Betriebsvereinbarung zum Thema Gleichbehandlung und Partnerschaft

Gegen Fremdenfeindlichkeit

Um die allgemeine Pflicht von Arbeitgeber und Betriebsrat zur Gleichbehandlung und Integration ausländischer Beschäftigter im Betrieb zu verwirklichen und ein positives Zeichen zu setzen, wird folgende Betriebsvereinbarung geschlossen:

I. Allgemeine Bestimmungen

1. Ziele

Ziel der Betriebsvereinbarung ist es, Beschäftigte ausländischer Herkunft im Betrieb wirksam vor Diskriminierungen zu schützen und zu einem partnerschaftlichen Verhältnis im Betrieb beizutragen.

2. Geltungsbereich und Definitionen

2.1.

Diese Betriebsvereinbarung gilt

  • räumlich für den gesamten Betrieb (Niederlassung),
  • personell für alle Beschäftigten sowie Bewerberinnen und Bewerber unabhängig vom jeweiligen Rechtsstatus.

2.2.

Für die Anwendung dieser Betriebsvereinbarung werden die nachstehenden Begriffe wie folgt definiert:

2.2.1.

Beschäftigte und Jugendliche "ausländischer Herkunft": diejenigen mit einer ausländischen Staatsangehörigkeit sowie diejenigen, die einer ethnischen Minderheit angehören, die sonst als Fremde angesehen werden.

2.2.2.

"Personelle Maßnahmen": Einstellungen, Ein- und Umgruppierungen, Versetzungen, Beförderungen, Abschluss von befristeten Arbeitsverhältnissen (Zeitverträge), Kündigungen sowie alle sonstigen Maßnahmen, Entscheidungen und Vereinbarungen, die Auswirkungen auf die berufliche Tätigkeit und Entwicklung haben können.

2.2.3.

"Bildungsmaßnahmen": alle Maßnahmen der Aus-, Fort- und Weiterbildung.

2.2.4.

"Soziale Maßnahmen": insbesondere alle betrieblichen Sozialleistungen sowie alle Leistungen und Angebote betrieblicher Sozialeinrichtungen.

3. Grundsätze für Gleichbehandlung und Partnerschaft

3.1.

Die Grundsätze für Gleichbehandlung und Partnerschaft im Betrieb umfassen insbesondere

  • den Grundsatz der Nicht-Diskriminierung
  • den Grundsatz der Förderung der Chancengleichheit,
  • das Auftreten gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit.

3.2.

Der Grundsatz der Nicht-Diskriminierung verbietet jede unmittelbare oder mittelbare Benachteiligung aufgrund von Hautfarbe, Rasse, Staatsangehörigkeit und Religion, ethnischer und nationaler Herkunft.

3.3.

Der Grundsatz der Förderung der Chancengleichheit

  • gebietet Maßnahmen zur Herstellung der tatsächlichen Gleichstellung der Beschäftigten ausländischer Herkunft,
  • berücksichtigt die besonderen Belastungen und Anforderungen sowie die Interessen der Beschäftigten ausländischer
  • Herkunft in angemessener Weise,
  • verbietet den Abbau des Anteils der Beschäftigten ausländischer Herkunft an der Gesamtbeschäftigtenzahl.

3.4.

Die Niederlassungsleitung, der Betriebsrat und die Beschäftigten treten nachdrücklich Rassismus und Fremdenfeindlichkeit entgegen. Dies gilt vor allem

  • im Betrieb nach konkreten Anlässen wie Äußerungen von unberechtigten Vorwürfen, Vorurteilen, Pauschalurteilen;
  • Tätlichkeiten; Verschlechterungen der Stimmung im Betrieb usw., und

3.5.

Zur Umsetzung der Grundsätze werden die Niederlassungsleitung und der Betriebsrat bis zum […]

  • konkrete Tätigkeitsbereiche und -stufen ermitteln, in denen Beschäftigte mit ausländischer Herkunft deutlich unterrepräsentiert sind,
  • entsprechende inhaltliche und zeitliche Vorgaben sowie konkrete Maßnahmen vereinbaren.

II. Umsetzung der Grundsätze für Gleichbehandlung und Partnerschaft

4. Allgemeine Pflichten

4.1.

Insbesondere bei allen

  • personellen Maßnahmen,
  • Bildungsmaßnahmen,
  • sozialen und
  • organisatorischen Maßnahmen

ist der Grundsatz der Nichtdiskriminierung und der Förderung der Chancengleichheit einzuhalten.

4.2.

Die Niederlassungsleitung und die jeweils Verantwortlichen

4.2.1.

bemühen sich bei allen Informationen und Mitteilungen an die Beschäftigten um eine auch für Beschäftigte ausländischer Herkunft verständliche Ausdrucksform,

4.2.2.

verwenden bei Informationen, die für die Beschäftigten ausländischer Herkunft wichtig sind, wie

  • dem Inhalt dieser Betriebsvereinbarung,
  • innerbetrieblichen Ausschreibungen,
  • wichtigen Vorschriften zum Arbeits- und Gesundheitsschutz,
  • Angeboten für Bildungsmaßnahmen

die im Betrieb vertretenen Hauptsprachen,

4.2.3.

unterrichten alle Beschäftigten über

  • den Inhalt dieser Betriebsvereinbarung in schriftlicher Form,
  • die erreichten Fortschritte und wie die noch bestehenden Probleme gelöst werden können (z. B. in
  • Betriebsversammlungen, über die Betriebszeitungen und sonstigen Veröffentlichungen),
4.2.4.

schulen die Personalsachbearbeiter sowie Führungskräfte zum Inhalt dieser Betriebsvereinbarung und ihren besonderen Pflichten in regelmäßigen Abständen und machen das Maß ihrer Einhaltung zu einem Element des beruflichen Aufstiegs dieser Personengruppe.

5. Personelle Maßnahmen

5.1.

Bei allen personellen Maßnahmen, für die bestimmte Qualifikationen erfüllt sein müssen, sind die nicht in Deutschland erworbenen vergleichbaren Qualifikationen und Berufserfahrungen entsprechend zu berücksichtigen.

5.2.

Bei Auswahltests werden nur solche Fragen gestellt, die sich aus dem Profil der ausgeschriebenen Stelle ergeben.

5.3.

Die Leistungsbeurteilung und der berufliche Aufstieg erfolgen nach einheitlichen Kriterien, die jede Verletzung des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung ausschließen.

6. Bildungsmaßnahmen

6.1.

Für Jugendliche ausländischer Herkunft

  • erfolgen in den Abschlussklassen der Schulen geeignete Informationen über zukunftsorientierte Berufe,
  • werden Plätze für Betriebspraktika zur Verfügung gestellt,
  • wird - gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit der Berufsberatung - eine gezielte Ausbildungsförderung angeboten.

6.2.

Für die Beschäftigten ausländischer Herkunft

  • wird die Teilnahme an fachbezogenen Sprachbildungs- sowie allen betrieblichen Fort- und Weiterbildungsangeboten ermöglicht und gefördert,
  • werden für die berufliche Entwicklungsplanung die Angebote für Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen aufeinander abgestimmt.

6.3.

Für die Beschäftigten werden Fortbildungsmöglichkeiten angeboten, die

  • dem besseren Verständnis der Belange und Probleme der Beschäftigten ausländischer Herkunft dienen,
  • die fachbezogene Sprachbildungsangebote ermöglichen und fördern.

7. Soziale Maßnahmen

Bei der Urlaubsplanung ist den besonderen Interessen der Beschäftigten ausländischer Herkunft Rechnung zu tragen.

8. Organisatorische Maßnahmen

Der Grundsatz der Nichtdiskriminierung und der Förderung der Chancengleichheit gilt bei der Verteilung neuer Aufgaben und Arbeitsplätze, die sich insbesondere aus den Veränderungen in der Arbeitsorganisation ergeben.

III. Durchführung

9. Verantwortung

9.1.

Die Niederlassungsleitung

  • trägt die Gesamtverantwortung für die Durchführung der Grundsätze für Gleichbehandlung und Partnerschaft,
  • hat auf Verlangen des Betriebsrats (auch wenn ein Mitbestimmungsrecht nicht besteht) eine Maßnahme
  • für die Dauer von zwei Wochen auszusetzen; während dieser Frist verhandeln beide Parteien, um eine Lösung im Sinne der Gleichstellungspolitik im Betrieb zu erreichen,
  • stellt sicher, dass Beschwerden von Beschäftigten ausländischer Herkunft umgehend bearbeitet und im Sinne dieser Betriebsvereinbarung erledigt werden.

9.2.

Der Betriebsrat

  • überwacht, ob die Bestimmungen dieser Betriebsvereinbarung eingehalten werden (§ 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG),
  • prüft, ob weitere Maßnahmen zur Förderung der Eingliederung in den Betrieb erforderlich sind (§ 80 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG),
  • kann sich bei allen Beteiligungstatbeständen zur Ablehnung einer beabsichtigten Maßnahme darauf berufen, dass Bestimmungen dieser Betriebsvereinbarung nicht (ausreichend) eingehalten worden sind (insbesondere § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG).

9.3.

Spätestens einen Monat nach Abschluss dieser Betriebsvereinbarung wird eine Paritätische Kommission gebildet. Sie besteht aus jeweils fünf von der Niederlassungsleitung und dem Betriebsrat zu benennenden Personen. Davon sind jeweils mindestens drei Beschäftigte ausländischer Herkunft. Sie tritt bei Bedarf, spätestens jedoch alle zwei Monate zusammen. Auf sie und ihre Mitglieder finden die entsprechenden Vorschriften für Betriebsräte sinngemäße Anwendung.

Die Paritätische Kommission:

  • bereitet die sich aus dieser Betriebsvereinbarung ergebenden Maßnahmen, insbesondere die Maßnahmen zur Umsetzung der Grundsätze für Gleichbehandlung und Partnerschaft vor,
  • unterstützt - ggf. durch einzelne Mitglieder - die Beschäftigten ausländischer Herkunft auf Wunsch bei allen, insbesondere personellen und sozialen Angelegenheiten,
  • trägt zur wirksamen Erledigung von Beschwerden der Beschäftigten ausländischer Herkunft bei.

10. Überprüfung

Die getroffenen Maßnahmen werden anhand der "Gemeinsamen Erklärung über die Verhütung von Rassendiskriminierung und Fremdenfeindlichkeit sowie Förderung der Gleichbehandlung am Arbeitsplatz", verabschiedet vom Gipfel des Sozialen Dialogs, am 21. Oktober 1995 in Florenz, nach Ablauf von je zwei Jahren überprüft.

IV. Schlussbestimmungen

Unberührt von dieser Betriebsvereinbarung bleiben alle

  • Bestimmungen zum Gleichbehandlungsgrundsatz oder Diskriminierungsverbot, soweit sie einen besseren Schutz für die Betroffenen bewirken sowie
  • Beteiligungsrechte des Betriebsrats bei konkreten Tatbeständen.

Diese Betriebsvereinbarung tritt am […] in Kraft und kann mit einer Frist von sechs Monaten zum Schluss eines Kalenderjahres frühestens jedoch zum […] gekündigt werden. Sie wirkt bis zum Abschluss einer neuen Betriebsvereinbarung nach.