0

Entgelttransparenzgesetz – einfach erklärt!

9 Minuten Lesezeit

Das Entgelttransparenzgesetz zielt darauf ab, das Entgeltgleichheitsgebot in der Praxis zu stärken und für eine bessere Durchsetzung dessen zu sorgen.

In diesem Artikel erfahren Sie, wie Sie als Betriebsrat bei der betrieblichen Lohngestaltung mitbestimmen können.

Das Entgelttransparenzgesetz bekommt eine Frau im Seminar erklärt

Stärkung der Entgeltgleichheit

Der Entgeltunterschied zwischen Männern und Frauen liegt in Deutschland weiterhin bei 21 Prozent. Dies ist nicht zuletzt auch auf die mangelnde Transparenz von Entgeltstrukturen zurückzuführen.

Die Transparenz von Entgelten und Entgeltregelungen soll dabei sowohl in der Privatwirtschaft als auch im öffentlichen Dienst gefördert werden. Hierdurch soll ermöglicht werden, geschlechterspezifische Verzerrungen und Diskriminierungen bei den Entgeltregelungen oder in der Entgeltpraxis eines Betriebs, Unternehmens oder in der Verwaltung aufzudecken. Betriebliche Akteure können daraufhin Maßnahmen ergreifen, um gleiche berufliche Chancen und faire Einkommensperspektiven von Frauen und Männern zu erreichen und Entgeltunterschiede zu reduzieren.

Damit die Transparenz von Entgelten und Entgeltregelungen in der Praxis erhöht werden kann, sollen folgende drei Instrumente zum Einsatz kommen:

  1. Der individuelle Auskunftsanspruch in Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten bei gleichzeitiger Stärkung des Betriebsrats in der Wahrnehmung des Auskunftsanspruchs.
  2. Die Anforderung an private Arbeitgeber mit mehr als 500 Beschäftigten, betriebliche Verfahren zur Überprüfung und Herstellung von Entgeltgleichheit durchzuführen mit anschließender betriebsinterner Veröffentlichung der Ergebnisse.
  3. Einführung einer Berichtspflicht zur Gleichstellung und Entgeltgleichheit von Frauen und Männern für Arbeitgeber mit mehr als 500 regelmäßig Beschäftigten, wenn sie nach dem Handelsgesetzbuch (HGB) lageberichtspflichtig sind.

Entgeltgleichheitsgebot - Gleiches Entgelt für gleiche Arbeit

Das Entgeltgleichheitsgebot fordert von allen privaten und öffentlichen Arbeitgebern in Deutschland, dass sie weiblichen und männlichen Beschäftigten das gleiche Entgelt für die gleiche und gleichwertige Arbeit zahlen. Demnach ist es verboten, Frauen und Männern aufgrund ihres Geschlechts ein unterschiedliches Gehalt zu bezahlen.

Wann liegt gleiche Arbeit vor?

Die gleiche Arbeit liegt dann vor, wenn sowohl männliche als auch weibliche Beschäftigte eine identische oder gleichartige Arbeit ausführen. Dies ist unabhängig davon, ob die Tätigkeit nacheinander am selben Arbeitsplatz oder an verschiedenen Arbeitsplätzen ausgeführt wird.
Zum Beispiel: Kfz-Mechanikerinnen und Kfz-Mechaniker können sich in der Regel innerhalb eines Betriebs gegenseitig ersetzen. Sie üben also die gleiche Tätigkeit aus.

Wann liegt gleichwertige Arbeit vor?

Um eine gleichwertige Arbeit handelt es sich dann, wenn die ausgeführten Tätigkeiten zwar inhaltlich verschieden sind, jedoch in der Summe die gleichen Anforderungen und Belastungen mit sich bringen. Um dies festzustellen, müssen allem voran die Art der Arbeit, die Ausbildungsanforderungen und die Arbeitsbedingungen verglichen werden. Somit können auch Tätigkeiten als gleichwertig angesehen werden, die zunächst als nicht vergleichbar erscheinen.

Ratgeber
Grund­la­gen­wis­sen für BR

In diesem Ratgeber finden Sie grundlegendes Wissen für Ihren Arbeitsalltag wie Rechte, Pflichten und Mitbestimmungsrechte als Betriebsrat sowie wertvolle Praxis-Tipps für die Betriebsratsarbeit.

Ratgeber Grundlagenwissen

Individueller Auskunftsanspruch im Entgelttransparenzgesetz

Mit dem individuellen Auskunftsanspruch haben alle Beschäftigten i.S.v. § 5 Abs. 2 Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) einen Anspruch, Auskunft über die Kriterien und das Verfahren zu erhalten, nach welchen ihr Entgelt festgelegt wurde. Darüber hinaus sind sie berechtigt, auch über Kriterien und Verfahren der Entgeltfindung unterrichtet zu werden, die zur Entgeltfindung für eine andere Tätigkeit gelten, die sie für gleich oder gleichwertig halten. Für diese Vergleichstätigkeit kann daneben auch das sogenannte Vergleichsentgelt erfragt werden.

Zur Auskunft berechtigt sind alle Beschäftigten, die in einem Betrieb mit mehr als 200 Arbeitnehmern tätig sind, unabhängig von der Rechtsform des Betriebs. Der Auskunftsanspruch bezieht sich dabei auch auf im öffentlichen Dienst Beschäftigte, wenn in der Dienststelle mehr als 200 Arbeitnehmer regelmäßig beschäftigt sind.
Ausgenommen hiervon sind Beamtinnen und Beamte der Länder und der Kommunen, da der Bundesgesetzgeber keine Gesetzgebungskompetenz für diese Beschäftigten hat. Die Beamtinnen und Beamten des Bundes haben jedoch ein Recht auf Auskunft.

Der Gesetzgeber hat in diesem Zug festgelegt, dass sich die Beschäftigten eines Betriebs oder eines Unternehmens in der Regel alle zwei Jahre nach den Kriterien und Verfahren der Entgeltfindung für das eigene Entgelt und für das der Vergleichstätigkeit sowie nach dessen Höhe erkundigen können. Ist die Zweijahresfrist noch nicht abgelaufen, kann ein Beschäftigter eine neue Anfrage nur dann erneut stellen, wenn sich die Voraussetzungen, unter der diese gestellt wird, wesentlich geändert haben. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn ein Jobwechsel stattgefunden hat.

An wen richtet sich der individuelle Auskunftsanspruch?

An wen der individuelle Auskunftsanspruch gerichtet werden soll, ist davon abhängig ob in dem jeweiligen Betrieb oder der Dienststelle ein Betriebsrat besteht oder nicht. Darüber hinaus ist entscheidenden, ob Ihr Arbeitgeber tarifgebunden oder tarifanwendend ist.

Besteht in Ihrem Betrieb ein Betriebsrat, sollte auch Ihr Auskunftsanspruch grundsätzlich an diesen gerichtet werden. Ausnahmen hiervon bestehen, wenn:

  • Der Betriebsrat vom Arbeitgeber verlangt, dass dieser die Beantwortung des Auskunftsanspruchs übernimmt.
  • Der Arbeitgeber die Auskunftsverpflichtung generell oder in bestimmten Fällen übernimmt und die Gründe hierfür gegenüber dem Betriebsrat erläutert hat.

Existiert kein Betriebsrat, ist der Auskunftsanspruch stets an den Arbeitgeber zu richten, ausgenommen Ihr Arbeitgeber ist tarifgebunden oder tarifanwendend und hat sich mit den Vertreterinnen und Vertretern der zuständigen Tarifvertragsparteien darauf geeinigt, dass diese die Beantwortung des Auskunftsanspruchs übernehmen. In diesem Fall muss der Arbeitgeber die Sozialpartner umfassend und rechtzeitig über die Auskunftsansprüche der Beschäftigten informieren und ihnen die nötigen Informationen für die Beantwortung bereitstellen.
Leitende Angestellte wenden sich derweil mit ihrem Auskunftsersuchen grundsätzlich an den Arbeitgeber.

Aufgaben der Arbeitgeber und Betriebsräte

Aufgaben der Arbeitgeber

Der Arbeitgeber schuldet den Beschäftigten als Vertragspartei aus dem Arbeitsvertrag im Austausch für ihre Arbeitsleistung die vereinbarte Vergütung (§§ 611a, 612 BGB). Das Entgelt muss grundsätzlich benachteiligungsfrei sein. Eine Unterscheidung, die unmittelbar auf das Geschlecht zurückzuführen ist, ist sowohl nach dem AGG als auch nach dem EntgTranspG unzulässig. Dementsprechend ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Entgeltgleichheit im Betrieb sowie im Unternehmen durchsetzen und die Beschäftigten vor Benachteiligungen aufgrund des Geschlechts im Hinblick auf das Entgelt schützen. Hier miteinbegriffen sind auch präventive Maßnahmen. Das heißt der Arbeitgeber hat das Entgeltgleichheitsgebot bereits vorbeugend zu fördern, bevor Benachteiligungen eintreten. Dabei fordert das Entgelttransparenzgesetz private Arbeitgeber insbesondere zur Durchführung betrieblicher Prüfverfahren auf. Mit diesen werden betriebliche Entgeltstrukturen auf strukturelle Diskriminierungspotentiale untersucht.

Das betriebliche Prüfverfahren

Mit dem betrieblichen Prüfverfahren sollen die im Unternehmen angewendeten Arbeitsbewertungsverfahren, die verwendeten Entgeltregelungen und die verschiedenen gezahlten Entgeltbestandteile auf die Einhaltung des Entgeltgleichheitsgebot überprüft werden. Hierbei soll insbesondere festgestellt werden, ob strukturelle Benachteiligungspotentiale bestehen und ungerechtfertigte Entgeltbenachteiligungen vorliegen. Im Zuge des Verfahrens können entweder die Regelungen selbst oder deren betriebliche Umsetzung im Mittelpunkt stehen.

Geeignete Instrumente für das betriebliche Prüfverfahren sind insbesondere Fragebögen, Checklisten oder Statistiken. Letztendlich soll festgestellt werden, ob das Grundentgelt aller Arbeitnehmer auf benachteiligungsfreien Kriterien beruht und Leistungszulagen nach transparenten, diskriminierungsfreien Kriterien gezahlt werden.

Zur Durchführung des betrieblichen Prüfverfahrens sind nach § 17 Abs. 1 EntgTranspG Arbeitgeber aufgefordert, die mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigen. Welche Instrumente sie zur Überprüfung der Entgeltgleichheit anwenden, ist ihrem Ermessen überlassen. Darüber hinaus ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Betriebsrat rechtzeitig und umfassend über die Planung des Prüfverfahrens zu unterrichten.

Nach § 18 EntgTranspG sollte des Prüfverfahren grundsätzlich aus drei Phasen bestehen: Der Bestandsaufnahme, der Analyse sowie dem Ergebnisbericht. Unterstützung erhalten Arbeitgeber vom Bundesfrauenministerium. Dieses stellt ein IT-gestütztes Musterverfahren zur Überprüfung und Beseitigung von Entgeltunterschieden im Betrieb bereit.

Die Berichtspflicht

Alle Arbeitgeber mit mehr als 500 regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer sind gemäß § 21 EntgTranspG verpflichtet einen Bericht über die Gleichstellung und Entgeltgleichheit in ihrem Betrieb verfassen, sofern sie nach den §§ 264 und 289 HGB zur Erstellung eines Lageberichts verpflichtet sind. Der Bericht wird dem Lagebericht beigefügt und im Bundesanzeiger veröffentlicht.

Die Inhalte des Berichts ergeben sich aus § 21 Abs. 1 EntgTranspG. Demnach besteht der Bericht aus zwei Schwerpunkten:

  1. Darstellung der Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern sowie deren Wirkung
  2. Darstellung der Maßnahmen zur Herstellung von Entgeltgleichheit für Männer und Frauen.

Werden im Betrieb keine Maßnahmen nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 EntgTranspG durchgeführt, muss dies im Bericht hinreichend begründet werden. Außerdem muss der Bericht folgende nach Geschlecht aufgeschlüsselte Informationen für das letzte Kalenderjahr des Berichtszeitraums beinhalten:

  • Die durchschnittliche Gesamtzahl der Beschäftigten
  • Die durchschnittliche Zahl der Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten.

Tarifgebundene Arbeitgeber sind verpflichtet alle fünf Jahre einen Bericht zur Gleichstellung und Entgeltgleichheit erstellen. Nicht tarifgebundene Arbeitgeber sind alle drei Jahre zur Erstellung des Berichts verpflichtet.

Aufgaben und Rechte des Betriebsrats

Allgemeine Aufgaben

Als Vertreter der Arbeitnehmerinteressen hat der Betriebsrat darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen eingehalten werden. Die Überwachungspflicht umfasst dabei potentielle entgeltbezogene Benachteiligungen aufgrund des Geschlechts. Zu den Aufgaben des Betriebsrats zählt mitunter auch die Förderung der Gleichstellung von Männern und Frauen bei der Einstellung, Beschäftigung sowie der Aus-, Fort- und Weiterbildung und dem beruflichen Aufstieg.

Mitbestimmung bei der betrieblichen Lohngestaltung

Um die innerbetriebliche Lohngerechtigkeit sicherzustellen, muss der Betriebsrat im Rahmen seiner Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10, 11 BetrVG das Verbot der Benachteiligung beim Entgelt aufgrund des Geschlechts berücksichtigen. Hierzu gehört, dass sog. typische Frauenberufe bei der Bildung von Entgeltgruppen niedriger eingestuft werden, als sog. typische Männerberufe.

Soweit keine gesetzliche oder tarifliche Regelung besteht, bestimmt der Betriebsrat über Fragen der betrieblichen Lohngestaltung gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mit. Darüber hinaus hat er auch ein Mitbestimmungsrecht im Hinblick auf die Festsetzung von Akkord- und Prämiensätze sowie vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, wozu auch die Geldfaktoren zählen.

Dadurch soll den Beschäftigten ein Schutz vor einer Lohngestaltung, die sich nur nach den Interessen des Arbeitgebers richtet, zukommen. Neben der Wahrung der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit soll die Mitbestimmung des Betriebsrats auch die Angemessenheit und Transparenz des Lohngefüges sicherstellen.

Kann zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat keine Einigung hinsichtlich der Lohngestaltung erzielt werden, entscheidet gemäß § 87 Abs. 2 BetrVG der Spruch der Einigungsstelle.

Zustimmungsverweigerungsrecht bei falscher Ein- oder Umgruppierung

In Betrieben mit mehr als 20 wahlberechtigten Beschäftigten kann der Betriebsrat nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG bei Einstellungen, Ein- oder Umgruppierungen sowie Versetzungen seine Zustimmung verweigern, für den Fall, dass diese gesetzeswidrig wären. Insbesondere bei der Ein- und Umgruppierung muss neben dem AGG nun auch das EntgTranspG berücksichtigt werden. Im Rahmen seines Zustimmungsverweigerungsrechts muss sich der Betriebsrat beispielsweise auch einer diskriminierenden Eingruppierung entgegenstellen.

Artikel teilen