und Probleme aus Sicht der Beschäftigten aufwerfen, die von den Teilnehmern noch nicht formuliert werden können.

Referenten benötigen darüber hinaus eine hohe Vermittlungskompetenz. Ausgehend von den Sichtweisen der Teilnehmer, die in der Regel weitgehend durch den praktischen Aufgabenbezug geprägt sind, gilt es die EDV-Systematik und das Bedienungswissen damit so zu verbinden, dass das Spannungsverhältnis zwischen Klarheit im Vorgehen einerseits und Berücksichtigung der oft auseinanderlaufenden Teilnehmerfragen andererseits bearbeitet werden kann und nicht ins Extrem umschlägt.

Zur Unterstützung der Referenten ist für die Seminareinheiten ein Referenten-Konzept zu erstellen, das den inhaltlichen Verlauf und das methodische Vorgehen skizziert.

Die geforderten Referenten-Eigenschaften werden in der Regel von hauseigenem Personal besser erfüllt, weil sie die arbeitsorganisatorischen und unternehmenskulturellen Umstände besser kennen.

Kommt externes Personal zum Einsatz, so ist das konzeptionelle und methodische Vorgehen zu besprechen. Co-Moderatoren sind zwingend vorzusehen.

2.6. Materialien

Teilnehmermaterialien sollen den Seminarverlauf dokumentieren. Sie sollen die Teilnehmer in die Lage versetzen, die im Seminar besprochenen Problemzusammenhänge beliebig rekonstruieren zu können.

Fach- und EDV-Struktur müssen in den Teilnehmermaterialien deutlich zum Ausdruck kommen. Wo immer möglich sollten Überblicksdarstellungen verwendet werden.

Neben den Teilnehmermaterialien sollte bereits auf weitere Unterlagen (z.B. Handbücher) zurückgegriffen werden, um ihren Unterstützungswert und ihre Handhabung kennen zu lernen.

2.7. Organisatorische Rahmenbedingungen

2.7.1. Zeit

Die während Qualifizierungszeiten nicht erledigbaren Arbeitsaufgaben müssen frühzeitig eingeplant und durch Personalersatz oder entsprechende Überstundenpläne abgebaut werden.

Die Lage der Qualifizierungsmaßnahmen im Jahresrhythmus und ihr zeitlicher Umfang sind mit dem Betriebsrat abzustimmen.

2.7.2. Räume

Lernen am Arbeitsplatz ist bei unmittelbarem Kundenkontakt nicht möglich. Lernförderliche Arbeitsräume, die individuelle Lernverfahren und eine schnelle Verbindung zur Anwendungsberatung ermöglichen, sind zur Verfügung zu stellen.

3. Abschnitt: Anwendungsberatung/Software-Entwicklung

3.1. Zweck der Anwendungsberatung

Die Anwendungsberatung verfolgt den Zweck die Handhabung der Software zu unterstützen und die Funktionalität sowie die Benutzungsfreundlichkeit zu erhöhen.

Im Einzelnen bedeutet dies

  • Informationsdefizite der Anwender schnell zu beheben
  • Lösungen für schwierige Aufgaben zu erarbeiten, bei denen einzelne Beschäftigte überfordert wären
  • Anwendungsprobleme zu dokumentieren und sie einer qualifikatorischen oder softwaretechnischen Lösung zuzuführen

3.2. Beratungsmöglichkeiten

Für jede EDV-Unterstützung sind zwei Beratungsmöglichkeiten vorzusehen:

  1. Die Beratung durch die EDV-Abteilung unmittelbar.
  2. Die Beratung in der Abteilung/im Team durch Beschäftigte der Pilotgruppe/Co-Moderatoren

Beschäftigte mit Beratungsaufgaben unter b) sind entsprechend von ihrer sonstigen Arbeit freizustellen und entsprechend einzugruppieren.

3.3. Auswertung der Anwendungsberatung

Die Dokumentation der Beratungsthemen ist regelmäßig und anonymisiert auszuwerten. Für Benutzungsfehler werden Qualifizierungsangebote gemacht. Für systembedingte Mängel wird eine Software-Anpassung geprüft. Die Beschäftigten werden über das Prüfungsergebnis informiert.

3.4. Schlussbestimmungen

  1. Diese Vereinbarung tritt am […] in Kraft.
  2. Die Vereinbarung kann von jeder Partei mit einer Frist von sechs Monaten zum Ende eines Kalenderjahres gekündigt werden. Die Kündigung bedarf der Schriftform.
  3. Nach Eingang der Kündigung sind unverzüglich Verhandlungen über den Abschluss einer neuen Vereinbarung aufzunehmen.
  4. Bis zum Abschluss einer neuen Vereinbarung gilt diese Vereinbarung weiter.