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Schwerbehinderte

4 Minuten Lesezeit

Laut Gesetz sind Schwerbehinderte alle Personen, die mindestens einen Grad der Behinderung von 50 haben und deren Wohnsitz, gewöhnlicher Aufenthalt oder Arbeitsplatz in Deutschland liegt.

In diesem Artikel erfahren Sie, wie die Schwerbehinderung festgestellt wird und welche Rechte (schwer-)behinderte Mitarbeiter haben.

Schwerbehinderte am Arbeitsplatz

Definition

Schwerbehinderte im Sinne des Gesetzes sind Personen, die mindestens einen Grad der Behinderung von 50 haben und deren Wohnsitz, gewöhnlicher Aufenthalt oder Arbeitsplatz (§ 2 Abs. 3 SGB IX) in Deutschland liegt.

Eine Behinderung im Sinne des SGB IX liegt vor, wenn es sich um eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung handelt, die auf einem regelwidrigen körperlichen, geistigen oder seelischen Zustand beruht und dieser Zustand länger als sechs Monate andauert.

Feststellung der Schwerbehinderung

Auf Antrag des Arbeitnehmers (Behinderten), § 152 SGB IX beim Versorgungsamt, Landesversorgungsamt oder den versorgungsärztlichen Untersuchungsstellen wird der Grad der Behinderung (GdB) festgestellt. Das Verfahren wird durch Feststellungsbescheid abgeschlossen, gegen den der Widerspruch möglich ist. Bleibt dies erfolglos, so kann der Betroffene Klage beim Sozialgericht erheben.

Auf Antrag wird ein Schwerbehindertenausweis ausgestellt, der die Angaben bzgl. der Schwerbehinderteneigenschaft enthält.

Beachte: Der besondere Kündigungsschutz gem. §§ 168 ff. SGB IX wirkt bereits ab Antragstellung. Weiß der Arbeitgeber nichts von der Schwerbehinderteneigenschaft (verborgene Behinderung), so kann der Arbeitnehmer binnen Monatsfrist nach Zugang der Kündigung dies erklären, vgl. Schaub, ArbrHandbuch, § 179 RdNr. 3, 9. Auflage.

Gleiches gilt, wenn die Schwerbehinderteneigenschaft objektiv erkennbar ist.

Gleichgestellte

Behinderte, die nicht zu einem Grad von 50, aber wenigstens mit einem Grad von 30 behindert sind, können beim Arbeitsamt einen Antrag auf Gleichstellung stellen, § 152 SGB IX. Voraussetzung für die Gleichstellung ist, dass sie aufgrund ihrer Behinderung einen Arbeitsplatz nach § 156 SGB IX nicht erlangen oder behalten können. Die Gleichstellung kann zeitlich befristet werden. Mit Ausnahme des Zusatzurlaubs nach § 208 SGB IX gilt für die Gleichgestellten das SGB IX.

Schwerbehinderte und Gleichgestellte sind auf ihr Verlangen von Mehrarbeit freizustellen, § 207 SGB IX.

Beschäftigungspflicht des Arbeitgebers

Arbeitgeber, die mindestens über 20 Arbeitsplätze verfügen, haben auf 5 v. H. der Arbeitsplätze Schwerbehinderte zu beschäftigen, § 237 SGB IX. Kommt der Arbeitgeber dieser Verpflichtung nicht nach, so muss er nach § 160 SGB IX Ausgleichsabgaben, je nach Erfüllung der Beschäftigungsquote, in Höhe von Euro 102,26 bis Euro 255,65 pro nicht besetzten Pflichtplatz an das Integrationsamt zahlen.

Nach § 164 SGB IX haben Arbeitgeber zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit Schwerbehinderten, insbesondere beim Arbeitsamt gemeldeten Schwerbehinderten, beschäftigt werden können. Siehe PraxisTipp.

Zusatzurlaub für Schwerbehinderte

Schwerbehinderte, nicht die Gleichgestellten, haben einen zusätzlichen Urlaubsanspruch von 5 Arbeitstagen pro Jahr (§ 208 SGB IX). Arbeitet der Schwerbehinderte mehr oder weniger als 5 Tage pro Woche, so erhöht oder vermindert sich der Anspruch entsprechend. Der Zusatzurlaub wird arbeitsrechtlich genauso behandelt wie der Erholungsurlaub, kann also auch übertragen werden oder verfallen.

Tritt ein (schwer-)behinderter Arbeitnehmer während des Kalenderjahrs in ein Arbeitsverhältnis ein oder aus, so hat er Anspruch auf den vollen gesetzlichen Zusatzurlaub, vgl. Schaub ArbrHandbuch, § 178, RdNr. 59, 9. Auflage.

Kündigungsschutz von Schwerbehinderten

Will ein Arbeitgeber einem Schwerbehinderten gegenüber die Kündigung aussprechen, so muss er unabhängig vom Anhörungsverfahren nach § 185 BetrVG, gem. § 168 SGB IX die Zustimmung des zuständigen Integrationsamts einholen. Erteilt das Integrationsamt die Zustimmung zur Kündigung, so muss der Arbeitgeber innerhalb von einem Monat nach Eingang der Zustimmung kündigen. Nach § 169 SGB IX ist eine Mindestkündigungsfrist von 4 Wochen einzuhalten.

Bei der außerordentlichen Kündigung muss die Zustimmung innerhalb der 2-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB beantragt werden. Das Integrationsamt hat innerhalb von zwei Wochen zu prüfen, ob der Antrag gerechtfertigt ist.

Die Zustimmung des Integrationsamts muss nicht schriftlich erfolgen, es reicht die Zustimmung per Telefon, BAG 12.08.1999, 2 AZR 748/98.

Äußert sich das Integrationsamt innerhalb einer entsprechend einzuhaltenden Frist nicht, so gilt die Zustimmung als erteilt.

Die Schwerbehindertenvertretung

In Betrieben in denen wenigstens fünf (schwer-)behinderte Mitarbeiter ständig beschäftigt sind, wird eine Schwerbehindertenvertretung gewählt. Die Schwerbehindertenvertretung hat vor allem die zugunsten der Schwerbehinderten geltenden Regelungen zu überwachen. Sie ist zu jeder Betriebsratssitzung zu laden, § 32 BetrVG und § 178 Abs. 4 SGB IX.

Ratgeber
Grund­la­gen­wis­sen für die Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tung

Dieser Ratgeber liefert Ihnen alle wichtigen Informationen und nützliche Praxis-Tipps rund um Ihr Amt als SBV. Er hilft Ihnen dabei, Ihren Arbeitsalltag erfolgreich zu meistern.

Praxis-Tipp

Nach § 166 SGB IX muss der Arbeitgeber auf Antrag der Schwerbehindertenvertretung mit dieser und dem Betriebsrat eine „verbindliche Integrationsvereinbarung” treffen. Das Integrationsamt kann in den Rahmen dieser Verhandlungen eingebunden werden. Die Vereinbarung soll u. a. folgende Grundsätze für die Beschäftigung Schwerbehinderter enthalten:

  • Personalplanung,
  • Arbeitsplatzgestaltung,
  • Gestaltung des Arbeitsumfeldes,
  • Arbeitsorganisation,
  • Arbeitszeit,
  • Durchführungsregelungen,
  • Festlegung der für Schwerbehinderte besonders geeigneten Arbeitsplätze.

Ist in einem Betrieb keine Schwerbehindertenvertretung gewählt, so hat der Betriebsrat nach § 163 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG die Integrationsvereinbarung mit dem Arbeitgeber abzuschließen.

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