Erstellt am 12.11.2015 um 10:40 Uhr von nicoline
*Unsere Betriebsleitung will eine Rufbereitschaft für Sonn und Feiertage für das gesamte Krankenhaus für Krankengymnasten/Physiotherapeuten einrichten.*
Gibt es dazu eine Begründung?
*und wird inzwischen auch von der Bezirksregierung als rechtswidrig eingestuft*
Was hat die Bezirksregierung damit zu tun? Ging es um die Beantragung von Sonntagsarbeit?
*Bereits persönlich konsultierte Anwälte geben uns recht, indem sie sagen:
Die Physiotherapie ist jedoch keine klassische Krankenhaustätigkeit, die nicht auch an Werktagen verrichtet werden könnte. Es dürfte sich somit um eine Arbeit handeln die auch verschiebbar ist.*
Das ist so nicht ganz richtig:
In Krankenhäusern mit Stroke Units = Schlaganfalleinheiten und Stationen mit langzeitbeatmeten PatientInnen ist die Versorgung mit Physiotherapie auch am WE vorgesehen. Abrechnungstechnisch würde es für den AG zu Verlusten führen, wenn er diese Leistung nicht vorhält.
Unabhängig davon, ob es gesetzlich erlaubt ist, braucht es trotzdem eine Rechtsgrundlage für die Anordnung von Rufbereitschaft. Diese kann im Arbeitsvertrag oder einem angewendeten TV enthalten sein. Gibt es weder im AV noch im TV eine Aussage darüber, dass RB zu leisten ist, kann der AG diese nicht anordnen!
Erstellt am 12.11.2015 um 10:40 Uhr von gironimo
Ob Juristen medizinische Bewertungen leisten können, wage ich zu bezweifeln. Wenngleich ich zumindest ansatzweise auch so denke.
Was sagt denn Eure Gewerkschaft dazu. Die hat doch die Vergleiche mit anderen Einrichtungen.
Ansonsten ist es ja schon die Frage, ob die Arbeitsverträge überhaupt Rufbereitschaft hergeben würden.
Und wenn dem so ist, wäre Rufbereitschaft ja ohnehin nur mit dem BR machbar, der hierzu natürlich eine BV aushandeln würde. Und Ihr braucht Euch ja nicht nur hinter gesetzlichen Vorgaben verstecken. Ihr habt ja noch ganz andere Argumente: z.B. wie wird die Rufbereitschaft vergütet? Wie verhält es sich mit Familie und Beruf .....usw.
Erstellt am 12.11.2015 um 19:09 Uhr von Hoppel
@ nicoline
Vollste Unterstützung!
Beispiel: OPS 8-98f Aufwendige intensivmedizinische Komplexbehandlung (Basisprozedur)
[...]
Tägliche Verfügbarkeit (AUCH AM WOCHENENDE) von Leistungen der Physiotherapie
Ergänzend dazu ist´s nicht einsehbar, dass z.B. PatientInnen nach Imlantation eines neuen Knies oder einer Hüfte, an Wochenenden und Feiertagen nicht beübt werden und sich die Verweildauer aus diesem Grund verlängert.
"Die Physiotherapie ist jedoch keine klassische Krankenhaustätigkeit, ..."
Diese Aussage ist vor o.g. Hintergrund ziemlich sinnfrei! Es muss allerdings ganz deutlich zwischen Physiotherapie auf Rezept und Physiotherapie von KH-PatientInnen im Rahmen eines stationären Aufenthaltes unterschieden werden.
Erstellt am 13.11.2015 um 11:24 Uhr von AlterMann
@ nicoline, @ Hoppel,
grundsätzlich habt ihr ja Recht, aber hier handelt es sich laut erstem Satz um ein Reha-Zentrum. Inwiefern dort eine RB für Physiotherapeuten wirklich notwendig oder nur für den Arbeitgeber vorteilhaft ist, kann ich aus der Fragestellung nicht entnehmen.
@ betrire
Wenn Eure Anwälte das so allgemein formuliert haben, spricht die Aussage allerdings nicht für umfassende Sachkunde. Für Euren Betrieb mag das ja trotzdem so zutreffen. Dann habt Ihr für eine BV jedenfalls eine starke Verhandlungsposition. Vor allem müsste Euer AG darlegen, aus welchen Gründen er denn eine Notwendigkeit für RB sieht und in welchen Fällen er die Therapeuten zum Dienst rufen würde. Auf jeden Fall sollte klar sein, dass aus der RB nicht schleichend ein regelmäßiger Wochenenddienst wird.
Erstellt am 13.11.2015 um 13:35 Uhr von nicoline
Alter Mann,
outgesourcte Physiotherapeuten werden häufig in einem sog. Rehazentrum untergebracht, welches dann die physiotherapeutischen Leistungen per Dienstleistungsvertrag in dem Krankenhaus erbringt, in welchem die Therapeuten vorher selber angestellt waren. Und die RB soll ja auch "für ein Krankenhaus" erbracht werden.
Aber das:
*Vor allem müsste Euer AG darlegen, aus welchen Gründen er denn eine Notwendigkeit für RB sieht und in welchen Fällen er die Therapeuten zum Dienst rufen würde.*
hatte ich ja schon erfragt, leider aber keine Antwort erhalten, wie so oft hier.
Erstellt am 14.11.2015 um 00:01 Uhr von alterMann
Danke, nicoline,
wieder was gelernt.
Erstellt am 14.11.2015 um 08:46 Uhr von Betrire
Hallo
Erstmal vielen Dank für die vielen Antworten. Komme leider erst jetzt dazu mich wieder damit zu beschäftigen.
Wir haben die Befürchtung dass hier nur die Tür zu einem regeldienst geöffnet wird.gerade das Beispiel ops 8 98 ist der eigentliche Grund der Anfrage. Das Krankenhaus rechnet diese Ziffer bereits ab und verlangt nun von unserem Betrieb als Dienstleister diese Leistung zu erbringen.
In unserem Gremium sind wir als Physiotherapeuten mit Bobath Ausbildung, MT u.a teilweise über 25 Jahre lang tätig. Selbst auf der Stroke macht es in unseren Augen keinen Sinn akut zu behandeln. Da stehen in einem Notfall andere Therapien im Vordergrund.
Bei Knie oder Hüft-Teps die wegen einer nicht durchgeführten Therapie am Sonntag länger im KH verweilen müssen, handelt es sich unserer Meinung nach rein um ökonomische Gründe.
Bei allem Respekt vor unserem Berufsstand handelt es sich immer um Maßnahmen die auch verschiebbar sind und an einem Werktag durchzuführen sind. Somit fallen sie nicht unter die Ausnahmen von Parag. 10 ArbZG.
Im Januar haben wir als BR Gegen massivsten Druck diesel Regeldienst abgelehnt.
Inzwischen gibt uns der AG und die Bezirksregierung welche vom AG kontaktiert WURDE RECHT. Der AG hat daraufhin eineRufbereitschaft beantragt.
Auch hier haben wir Bauchschmerzen weil nicht klar ist für welche Fälle diese gelten soll, Der AG drängt auch hier massiv auf eine Entscheidung.
Wir werden ohne eine Betriebsvereinbarung in der dies Sachen geregelt sind keine Zustimmung erteilen.
Für uns wäre es Wichtig zu wissen ob bei euch ähnliche Fälle vorgekommen sind und wie ihr damit umgegangen seid. Gibt es dazu Fallbeispiele ? Oder habt ihr gar eine gegegsätzliche Meinung?
Vielen Dank für eure Hilfestellung
Erstellt am 14.11.2015 um 17:52 Uhr von nicoline
Betrire,
also zunächst mal ist es ja so, dass Rufbereitschaft nur angeordnet werden soll, wenn lediglich in Ausnahmefällen etwas zu tun ist. Diese Aussage ist sicher auch einigungsstellenfähig.
*Auch hier haben wir Bauchschmerzen weil nicht klar ist für welche Fälle diese gelten soll*
Ich verstehe nicht ganz, warum ihr euch mit Bauchschmerzen quält, wo es doch so einfach ist, diese zu verhindern, indem man den AG einfach danach fragt, basierend auf
§ 80 Abs. 2 BetrVG
2) Zur Durchführung seiner Aufgaben nach diesem Gesetz ist der Betriebsrat rechtzeitig und umfassend vom Arbeitgeber zu unterrichten;................Dem Betriebsrat sind auf Verlangen jederzeit die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen;
Ohne Daten und Fakten gibt es gar nicht erst irgendeine Art von Verhandlung.
Wenn man weiß, für welche Pat. die RB gelten soll, kann man auch abschätzen, ob wirklich nur in Ausnahmefällen Arbeit anfällt.
*Wir werden ohne eine Betriebsvereinbarung in der dies Sachen geregelt sind keine Zustimmung erteilen.*
Jo, genau so.
*handelt es sich unserer Meinung nach rein um ökonomische Gründe.*
Das sehe ich etwas anders aber, selbst wenn es so ist, solltet ihr euch eurer ganz besonderen Situation mal bewusst werden. Das Krankenhaus fordert bei euch eine Dienstleistung an und eure Firma (das Rehazentrum) könnte den Auftrag verlieren, wenn diese Dienstleistung nicht angeboten wird. Das könnte dann für euren Betrieb eine unglückliche ökonomische Situation werden, von der u.U. auch Arbeitsplätze abhängen.
*Selbst auf der Stroke macht es in unseren Augen keinen Sinn akut zu behandeln.*
Bei allem Respekt, aber was sinnvoll ist oder nicht, entscheiden letztlich nicht die Physiotherapeuten.
Erstellt am 15.11.2015 um 09:40 Uhr von Hoppel
@ Betrire
"Wir haben die Befürchtung dass hier nur die Tür zu einem regeldienst geöffnet wird.gerade das Beispiel ops 8 98 ist der eigentliche Grund der Anfrage."
"Das Krankenhaus rechnet diese Ziffer bereits ab und verlangt nun von unserem Betrieb als Dienstleister diese Leistung zu erbringen."
Es gibt zwei OPS für intensivmedizinische Komplexbehandlungen. Und nur der von mir benannte OPS 8-98f setzt die tgl. Verfügbarkeit von Physiotherapeuten voraus.
Ich glaube nicht, dass ein Krankenhaus eine aufwendige ITV Komplexbehandlung (8-98f) abrechnet, ohne die Strukturvoraussetzungen zu erfüllen. Dieser OPS würde im Rahmen einer Rechnungsprüfung von JEDEM KOSTENTRÄGER (egal ob PKV oder GKV) gestrichen, wenn die Strukturvoraussetzungen NICHT erfüllt sind. Und die müssen ggf. auch anhand von Dienstplänen belegbar sein!
Daher bin ich mir fast sicher, dass nur der OPS 8-980 abgerechnet wird; fängt zwar auch mit 8-98 an, aber die Struktur für die Erbringung einer aufwendigen Komplexbehandlung muss bei weitem nicht vorgehalten werden.
Eines kann ich Dir aber auch sagen; wenn ich als KH alle Voraussetzungen für die aufwendige ITV Komplexbehandlung erfüllen würde und diese nur deshalb nicht abrechnen könnte, weil die Physiotherapie an Wochenenden/Feiertagen ihre Leistung verweigert, würde das nicht sehr lustig.
Ich verstehe allerdings nicht wirklich, was Euer Problem ist. Es könnten z.B. mehr Physiotherapeuten eingestellt und ein entsprechender Dienstplan erstellt werden, der WE und Feiertage berücksichtigt. Auch ist im OPS Katalog NICHT geregelt, dass die Physio im Gegensatz zu anderen Leistungen 24 Stunden vorgehalten werden muss. Da sollte doch eine Vereinbarung möglich sein, dass die Physio an benannten Tagen mit z.B. einer Person für 3-4 Stunden Dienst schiebt und z.B. nur von der ITV in Anspruch genommen werden darf.
Was Deine anderen Argumente betrifft, schließe ich mich nicoline an.
Erstellt am 15.11.2015 um 14:14 Uhr von nicoline
*Da sollte doch eine Vereinbarung möglich sein, dass die Physio an benannten Tagen mit z.B. einer Person für 3-4 Stunden Dienst schiebt und z.B. nur von der ITV in Anspruch genommen werden darf.*
Genau so! Jetzt braucht ihr eigentlich nicht mal mehr einen Sachverständigen! ;-))
Erstellt am 15.11.2015 um 22:04 Uhr von Hoppel
@ Betrire
Noch eine Ergänzung zu Deiner Frage "Für uns wäre es Wichtig zu wissen ob bei euch ähnliche Fälle vorgekommen sind und wie ihr damit umgegangen seid. Gibt es dazu Fallbeispiele ?"
Google mal > "Krankenhaus Physiotherapie an Feiertagen Wochenenden"
Du wirst feststellen können, dass es viele Physiotherapeuten gibt, die in Krankenhäusern Sonn-/und Feiertage abdecken; sicherlich nicht ohne Zustimmung der entsprechenden Bezirksregierung.
Überwiegend wird jedoch auch auf diesen Seiten darauf hingewiesen, dass diese Leistung nur für besonders behandlungsbedürftige PatientInnen vorgehalten wird.
Erstellt am 16.11.2015 um 11:15 Uhr von betrire
Vielen Dank für die vielen Tipps. Morgen treffen wir uns als Gremium und werden die verschiedenen Punkte dieser Thematik auch dank Eurer Hilfe aufgreifen und diskutieren.