@Michel
> mir ging es ja primär darum zu erfahren, ob diese Länderkommission Gesetze "umschreiben" können,
Gesetz neu schreiben kann nur der Gesetzgeber
> sie also die Macht hätten Gesetze nach ihren Wünschen oder den ihre Klientel, die
> offensichtlich nicht die AN sind, rechtscharakterlich zu kommentieren.
Gesetze kommentieren darf andererseits jeder. Die Mitglieder dieser Länderkommission genauso wie die Herausgeber des "Erfurter"
> Ich habe schon versucht irgendwelche ähnlich gelagerte Fälle zu finden wo Gerichte mal die eine
> oder andere Meinung durchblicken liessen, leider Fehlanzeige, solch ein Fall wurde bisher noch
> nicht verhandelt weil da wohl noch niemand großartig mal die Dienstzeiten durchgerechnet hat.
Und wenn keine Rechtsprechung existiert, ist der freien Meinungsbildung Tür und Tor geöffnet - sowohl von der Lobby der Arbeitgeber als auch von der Gewerkschaftsseite.
> Die Frage wäre also auch, wenn im ArbZG dieses steht
Das Problem ist: Es steht eben nicht im Gesetz, was der Kommentar schreibt.
Und die Interpretation im "Erfurter" ist eben nicht unbedingt "das Gesetz".
> und die Länderkommission einen Beschluss fasst die dem § 3 meiner Meinung nach
> entgegenstehen, was gilt dann?
Meinungsfreiheit ;-)
Und natürlich darfst Du zusammen mit dem "Erfurter" anderer Meinung sein, als diese Länderkommission :-)
Welcher Meinung sich dann die Gerichte anschließen? Wer weiß...
> Der Erfurter wird ja auch nicht gerade von Laien geschrieben, da steckt immerhin ein Haufen
> Kompetenz drinne, was man von Länderkommissionen ja nicht regelmässig sagen kann
_Das_ würde ich so nicht behaupten. Diese Interpretationen werden ja nicht von den "offiziellen" Kommissionsmitgliedern erarbeitet, sondern ihren Stäben. Und dort - wie auch in den Lobbyistengruppen der Arbeitgeberverbände sitzen reichlich studierte Juristen - bis hin zu Professoren oder (Ex-)Richtern...
> und dann steht dazwischen noch der Gesetzgeber.
Der ja eben so mies formuliert hat, dass die Kommentare erstmal interpretieren müssen, was denn mit "Werktag" gemeint sei.
> Zu dem Thema der werktäglichen Höchstarbeitszeit von höchstens 10 Stunden habe
> ich inhaltlich und sinngemäß auschließlich die Erfurter Meinung gefunden, also das
> werktäglich höchstens 10 Stunden gearbeitete werden darf
_Der_ Punkt ist ja im Gesetz auch eindeutig - nur eben nicht, was denn nun ein Werktag sei.
> und das der Werktag individuell gesehen werden muss,
Und das ist eben auch nicht so eindeutig, wie es scheint.
> Die einzige Ausnahmedefinition die ich zu dieser Thematik gefunden habe war diese
> Länderkommisssion, deshalb stellt sich mir die Frage der Rechtsverbindlichkeit solcher
> Beschlüsse solcher Länderkommissionen.
Rechtsverbindlich sind Gesetze und die daraus resultierenden Gerichtsurteile.
Was der "Erfurter" schreibt, ist jedoch genauso unverbindlich wie die Beschlüsse dieser Kommission.
> Auf der anderen Seite zur Beschlussfassung der Länderkommission gibt es aber auch
> noch die Richtlinie 89/391/EWG, die diametral zum Beschluss der Länderkommission
> steht und EU Recht steht nunmal ganz oben auf der Liste.
Was hat diese EU-Richtlinie mit der täglichen Höchstarbeitszeit zu tun? Wo definiert die, was ein "Werktag" ist?
Und die "Arbeitszeitrichtlinie" (2003/88/EG) gibt zwar "pro 24-Stunden-Zeitraum eine Mindestruhezeit von elf zusammenhängenden Stunden" vor, trifft aber keinerlei Aussagen darüber, wie dieser Zeitraum zu interpretieren ist (individuell oder betiebseinheitlich oder noch anders)...
> Klagen wäre jetzt nicht so ganz das Problem, muss eh der AG zahlen, hört sich jetzt zwar
> dämlich an aber ich denke mal das ich im Rechts wäre.
Denke ich zwar auch - aber vor Gericht und auf hoher See...
> Eine weitere Frage die sich mir stellt wäre, wie kann ich diese vermeintlichen Verstöße
> gegen das ArbZG umgehend, hilfsweise schnell, zum Schutz der AN unterbinden?
Ihr fragt mal (anonym) beim Gewerbeaufsichtsamt an, wie die das interpretieren bzw. ob entsprechende Pläne eures ArbGeb als Verstöße nach §§22f. ArbZG zu ahnden wären...
> Der AG meldet sich garnicht zu den Vorwürfen, die ihm bereits seitens des BR zugegangen sind?
:-)
> Jo, ein RA einschalten, hilft mir jetzt und hier aber nicht wirklich weiter.
Warum nicht? Ich geh mal davon aus, dass ihr diesen Arbeitszeiten nicht zugestimmt habt, weil sie ja höchstwahrscheinlich rechtswidrig sind. Wenn Euer ArbGeb trotzdem die entsprechende Arbeitszeit angeordnet hat... -> Verstoß gegen 87.1.2+3
Natürlich wird Euer Anwalt bei einem erneuten Verstoß gerichtliche schritte androhen - und in einem Nebensatz erwähnen, dass dann wohl dem GAA auch der Verstoß gegen das ArbZG auffallen könnte...
Wenn Cheffe dann immer noch schweigt, wird ein guter Anwalt wissen, was er tut.
> Und noch etwas: Klar weiss ich das der Erfurter auch nur, wie viele andere auch,
> Kommentare und Meinungen wiedergeben.
Eben...
> Wenn man diese Meinungen aber über den gesamten Arbeitsschutzkontext stellt, sind
> ua. die Erfurter die logische Konsequenz dessen
Die andere Meinuing könnte auch in sich logisch sein, wenn man es richtig begründet. Aber dass Euer Chef schweigt, zeigt eher, dass er das nicht weiß ;-) Also nutzt das!
> und diese Länderkommission eine billige AG-Lobbyistenclique!
Vermutlich. Aber eine mit Bundestagsmehrheit (noch).